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Deutsch lernen im Blended-Format: Erfahrungen mit dem brasilianischen Sprachlernprogramm „Idiomas sem Fronteiras - Alemão“

Learning German in Blended modus: Experiences with the Brazilian Language Learning program „Languages without borders - German“

Zusammenfassung

Der vorliegende Artikel nimmt die stetig zunehmende Nutzung von Online-Medien im Fremdsprachenunterricht zum Anlass, um anhand eines konkreten Beispiels die Heraus-forderungen und Möglichkeiten des Blended Learning (BL) zu umreißen. Grundlage der Überlegungen ist das Sprachlernprogramm Idiomas sem Fronteiras („Sprachen ohne Grenzen“), über das seit 2016 Online-Deutschkurse mit tutorieller (Präsenz-)Begleitung an brasilianischen Hochschulen angeboten werden. Eine Umfrage unter 228 Teilnehmenden eines Kursdurchlaufs im Jahr 2019 an brasilianischen Universitäten liefert empirisch belegbare Ergebnisse zum BL-Setting, die analysiert werden und in Überlegungen zur didaktischen Umsetzung münden.

Schlüsselwörter:
Blended Learning; DaF; Hochschulen; Brasilien

Abstract

In view of the increasing use of digital media in foreign language teaching, this article outlines challenges and opportunities of the blended learning concept using the example of the program Idiomas sem Fronteiras (“Language without Borders”), which offers online German courses with online and face-to-face tutoring since 2016 in Brazilian universities. A study with 228 participants of the program in 2019 provides empirical results about this concept of learning in higher education in Brazil. The analysis of the collected data leads to a reflection upon the didactic implementation of blended learning courses.

Keywords:
Blended learning; German as a Foreign Language; Universities; Brazil

Resumo

Tendo em vista o crescente uso das mídias digitais no ensino de línguas estrangeiras, o presente artigo aborda os desafios e as oportunidades do ensino híbrido (blended learning) através de um exemplo concreto: o programa Idiomas sem Fronteiras, que oferta cursos de alemão online com acompanhamento virtual e presencial desde 2016 em universidades brasileiras. Um estudo realizado com 228 participantes do programa em 2019 fornece resultados empíricos acerca dessa modalidade de aprendizagem no ensino superior brasileiro. A análise dos dados culmina em reflexões sobre a implementação didática do ensino híbrido.

Palavras-chave:
Ensino híbrido / Blended Learning; Alemão como Língua Estrangeira (ALE); universidades; Brasil

1 Einleitung

Schon seit der Zeit der Antike lernen Menschen gezielt Fremdsprachen. Infolgedessen setzen sich Personen bereits seit Langem bewusst mit dem Lehren und Lernen von Sprachen auseinander und überlegen, wie die zugrunde liegenden Prozesse optimiert werden können. Auf diese Weise haben sich ständig neue Techniken, Strategien und Methoden der Fremdsprachenvermittlung herausgebildet, wobei zu bemerken ist, dass seit etwa 200 Jahren gesellschaftliche ebenso wie politische Entwicklungen weltweit zu einer zunehmenden Institutionalisierung und Professionalisierung des Fremdsprachen unterrichts führten (vgl. Reinfried 201623 REINFRIED Marcus. Geschichte des Fremdsprachenunterrichts bis 1945. In: BURWITZ-MELZER Eva et al. (orgs.). Handbuch Fremdsprachenunterricht. Tübingen, Francke, 2016, p. 619-625.: 621).

Einen ganz wesentlichen Einfluss auf die Rahmenbedingungen und Inhalte des Lernens hat die seit der Jahrtausendwende wachsende Rolle des Internets und die rasante Zunahme von elektronischen und digitalen Medien (vgl. Cani 20207 CANI Josiane Brunetti. Proficiência digital de professores: competências necessárias para ensinar no século XXI. Revista Linguagem & Ensino, Pelotas, v. 23, n. 2, p. 402-428, 2020.: 403). Das Fremdsprachenlernen wird dabei immer bewusster medial begleitet und unterstützt, sei es punktuell mit Apps oder umfassend mit kompletten Lernprogrammen (vgl. Grünewald 201610 GRUNEWALD Andreas. Digitale Medien und soziale Netzwerke im Kontext des Lernens und Lehrens von Sprachen. In: BURWITZ-MELZER, Eva et al. (ed.). Handbuch Fremdsprachenunterricht. 6. Auflage. Tübingen, Francke, 2016, p. 463-466.: 463f., Voerkel; Bolacio 202034 VOERKEL Paul, BOLACIO Ebal. Zu Verwendung und Potenzial von Online-Lernprogrammen und Apps: Erfahrungen und Erwartungen von angehenden DaF-Lehrkräften aus Brasilien. Revista Linguagem & Ensino, v. 23, n. 2, 2020.: 434). Von Anfang an spielt dabei das Verhältnis von Präsenz- und Online-Unterricht eine zentrale Rolle, denn häufig liegt beim Fremdsprachenlernen eine Kombination beider Formen vor, das sogenannte „Blended Learning“ (BL) (vgl. Rösler 201227 ROSLER Dietmar. Deutsch als Fremdsprache. Eine Einführung. Stuttgart, Metzler, 2012.: 118f.). Charakteristisch für den bewusst geplanten Einsatz von BL ist der Versuch, die Vorteile beider Lernformen zu nutzen, um die individuellen Lernprozesse möglichst wirkungsvoll zu unterstützen (vgl. Mandl 201013 MANDL Eva. Blended Learning. In: BARKOWSKI, Hans; KRUMM, Hans-Jürgen (ed.). Fachlexikon Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. Tübingen, Francke, 2010, p. 32.: 32; Rösler 201026 ROSLER Dietmar. E-Learning und das Fremdsprachenlernen mit dem Internet. In: HALLET, Wolfgang; KÖNIGS, Frank G. Handbuch Fremdsprachendidaktik. Seelze-Velber, Klett Kallmeyer, 2010, p. 285-289.: 285). Eine besondere Bedeutung haben dabei die Kombinationsmöglichkeiten verschiedener Medien (vgl. Grünewald 201610 GRUNEWALD Andreas. Digitale Medien und soziale Netzwerke im Kontext des Lernens und Lehrens von Sprachen. In: BURWITZ-MELZER, Eva et al. (ed.). Handbuch Fremdsprachenunterricht. 6. Auflage. Tübingen, Francke, 2016, p. 463-466.: 464; Rösler 201227 ROSLER Dietmar. Deutsch als Fremdsprache. Eine Einführung. Stuttgart, Metzler, 2012.: 51). Während jedoch theoretische Aspekte des BL bereits ausführlich beschrieben sind, besteht in Hinblick auf eine effiziente praktische Nutzung beim Fremdsprachenlernen noch viel Forschungsbedarf. Hier setzt der vorliegende Artikel an, indem er bestimmte Charakteristika des BL an einem Beispiel der Deutschvermittlung aus Brasilien verdeutlicht.

Das umfangreichste BL-Angebot für Deutsch in Brasilien ist das vom brasilianischen Bildungsministerium (MEC) in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) organisierte Programm „Idiomas sem Fronteiras - Alemão“ (IsF-Alemão), das seit 2016 an ausgewählten öffentlichen Hochschulen angeboten wird. Anhand der Ergebnisse einer Umfrage unter Lerner:innen des Programms setzt sich der vorliegende Artikel zum Ziel, die folgenden Fragen zu beantworten:

  • Welches Profil haben die Lerner:innen im Programm IsF-Alemão? Und über welche Vorkenntnisse verfügen die Befragten in Hinblick auf das Sprachenlernen (in Präsenz und online-Formaten)?

  • Welche Erfahrungen haben die Lerner:innen mit dem Programm IsF-Alemão gesammelt? Welche Rolle spielten dabei die verschiedenen Komponenten des Blended Learning?

  • Welche Erkenntnisse und Empfehlungen lassen sich daraus ableiten?

Der Artikel möchte mit der Beantwortung dieser Fragen dazu beitragen, die Dynamik des BL im Kontext der brasilianischen Hochschulen besser zu verstehen. Dazu wird in Kapitel 2 auf die Rahmenbedingungen eingegangen, d. h. auf das Programm IsF, die Spezifika der Deutschkurse und das zugrunde liegende Lernprogramm DUO. Das anschließende Kapitel 3 geht auf den Forschungsstand ein, der die Grundlage der vorliegenden Untersuchung bildet. In Kapitel 4 wird das methodische Vorgehen erläutert und die Proband:innengruppe beschrieben. Kapitel 5, das umfangreichste dieses Artikels, fasst die wesentlichen Ergebnisse der Umfrage zusammen und interpretiert diese. Schließlich finden sich im Kapitel 6 eine Zusammenfassung der Erkenntnisse zum Blended Learning und daraus folgende mögliche Implikationen für den Deutschunterricht und für die Deutschlehrer:innenausbildung im brasilianischen Hochschulkontext.

2 Zum Rahmen der Untersuchung: IsF und DUO

In diesem Kapitel soll der Rahmen für die im vorliegenden Artikel vorgestellte Untersuchung zum Einsatz eines BL-Sprachprogramms an brasilianischen Hochschulen gesetzt werden. Dafür ist es unabdingbar, zunächst die Entstehung und Ausrichtung des Programms näher zu betrachten, um anschließend auf die Spezifika der Deutschkurse und die zugrunde liegende Lernplattform einzugehen.

2.1 Der Kontext: Idiomas sem Fronteiras

Das Programm IsF ist Teil der Internationalisierungsbemühungen, die Brasilien - ebenso wie zahlreiche andere Länder - seit der Jahrtausendwende vorangetrieben hat (vgl. Stalliveri 201732 STALLIVERI Luciane. Internacionalização e Intercâmbio. Dimensões e perspectivas. Curitiba, Appris, 2017.: 50). Das zweifelsohne sichtbarste Vorhaben war das Regierungs stipendienprogramm „Ciência sem Fronteiras“ (CsF), mit dem zwischen 2011 und 2016 über 100.000 brasilianische Studierende und Forscher:innen einen akademischen Aufenthalt im Ausland absolvieren konnten (vgl. Stalliveri 201732 STALLIVERI Luciane. Internacionalização e Intercâmbio. Dimensões e perspectivas. Curitiba, Appris, 2017.: 131, Voerkel 201733 VOERKEL Paul. Deutsch als Chance. Ausbildung, Qualifikation und Verbleib von Absolventen brasilianischer Deutschstudiengänge. Disertationsschrift . Jena: ThULB, 2017. Abrufbar unter: https://www.db-thueringen.de/receive/dbt_mods_00033644 (22.05.2020): 218, Soethe; Chaves 201931 SOETHE Paulo A, CHAVES Giovanna L R. Förderung der deutschen Sprache in Brasilien. In: AMMON, Ulrich; SCHMIDT, Gabriele (orgs.). Förderung der deutschen Sprache weltweit. Vorschläge, Ansatze und Konzepte. Berlin et al., De Gruyter, 2019, p. 887-910.: 903f.). Als einer der Hauptkritikpunkte an CsF gilt die unzureichende Sprachbeherrschung der Stipendiat:innen, die häufig nicht für eine sinnvolle akademische Betätigung im Zielsprachenland ausreichte (vgl. Abreu e Lima et al. 20162 ABREU E LIMA Denise, et al. O programa Inglês sem Fronteiras e a política de incentivo à internacionalização do Ensino Superior brasileiro. In: SARMENTO, Simone; ABREU E LIMA, Denise; MORAES FILHO, Waldenor (org.). Do Inglês sem Fronteiras ao Idiomas sem Fronteiras. Belo Horizonte, Editora UFMG, 2016, p. 19-46.: 20; Stalliveri 201732 STALLIVERI Luciane. Internacionalização e Intercâmbio. Dimensões e perspectivas. Curitiba, Appris, 2017.: 132). Um hier eine rasche und nachhaltige Verbesserung zu erzielen, wurde Ende 2012 durch das brasilianische Bildungsministerium MEC das Programm IsF gestartet, das zum ersten Mal in der brasilianischen Geschichte eine Koordinierungsstelle für den Bereich Fremdsprachen auf Bundesebene etablierte (vgl. Abreu e Lima et al. 2016: 202 ABREU E LIMA Denise, et al. O programa Inglês sem Fronteiras e a política de incentivo à internacionalização do Ensino Superior brasileiro. In: SARMENTO, Simone; ABREU E LIMA, Denise; MORAES FILHO, Waldenor (org.). Do Inglês sem Fronteiras ao Idiomas sem Fronteiras. Belo Horizonte, Editora UFMG, 2016, p. 19-46., Soethe; Chaves 201931 SOETHE Paulo A, CHAVES Giovanna L R. Förderung der deutschen Sprache in Brasilien. In: AMMON, Ulrich; SCHMIDT, Gabriele (orgs.). Förderung der deutschen Sprache weltweit. Vorschläge, Ansatze und Konzepte. Berlin et al., De Gruyter, 2019, p. 887-910.: 904).

Da die USA das mit Abstand am häufigsten nachgefragte Zielland im CsF-Programm waren, begann die Sprachförderung mit Englisch: Anfangs beschränkte sich IsF auf diese eine Sprache und wurde entsprechend als „Inglês sem Fronteiras“ gegründet (vgl. Stalliveri 201732 STALLIVERI Luciane. Internacionalização e Intercâmbio. Dimensões e perspectivas. Curitiba, Appris, 2017.: 133). Die weltweite akademische Vernetzung über die englischsprachigen Länder hinaus machte jedoch schnell deutlich, dass auch mit Blick auf andere Fremdsprachen ein großer Handlungsbedarf besteht, was zusätzlich durch die politische Agenda - so bspw. den Besuch des französischen Präsidenten in Brasilien 2013 und gemeinsame Regierungskonsultationen mit Deutschland 2015 - unterstützt wurde (vgl. Soethe; Chaves 201931 SOETHE Paulo A, CHAVES Giovanna L R. Förderung der deutschen Sprache in Brasilien. In: AMMON, Ulrich; SCHMIDT, Gabriele (orgs.). Förderung der deutschen Sprache weltweit. Vorschläge, Ansatze und Konzepte. Berlin et al., De Gruyter, 2019, p. 887-910.: 904). Entsprechend den gegebenen Notwendigkeiten wurde 2014 das „I“ von „Inglês“ durch das „I“ von „Idiomas“ ersetzt: mit dem Einbezug von Französisch, wenig später auch Japanisch, Italienisch, Spanisch, Deutsch und Portugiesisch als Fremdsprache (PaF) war „Idiomas sem Fronteiras“ entstanden, ein Sprachlernangebot für letztendlich sieben Sprachen (vgl. Abreu e Lima; Moraes 20161 ABREU E LIMA Denise, MORAES FILHO Waldenor. O programa Idiomas sem Fronteiras. In: SARMENTO, Simone; ABREU E LIMA, Denise; MORAES FILHO, Waldenor (org.). Do Inglês sem Fronteiras ao Idiomas sem Fronteiras. Belo Horizonte, Editora UFMG, 2016, p. 293-308.: 305). Der Anspruch an das Programm war von Anfang an hoch, denn neben der Absicht, die Mehrsprachigkeit an brasilianischen Hochschulen zu fördern, sollte gleichzeitig ein Beitrag zu einer gemeinsamen Sprachenpolitik sowie zur Aus- und Weiterbildung von Fremdsprachenlehrkräften geleistet werden (Sarmento; Abreu e Lima; Moraes 201630 SARMENTO Simone, ABREU E LIMA Denise, MORAES FILHO Waldenor. Apresentação. In: SARMENTO, Simone; ABREU E LIMA, Denise; MORAES FILHO, Waldenor (org.). Do Inglês sem Fronteiras ao Idiomas sem Fronteiras. Belo Horizonte, Editora UFMG, 2016, p. 11-16.: 11, Guimarães; Finardi; Casotti 201911 GUIMARÃES Felipe Furtado, FINARDI Kyria Rebeca, CASOTTI Janayna Bertollo Cozer. Internationalization and Language Policies in Brazil: What is the Relationship? Revista Brasileira de Linguística Aplicada, v.19, n.2, p. 295-327, 2019.: 307).

2.2 Die Umsetzung: IsF-Alemão

Die engen politischen, kulturellen, wirtschaftlichen und akademischen Beziehungen, die Brasilien und Deutschland seit Jahrzehnten pflegen, boten viele Argumente, auch Deutsch ins IsF-Programm aufzunehmen (vgl. Ojeda; Voerkel 201818 OJEDA Andrea, VOERKEL Paul. Experiences at the implementation of German courses in the IsF program: Language policies, challenges and strategies. In: Revista Olhares & Trilhas, v. 20, n. 3, p. 27-43, 2018.: 32, Soethe; Chaves 201931 SOETHE Paulo A, CHAVES Giovanna L R. Förderung der deutschen Sprache in Brasilien. In: AMMON, Ulrich; SCHMIDT, Gabriele (orgs.). Förderung der deutschen Sprache weltweit. Vorschläge, Ansatze und Konzepte. Berlin et al., De Gruyter, 2019, p. 887-910.: 889-892). Als Partner des MEC auf deutscher Seite war der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD), der seit 1971 mit einer eigenen Außenstelle in Brasilien vertreten ist und die Vermittlung der deutschen Sprache aktiv fördert, die logische Wahl. Eine Absichtserklärung zu IsF-Alemão wurde 2015 zwischen MEC und DAAD unterzeichnet, und Ende 2016 begannen die ersten Deutschkurse (vgl. Fonseca; Ximenes 20179 FONSECA Jael Glauce, XIMENES José Carlos. O Programa Idiomas Sem Fronteiras - ISF e a formação do professor de Língua Alemã da Universidade Federal da Bahia. Revista Letras Raras, v. 6, n. 1, p. 7-19, 2017.: 8, Ojeda; Voerkel 2018: 29, 34).

Während im Rahmen des IsF-Gesamtprogramms anfangs das Testen eine große Bedeutung hatte und die anderen Sprachen entweder in reinen Online- oder in Präsenzkursen angeboten wurden, gingen die Partner bei Deutsch einen anderen Weg: der Fokus liegt bei IsF-Alemão auf Online-Sprachkursen der Niveaustufen A1 bis B1, die allerdings in den Anfänger:innen-Gruppen auf A1.1-Niveau von obligatorisch zu belegenden Präsenz-Tutorien begleitet werden: In diesem Sinne liegt eine typische BL-Situation vor, in der die Ziele von IsF - die Sprachförderung und gleichzeitige Professiona lisierung der Sprachlehrkräfte - bewusst integriert werden (vgl. Brasil 20145 BRASIL. Portaria no 973, de 14 de novembro de 2014. Institui o Programa Ciências sem Fronteiras e dá outras providências. Abrufbar unter: http://isf.mec.gov.br/ingles/images/pdf/novembro/Portaria_973_Idiomas_sem_Fronteiras.pdf (22.05.2020).
http://isf.mec.gov.br/ingles/images/pdf/...
; Fonseca; Ximenes 20179 FONSECA Jael Glauce, XIMENES José Carlos. O Programa Idiomas Sem Fronteiras - ISF e a formação do professor de Língua Alemã da Universidade Federal da Bahia. Revista Letras Raras, v. 6, n. 1, p. 7-19, 2017.).

Aufgrund der institutionellen Vorgaben und des BL-Settings ist das Netz der beteiligten Institutionen und Personen komplex. Auf brasilianischer Seite beteiligen sich einerseits das MEC und die Förderorganisation CAPES über die Organisation (u. a. der Einschreibung und der Teilnehmer:innenverwaltung) und die Finanzierung der Maßnahmen, andererseits auch die Hochschulen, die jeweils die Infrastruktur für den Präsenzunterricht bereitstellen und sprachspezifische Koordinator:innen benennen, die wiederum die Tutor:innen der Präsenzkurse betreuen (vg. Ojeda; Voerkel 201818 OJEDA Andrea, VOERKEL Paul. Experiences at the implementation of German courses in the IsF program: Language policies, challenges and strategies. In: Revista Olhares & Trilhas, v. 20, n. 3, p. 27-43, 2018.: 35). Auf deutscher Seite ist der DAAD beteiligt, der einen Teil der Organisation und Finanzierung übernimmt, die konkrete Umsetzung der Deutschkurse jedoch an einen Dienstleister weitergibt - in diesem Fall an die „Deutsch-Uni Online“ (DUO) mit Sitz in München und langjähriger Erfahrung im Angebot von (Online-) Sprachkursen.

Von Anfang an war eine zweijährige Pilotphase vorgesehen, um Erfahrungen mit der Struktur des Programms zu sammeln und alle beteiligten Akteure zu vernetzen. In Hinblick auf die Zahlen kann diese Pilotphase als ein großer Erfolg angesehen werden: Für die ersten drei Kursdurchläufe gab es mehr als 21.000 Einschreibungen, von denen nur 1.281 bedient werden konnten - ein Anteil von weniger als 6% (vgl. Ojeda; Voerkel 201818 OJEDA Andrea, VOERKEL Paul. Experiences at the implementation of German courses in the IsF program: Language policies, challenges and strategies. In: Revista Olhares & Trilhas, v. 20, n. 3, p. 27-43, 2018.: 35). Die Deutschkurse, die allen Universitätsangehörigen offenstehen, werden dabei hauptsächlich von Studierenden belegt, die das Ziel haben, in einem der deutschsprachigen Länder zu studieren oder zu forschen. Aus diesem Zielpublikum setzte sich auch der „Kursdurchlauf 2019-2“ zusammen, der die Grundlage für die im Artikel beschriebene Datenerhebung bildet. Gleichzeitig ermöglichen die Umfrageergebnisse erstmals eine genauere Beschreibung des Profils der Kursteilnehmer:innen.

Doch nicht nur in Hinblick auf die Einschreibezahlen, auch an den Hochschulen wuchs das Interesse: Nach zehn öffentlichen Universitäten im ersten Kursdurchlauf waren am Ende der Pilotphase bereits 14 Universitäten beteiligt, und diese Zahl stieg noch einmal auf aktuell 17 Institutionen. Diese Zahlen, die kollegiale Zusammenarbeit aller beteiligten Akteure, sowie die positive Beurteilung durch ein externes Gutachten brachten es mit sich, dass noch während der Pilotphase die Weiterführung von IsF-Alemão für den Zeitraum 2019 bis 2022 beschlossen und vertraglich geregelt wurde. Dabei wurde darauf geachtet, die während der Pilotphase deutlich gewordenen Schwächen des Programms - die Abbrecher:innenquote, die interne und externe Kommunikation und vor allem die bessere Verzahnung von Online- und Präsenzaktivitäten (vgl. Ojeda; Voerkel 201818 OJEDA Andrea, VOERKEL Paul. Experiences at the implementation of German courses in the IsF program: Language policies, challenges and strategies. In: Revista Olhares & Trilhas, v. 20, n. 3, p. 27-43, 2018.: 38) - Schritt für Schritt anzugehen und so weit wie möglich auszuräumen.

2.3 Der Partner: Deutsch-Uni Online

Die Deutsch-Uni Online (DUO) ist einerseits eine der LMU München angegliederte Arbeitseinheit der „Gesellschaft für Akademische Studienvorbereitung und Testentwicklung“ (g.a.s.t.), einem Entwicklungs- und Forschungszentrum für Fremdsprachenprogramme mit inzwischen über 100 Mitarbeiter:innen. Andererseits - und das ist bekannter - steht die DUO für ein digitales, modulares Fremdsprachenlernprogramm, das seit 2003 systematisch aufgebaut wird und als eines der komplettesten aktuell verfügbaren Online-Sprachlernangebote gilt (vgl. Rösler 201227 ROSLER Dietmar. Deutsch als Fremdsprache. Eine Einführung. Stuttgart, Metzler, 2012.: 53). Die thematische und didaktische Ausrichtung ist dabei von Anfang an studienbezogen und akademisch. Neben allgemeinsprachlichen Kursen mit Handlungsfeldern aus dem studentischen Alltag (Niveau A1 und A2) werden studien- und wissenschaftssprachliche Kurse mit teils berufsorientierten Schwerpunkten (Niveau B1 und B2) und fachspezifische Kurse auf dem Niveau C1 zur Verfügung gestellt. Die Module folgen einem Gesamtsprachenkonzept und haben den Anspruch, die verschiedenen Sprachfertigkeiten zu trainieren. Es bestehen dabei unterschiedliche Möglichkeiten zur Verwendung: eine ausschließliche (autonome) Nutzung der Materialien, eine (unterschiedlich intensive) Begleitung durch Online-Tutor:innen oder eine Anwendung in Kombination mit anderen Materialien, bspw. im Rahmen eines kombinierten Präsenz- und Online-Kurses (vgl. Oliveira; Wucherpfennig; Vetter 200820 OLIVEIRA Paulo, WUCHERPFENNIG Norma, VETTER Anisha. Alemão para universitários: formas híbridas. Caderno de Letras, v. 24, p. 59-84, 2008.). Zielgruppe des Programms sind Studierende, die einen Studien- bzw. Forschungsaufenthalt im Zielsprachenland anstreben, was sich auch in den Inhalten der Module, die stark an Studienalltag, Forschung und verschiedenen Fachwissenschaften ausgerichtet sind, widerspiegelt (vgl. Launer 201012 LAUNER Rebecca. Blende(n)d Deutsch lernen? Ein Blended-Learning-Modell für den Fremdsprachenunterricht. InfoDaF, v. 37, n. 4, p. 426-435, 2010.: 427).

Dank der zugrundeliegenden Modularität und Flexibilität werden die DUO-Kurse von verschiedenen Bildungsträgern genutzt, so bspw. von der Deutsch-Französischen Hochschule (DFH) und dem DAAD, zur sprachlichen Vorbereitung seiner Stipendiat:innen im Heimatland. Aufgrund der Einsatzmöglichkeiten und der jahrelangen Zusammenarbeit hat sich der DAAD in Zusammenhang mit den IsF-Kursen ebenfalls für das DUO-Angebot entschieden - das IsF-Programm stellt damit aktuell das größte Einzel programm für die DUO dar.

Die Inhalte und Aktivitäten innerhalb der DUO werden kontinuierlich weiterentwickelt. Aufschlussreich ist, dass in diesem Zusammenhang bereits von Anfang an eine mögliche Kombination mit Präsenzunterricht angedacht ist, wofür auch Konzepte erarbeitet und wissenschaftlich begleitet wurden (vgl. Oliveira; Wucherpfennig; Vetter 200820 OLIVEIRA Paulo, WUCHERPFENNIG Norma, VETTER Anisha. Alemão para universitários: formas híbridas. Caderno de Letras, v. 24, p. 59-84, 2008., Launer 201012 LAUNER Rebecca. Blende(n)d Deutsch lernen? Ein Blended-Learning-Modell für den Fremdsprachenunterricht. InfoDaF, v. 37, n. 4, p. 426-435, 2010.). Dabei wurde u. a. festgestellt, dass die Lernenden Schwierigkeiten mit dem Zeitmanagement, der Planung und der individuellen Erarbeitung von Strukturen und Vokabular hatten (vgl. Launer 2010: 430f.). Aus diesen Erfahrungen heraus war es für die Entscheidungsträger:innen im Programm wichtig, für das IsF-Angebot ein begleitendes Präsenztutorium anzubieten, um die auftretenden Fragen und Schwierigkeiten aufzugreifen und Lernstrategien zu vermitteln. Dass dieses Tutorium eng mit dem Online-Lernen abgestimmt werden muss, liegt auf der Hand:

Eine sinnvolle Verzahnung der Online- und Präsenzphasen muss sowohl auf der inhaltlichen als auch auf der didaktischen Ebene vollzogen werden. Auf der inhaltlichen Ebene sollten die Lernenden das, was sie in den Präsenzphasen erarbeitet und gelernt haben, anwenden können. Nur so kann sich ihnen der Sinn und Zweck lexikalischer, struktureller oder auch thematischer Übungen erschließen. (Launer 201012 LAUNER Rebecca. Blende(n)d Deutsch lernen? Ein Blended-Learning-Modell für den Fremdsprachenunterricht. InfoDaF, v. 37, n. 4, p. 426-435, 2010.: 434)

Um eine sinnvolle Verzahnung zwischen Online- und Präsenzlernen sicherzustellen, entwickelte die DUO im Lauf der Pilotphase zahlreiche zusätzliche Materialien (u. a. Lernpläne und Materialien für den Präsenzunterricht), die den Tutor:innen zur Verfügung gestellt wurden. Zudem wurde in Zusammenarbeit zwischen DAAD und DUO im August 2019 erstmals ein zweitägiges Seminar für die Präsenztutor:innen angeboten, die im Kursdurchlauf 2019-2 des Programms IsF-Alemão unterrichteten. Dies kann als deutliches Beispiel für die Weiterentwicklung des Programms gewertet werden - in diesem Fall für ein bestimmtes Setting (IsF) und eine spezifische Zielgruppe (die am Austausch interessierten brasilianischen Kursteil nehmer:innen). In diese Bemühungen um Innovation kann auch die Weiterentwicklung der Online-Plattform gezählt werden, die seit 2019 neben Deutsch in Teilen auch auf Portugiesisch zur Verfügung steht.

3 Forschungsstand

Ein wesentliches Charakteristikum von IsF-Alemão ist demnach das Blended-Learning-Format, das im Folgenden genauer betrachtet werden soll. In diesem Kapitel werden deswegen in drei Schritten einige Aspekte sowohl des BL als auch des Programms berührt. Erstens wird auf den Forschungsstand zum Online-Lernen eingegangen, zunächst allgemein, dann in Bezug auf Fremdsprachen und das Fach Deutsch als Fremdsprache (DaF). Zweitens geht es um Blended Learning im Fremdsprachenunterricht, wobei die Fachliteratur aus Brasilien und Deutschland gestreift und insbesondere auf die DaF-Perspektive zurückgegriffen wird. Drittens schließlich wird der Forschungsstand zu Idiomas sem Fronteiras beschrieben, sowohl in Hinblick auf das Gesamtprogramm als auch auf IsF-Alemão. Ziel dieses Kapitels ist dabei nicht, den gesamten Forschungsstands in seiner Breite darzustellen, sondern gezielt auf Vorarbeiten und weiterführende Literatur zu verweisen.

3.1 Zum Online-Lernen

Zunächst sollte daran erinnert werden, dass das Online-Lernen von den technischen Voraussetzungen abhängt, die sich seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts rasant entwickelt haben (vgl. Rösler; Würffel 201428 ROSLER Dietmar, WURFFEL Nicola. Lernmaterialien und Medien. Stuttgart, Klett, 2014. DLL-Einheit 5 .: 13). Wurde der technische Fortschritt in Hinblick auf das Lernen zunächst mittels der „Sprachlabore“ an den Bildungseinrichtungen sichtbar, hielten seit den 1980er Jahren die Computer Einzug in die Büros und bald auch in die Privathaushalte. Wesentliche Neuerungen brachte der Einsatz des Internets ab Mitte der 1990er Jahre. Die Verwendung von mobilen Endgeräten, die ab etwa 2010 zu verzeichnen ist und die erst das „M-Learning“ ermöglichen, stellt eine weitere Stufe der Mediennutzung dar. Parallel zu den technischen Möglichkeiten kommt es zunehmend auch zu einer Erforschung von möglichen Nutzungsszenarien (vgl. Rösler 201026 ROSLER Dietmar. E-Learning und das Fremdsprachenlernen mit dem Internet. In: HALLET, Wolfgang; KÖNIGS, Frank G. Handbuch Fremdsprachendidaktik. Seelze-Velber, Klett Kallmeyer, 2010, p. 285-289.: 287).

In Bezug auf Sprachen nimmt das Online-Lernen seit der Jahrtausendwende einen immer größeren Raum ein (vgl. u. a. Marques-Schäfer; Rozenfeld 201814 MARQUES-SCHAFER Gabriela, ROZENFELD Cibele C F. Ensino de línguas e tecnologias móveis: políticas públicas, conceitos, pesquisas e práticas em foco. São Paulo, Edições Hipótese, 2018.: 9). Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass auch die Forschungen zu Rolle und Gebrauch von Online-Medien immer zahlreicher werden. Voerkel und Bolacio (202034 VOERKEL Paul, BOLACIO Ebal. Zu Verwendung und Potenzial von Online-Lernprogrammen und Apps: Erfahrungen und Erwartungen von angehenden DaF-Lehrkräften aus Brasilien. Revista Linguagem & Ensino, v. 23, n. 2, 2020.: 432f.) verweisen auf die steigende Anzahl von Publikationen in Brasilien und nennen exemplarisch einige Autor:innen; dieselbe Tendenz ist ebenso für die deutschsprachigen Länder festzustellen. Auffällig ist dabei allerdings, dass in einschlägigen, allgemeinen Handbüchern und Lexika zum Fremdsprachenlernen - genannt sei hier als Beispiel das „Handbuch Fremdsprachenunterricht“ (Burwitz-Melzer et al. 20166 BURWITZ-MELZER Eva, et al. (orgs.). Handbuch Fremdsprachenunterricht. 6., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage. Tübingen, Francke, 2016.) - das Thema „Online-Lernen“ und seine Implikationen bis heute eher am Rande Beachtung finden und stattdessen eher in spezifischen Überblicksdarstellungen aufgegriffen werden (vgl. bspw. Meister; Shalaby 201416 MEISTER Hildegard, SHALABY Dalia. E-Learning. Handbuch für den Fremdsprachenunterricht. Ismaning, Hueber, 2014.). Ebenso ist zu beobachten, dass die anfängliche Euphorie gegenüber dem Online-Lernen inzwischen einer realistischeren Betrachtungsweise gewichen ist, die Vor- und Nachteile der neuen technischen Möglichkeiten abzuwägen versucht (vgl. Bock 20153 BOCK Wolfgang F. Novas mídias como educadores? Contribuição para a crítica da educação digitalizada. São Paulo, Nankin, 2015, p. 197-221.).

Im Fachbereich DaF spielt das Online-Lernen, genauso wie Studien dazu, eine zunehmende Rolle. Neben allgemeinen Betrachtungen, wie etwa von Weininger (200035 WEININGER Markus. Echtes Lernen in virtueller Realität. In: ABRAPA (org.). IV Congresso Brasileiro de Professores de Alemão - Anais. Curitiba, ABRAPA, 2000, p. 637.), sind die Publikationen häufig durch praktische Fragestellungen motiviert. So führte etwa die Einführung einer Online-Plattform an der UNICAMP Anfang der 2000er Jahre zu verschiedenen Untersuchungen und mehreren Artikeln, die durchaus auch über praktische Überlegungen hinausgehen (vgl. bspw. Oliveira 200219 OLIVEIRA Paulo. Deutsch Lernen und Lehren mit elektronischen Mitteln: von der alltäglichen Anwendung bis zum virtuellen Klassenraum. In: ABRAPA (org.). V Brasilianischer Deutschlehrerkongress & II Deutschlehrerkongress des MERCOSUL. São Leopoldo, 2002, p. 280-299.). Die eher praktisch-beschreibenden Beiträge wurden seit etwa zehn Jahren zunehmend durch Untersuchungen zum gezielten didaktischen Einsatz sowie zur Rolle von Online-Medien und -Anwendungen in Hinblick auf die Ausbildung von Deutschlehrer:innen ergänzt. Besonders viele Veröffentlichungen dazu liegen von Marques-Schäfer und Rozenfeld vor; neben Einzelbeiträgen ist hier vor allem der gemeinsam herausgegebene Sammelband zum Sprachenlernen mit mobilen Medien zu nennen (vgl. Marques-Schäfer; Rozenfeld 201814 MARQUES-SCHAFER Gabriela, ROZENFELD Cibele C F. Ensino de línguas e tecnologias móveis: políticas públicas, conceitos, pesquisas e práticas em foco. São Paulo, Edições Hipótese, 2018.).

Eine ähnliche Tendenz wie in Brasilien ist auch in den deutschsprachigen Ländern zu beobachten: nach anfangs eher beschreibenden Berichten wird seit etwa 2010 immer bewusster über die Chancen und Herausforderungen des Online-Lernens nachgedacht und dieses zunehmend in den Zusammenhang mit didaktischen Konzepten zum Fremdsprachenlernen gestellt. So widmet z. B. die weit verbreitete DaF-Einführung von Rösler (201227 ROSLER Dietmar. Deutsch als Fremdsprache. Eine Einführung. Stuttgart, Metzler, 2012.) bereits ein ganzes Kapitel den Transformationen des Unterrichts durch die neuen Medien. Die Angebote und Aktivitäten der DUO werden im Zusammenhang mit den Möglichkeiten des Online-Lernens ebenfalls seit mehr als einem Jahrzehnt beschrieben, so bspw. in den Überblicksdarstellungen von Roche (200824 ROCHE Jorg. Handbuch Mediendidaktik. Ismaning, Hueber, 2008. sowie 201925 ROCHE Jorg (org.). Medienwissenschaft und Mediendidaktik. Tübingen, Narr, 2019.) oder Einzelbeiträgen wie denen von Oliveira, Wucherpfennig und Vetter (200820 OLIVEIRA Paulo, WUCHERPFENNIG Norma, VETTER Anisha. Alemão para universitários: formas híbridas. Caderno de Letras, v. 24, p. 59-84, 2008.) oder Launer (201012 LAUNER Rebecca. Blende(n)d Deutsch lernen? Ein Blended-Learning-Modell für den Fremdsprachenunterricht. InfoDaF, v. 37, n. 4, p. 426-435, 2010.).

3.2 Blended Learning im Fremdsprachenunterricht

Im institutionalisierten Fremdsprachenunterricht findet häufig kein reines E-Learning statt, sondern eine Kombination von Online- und Präsenzlernen. Insbesondere außerhalb des schulischen Lernens steigt dabei die Anzahl von Online-Angeboten, denen eine eigene Lernplattform zugrunde liegt, die mit unterschiedlichen Tools synchrone und asynchrone Aktivitäten erlaubt (vgl. Rösler 201026 ROSLER Dietmar. E-Learning und das Fremdsprachenlernen mit dem Internet. In: HALLET, Wolfgang; KÖNIGS, Frank G. Handbuch Fremdsprachendidaktik. Seelze-Velber, Klett Kallmeyer, 2010, p. 285-289.: 285). Die Begleitung, bspw. mittels Tutorierung, kann ebenso wie die Einbindung in den Unterricht sehr unterschiedlich sein und lässt sich inzwischen in den verschiedensten Formaten finden (vgl. Brash; Pfeil 20174 BRASH Barbel, PFEIL Andrea. Unterrichten mit digitalen Medien. Stuttgart, Klett, 2017. DLL-Einheit 9 .: 91f.).

Während im deutschen Sprachgebrauch die Bezeichnung „Blended Learning“ genutzt wird (hier ist „Hybride Lernformen“ eher ein Überbegriff, vgl. Brash; Pfeil 20174 BRASH Barbel, PFEIL Andrea. Unterrichten mit digitalen Medien. Stuttgart, Klett, 2017. DLL-Einheit 9 .: 14), ist in Brasilien in der Regel von „Ambientes híbridos“ die Rede. Inhaltlich spielt diese Unterscheidung, solange sie sich auf die Möglichkeiten der Verknüpfung von Präsenz- und Online-Unterricht bezieht, kaum eine Rolle. Sichtbar ist, dass BL-Szenarien auch im DaF-Bereich wichtiger werden und deswegen zunehmend in der Forschungsliteratur erscheinen. Dies geschieht einerseits über theoretisch ausgerichtete Untersuchungen und Publikationen, sei es in Einzelbeiträgen (vgl. bspw. Pust 201922 PUST Daniel. Integrationsmechanismen des Blended Learning im Fremdsprachenunterricht. Eine explorative Fallstudie. Info DaF, v. 46, n. 5, p. 586-601, 2019.) oder Auszügen in Überblicksdarstellungen (vgl. Roche 201925 ROCHE Jorg (org.). Medienwissenschaft und Mediendidaktik. Tübingen, Narr, 2019.). Andererseits wird inzwischen auch mehr auf praktische Implikationen und die mögliche Umsetzung im Unterricht sowie auf die Bedeutung für die Lehrer:innenbildung eingegangen (vgl. dazu bspw. die Beiträge in den Bänden der DLL-Reihe, insbesondere Rösler; Würffel 201428 ROSLER Dietmar, WURFFEL Nicola. Lernmaterialien und Medien. Stuttgart, Klett, 2014. DLL-Einheit 5 . und Brash; Pfeil 20174 BRASH Barbel, PFEIL Andrea. Unterrichten mit digitalen Medien. Stuttgart, Klett, 2017. DLL-Einheit 9 .).

Als wesentlicher Vorteil von BL-Settings wird in der Literatur die gegenseitige Ergänzung des Umfelds genannt: die Inhalte der Präsenzstunden können nachbereitet werden, und gleichzeitig ermöglichen die Präsenzstunden die Klärung von Fragen, die beim Online-Lernen auftreten (vgl. Oliveira; Wucherpfennig; Vetter 200820 OLIVEIRA Paulo, WUCHERPFENNIG Norma, VETTER Anisha. Alemão para universitários: formas híbridas. Caderno de Letras, v. 24, p. 59-84, 2008.). Zunehmend wird erforscht, wie die verschiedenen Modi des Unterrichts bestmöglich aufeinander abgestimmt werden können und welche Rolle die Lehrkraft dabei spielt (vgl. Pust 201922 PUST Daniel. Integrationsmechanismen des Blended Learning im Fremdsprachenunterricht. Eine explorative Fallstudie. Info DaF, v. 46, n. 5, p. 586-601, 2019.: 599f.). Wichtig ist anzumerken, dass BL-Formate ebenso wie reiner Präsenzunterricht einer guten Planung und einer engen Begleitung der Lernenden bedürfen (vgl. Rösler 201026 ROSLER Dietmar. E-Learning und das Fremdsprachenlernen mit dem Internet. In: HALLET, Wolfgang; KÖNIGS, Frank G. Handbuch Fremdsprachendidaktik. Seelze-Velber, Klett Kallmeyer, 2010, p. 285-289.: 286).

Deutlich wird in den allgemeinen Überlegungen zum Blended Learning, aber ebenso im DaF-Kontext, dass hybrides Lernen, also die Verzahnung verschiedener möglicher Komponenten von Unterricht, sich auf unterschiedliche Mischformen bei der Unterrichtsgestaltung beziehen kann, seien es die Sozialformen, Lernorte, Phasen oder Medien (vgl. Rösler; Würffel 201428 ROSLER Dietmar, WURFFEL Nicola. Lernmaterialien und Medien. Stuttgart, Klett, 2014. DLL-Einheit 5 .: 145). Im Folgenden soll jedoch vor allem das relevanteste Charakteristikum von BL im Mittelpunkt stehen, das auch dem beschriebenen IsF-Kurs zugrunde liegt, nämlich die Kombination von Online- und Präsenzlernen. Dazu gehen wir von folgender Prämisse aus:

[Im Blended Learning] ist der Unterricht klar in Präsenz- und Online-Phasen unterteilt, die sinnvoll getaktet aufeinander folgen und inhaltlich miteinander verbunden sind. Inhalte werden in beiden Phasen erarbeitet, die Teilnahme an nur einer Phase reicht nicht, um die Kursziele zu erreichen. Beide Phasen sind miteinander verbunden, bauen inhaltlich aufeinander auf und werden von der Lehrkraft initiiert und begleitet. Die Online-Phase ist eine zeitlich definierte und klar strukturierte Lernphase, die von der Lehrkraft betreut wird. (Brash; Pfeil 20174 BRASH Barbel, PFEIL Andrea. Unterrichten mit digitalen Medien. Stuttgart, Klett, 2017. DLL-Einheit 9 .: 14)

Die hier dargestellte Definition macht deutlich, dass es sich bei den A1.1-Kursen des Programms IsF-Alemão um ein Blended-Learning-Szenario handelt, da Online- und Präsenzphase sich eng aufeinander beziehen. Zwar ist als Grundlage des Sprachkurses - allein schon durch die Progression und die zur Verfügung stehenden Materialien auf der Plattform - das Online-Angebot der DUO anzusehen, allerdings werden die Lernphasen durch die Online-Tutorierung und das Präsenztutorium begleitet. Dabei werden im Präsenztutorium auch übergreifende Aspekte des Lernens (wie etwa Strategien vermittlung und soziale Interaktion, vgl. Pust 201922 PUST Daniel. Integrationsmechanismen des Blended Learning im Fremdsprachenunterricht. Eine explorative Fallstudie. Info DaF, v. 46, n. 5, p. 586-601, 2019.) abgedeckt.

3.3 Forschungsfeld IsF

Zum Programm Idiomas sem Fronteiras liegt inzwischen eine vielfältige Forschungsliteratur vor. Zu nennen sind einerseits die institutionell organisierten Beiträge (vgl. Sarmento, Abreu e Lima, Moraes 201629 SARMENTO Simone, ABREU E LIMA Denise, MORAES FILHO Waldenor (org.). Do Inglês sem Fronteiras ao Idiomas sem Fronteiras. Belo Horizonte, Editora UFMG, 2016.), andererseits die Publikationen mit wissenschaftlichem Schwerpunkt, die entweder in Themenheften von Fachzeitschriften (vgl. Letras Raras, Ausgabe 2/2017; Olahres & Trilhas, Ausgaben 2/2019 und 3/2019) oder als Einzelbeiträge veröffentlicht worden sind (Nascimento, Santos, Nascimento, Gomes 201417 NASCIMENTO Ana Karina de Oliveira, SANTOS Elaine Maria, NASCIMENTO Laudo Natel do, GOMES Rodrigo Belfort. O Programa Inglês sem Fronteiras e a Formação de Professores de Inglês: uma Análise Preliminar. In: FERREIRA, Maria Cristina Faria Dalacorte; FIGUEIREDO, Francisco José Quaresma de; ÁLVARES, Margarida Rosa; PREUSS, Elena Ortiz (orgs.). Anais do V Congresso Latino-Americano de Formação de Professores de Línguas: Construções Identitárias de Professores de Línguas. Goiânia, Gráfica UFG, 2014, p. 322-332.). Je nach Ausrichtung geht es entweder stärker um organisatorische und institutionelle Fragen, oder aber um pädagogische und fachdidak tische Hintergründe. Entsprechend der Gewichtung der einzelnen Sprachen überwiegen bei Weitem die Beiträge, die sich auf die Vermittlung von Englisch im Rahmen von IsF beziehen.

Die Deutschkurse im Rahmen von IsF-Alemão sind hingegen bisher kaum thematisiert worden. Zwar sind mehrere Untersuchungen und Beiträge in Arbeit, veröffentlicht wurden jedoch bisher nur der Artikel von Fonseca und Ximenes (20179 FONSECA Jael Glauce, XIMENES José Carlos. O Programa Idiomas Sem Fronteiras - ISF e a formação do professor de Língua Alemã da Universidade Federal da Bahia. Revista Letras Raras, v. 6, n. 1, p. 7-19, 2017.) zur Implementierung von IsF-Alemão an der Bundesuniversität von Bahia (UFBA) in Salvador und die Überblicksdarstellung von Ojeda und Voerkel (201818 OJEDA Andrea, VOERKEL Paul. Experiences at the implementation of German courses in the IsF program: Language policies, challenges and strategies. In: Revista Olhares & Trilhas, v. 20, n. 3, p. 27-43, 2018.) mit Hintergründen und Zahlen des Programms aus der Pilotphase. In diesem Sinne füllt der vorliegende Beitrag eine Lücke, indem er neben allgemeinen Angaben zum Programm auch konkrete Daten zu Profil und Belegung der Kurse im Programm IsF-Alemão bietet und über die Implementierungsphase hinausgeht.

Aus dieser Beobachtung heraus kann begründet werden, dass es sich lohnt, das Programm IsF-Alemão als Beispiel für das Blended Learning näher in den Blick zu nehmen. Das entsprechende methodische Vorgehen dazu wird im folgenden Kapitel dargestellt.

4 Methodisches Vorgehen

Um in der Studie zu IsF-Alemão den eingangs vorgestellten Forschungsfragen nachzugehen, entschieden sich die Autor:innen für die Befragung von Deutschlernenden des Programms mittels eines elektronischen Fragebogens. Das Instrument des Fragebogens wurde unter Rückgriff der bei Daase, Hinrichs und Settinieri (20148 DAASE Andrea, HINRICHS Beatrix, SETTINIERI Julia. Befragung. In: SETTINIERI, Julia et al. (org.). Empirische Forschungsmethoden für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. Paderborn, Ferdinand Schöningh, p. 103-122, 2014.: 103) beschriebenen Vorteile ausgewählt. Entscheidend war zudem die Erreichbarkeit der Studienteilnehmer:innen, die aufgrund der bereits vorhandenen Datenbank der g.a.s.t. gewährleistet war. Außerdem ermöglicht das Format durch den Einsatz von geschlossenen, halbgeschlossenen und offenen Fragen eine Form der Datengewinnung, die für die spätere Analyse sowohl grafisch als auch tabellarisch aufbereitet werden kann. Der Fragebogen erwies sich als besonders geeignet, um die subjektiven Eindrücke der Teilnehmenden in Bezug auf das Erlernen der deutschen Sprache im Blended-Learning-Szenario zu erheben, indem die Innensicht einzelner Individuen (ebd.) fokussiert wird.

Inhaltlich erfolgte die Entwicklung des Fragebogens anhand der Empfehlungen von Porst (201121 PORST Rolf. Fragebogen. Ein Arbeitsbuch. 3. Auflage. Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, 2011.) und in enger Abstimmung mit Expert:innen der DUO bzw. der g.a.s.t. Grundlage waren zunächst die durch die DUO erarbeiteten vorangegangenen Befragungen, die seit Beginn der Kurse (2016) nach jedem Kursdurchlauf zum Zweck der Qualitätssicherung zum Einsatz gekommen waren. Diese Fragebögen wurden durch die Autor:innen erweitert, um Daten zu erheben, die das BL-Szenario umfassend darstellen können, und nochmals mit den Spezialist:innen von DUO und g.a.s.t. abgeglichen. Durch dieses doppelte Peer-Prüfungs-Verfahren wurde sichergestellt, dass die Fragen in passender und angemessener Form ausformuliert und angeordnet waren. Letztendlich umfasste der Fragebogen 34 Fragen (28 geschlossene und 6 offene), die im Programm „Microsoft Forms“ angeordnet und per Link im Internet abrufbar waren.

Zielpublikum des Fragebogens waren alle Teilnehmer:innen des zweiten Kursdurchlaufs im Jahr 2019 (Kurs 2019-2). Die Online-Kurse der DUO begannen am 23. September 2019 und endeten nach einer Laufzeit von zwölf Wochen am 22. Dezember 2019. Den Kursen der Niveaustufe A1.1 vorgeschaltet waren, wie seit Ende der Pilotphase üblich, Präsenztutorien im Umfang von zwei Semesterwochenstunden, die ab dem 9. September liefen und zum Ziel hatten, die Lerner:innen auf den Umgang mit der Lernplattform vorzubereiten, Strategien für das Lernen mit digitalen Medien zu vermitteln und vor allem die soziale Interaktion als Teil des Lernprozesses zu ermöglichen (vgl. Fonseca; Ximenes 20179 FONSECA Jael Glauce, XIMENES José Carlos. O Programa Idiomas Sem Fronteiras - ISF e a formação do professor de Língua Alemã da Universidade Federal da Bahia. Revista Letras Raras, v. 6, n. 1, p. 7-19, 2017.: 11). Die Präsenztutorien liefen während der gesamten Kurszeit weiter und griffen dabei auch Inhalte des Online-Angebots auf. Die Lerner:innen erhielten somit Anregungen von drei Seiten: Über die Online-Plattform der DUO, von den Online-Tutor:innen und über die Präsenztutorien an ihrer jeweiligen Hochschule. Während die DUO-Plattform bereits seit mehr als einem Jahrzehnt genutzt wird, ist die Begleitung des Lernprozesses mit Präsenz-Tutorien spezifisch im IsF-Programm vorgesehen und noch relativ neu: dem Einfluss dieser Präsenzzeiten auf den Lernprozess wurde deswegen in der Umfrage besondere Beachtung geschenkt.

Der Link zum Online-Fragebogen wurde am 18. Dezember 2019 an alle Teilnehmenden des Kursdurchlaufs 2019-2 verschickt, unmittelbar nachdem die Phase der Online-Tutorierung beendet war. Von den 970 Teilnehmer:innen füllten 228 den Fragebogen vollständig aus. Die Rücklaufquote liegt bei 23,5% und ist aufgrund der hohen Fallzahl als repräsentativ anzusehen.

Bei der Erarbeitung des vorliegenden Textes wurden die Antworten auf diejenigen Fragen berücksichtigt, die sich unmittelbar auf die in diesem Aufsatz gestellten Forschungsfragen (insbesondere zum Profil der Lerner:innen und ihren Erfahrungen mit dem Blended-Learning-Szenario) bezogen. Die Analyse und Auswertung der Daten erfolgte bei den geschlossenen Fragen vor allem anhand quantitativer Verfahren, während die Bearbeitung der offenen Fragen durch die Kategorisierung der in den Antworten enthaltenen Informationen und somit, beruhend auf dem Kodierungsprinzip von Mayring (201615 MAYRING Philipp. Einführung in die qualitative Sozialforschung. Eine Anleitung zu qualitativem Denken. 6., überarbeitete Auflage. Weinheim, Beltz, 2016.), qualitativ erfolgte. Die Aussagen der Studienteilnehmer:innen zu allen offenen Fragen wurden von den Autor:innen durchgelesen, um aus den darin enthaltenen Inhalten Kategorien zu bilden. Dieser induktive Prozess der Kategorienbildung (vgl. Mayring 201615 MAYRING Philipp. Einführung in die qualitative Sozialforschung. Eine Anleitung zu qualitativem Denken. 6., überarbeitete Auflage. Weinheim, Beltz, 2016.: 115) ermöglichte eine Datenreduktion, bei der die wesentlichen Inhalte erhalten blieben und gleichzeitig in übersichtlicher Form wahrgenommen und dargestellt werden konnten. Bei der Darstellung der Ergebnisse wurden in der Regel diejenigen Kategorien genannt, auf die sich die meisten Kodierungen aus dem Korpus der Antworten bezogen. Zusätzlich wurden Kategorien berücksichtigt, die nicht sehr häufig eine Kodierung zugeschrieben bekamen, die aber dennoch Einblick in wichtige Aspekte des Blended Learning gewährten und deswegen von den Autor:innen als relevant für die Darstellung erachtet wurden.

5 Darstellung der Ergebnisse

Im Folgenden werden die zentralen Befunde der Befragung vorgestellt und interpretiert. Zur besseren Übersicht werden die Ergebnisse mithilfe von Zwischenkapiteln thematisch gebündelt.

5.1 Kursverteilung und Lernergebnisse

Der IsF-Durchlauf 2019.2, der dieser Studie zugrunde liegt, hatte 970 Kursteilnehmer:innen (im Folgenden: KTN). Das mit fast zwei Dritteln am meisten belegte Kursniveau war „basis-deutsch A1.1“ mit 629 KTN (dies entspricht 64,8%). Diese Anfänger:innenkurse wurden alle von Präsenztutorien begleitet, was bedeutet, dass die Mehrheit der KTN im Rahmen des Programms Erfahrungen mit dem Blended-Learning-Modell gesammelt hat. Das nächstfolgende Kursniveau „basis-deutsch A1.2“ umfasste 254 KTN (26,2%), und somit waren über 90% der Lernenden auf dem Niveau A1. Auf dem Niveau A2.1 gab es 24 und auf dem Niveau A2.2 noch 17 KTN (2,5% bzw. 1,7%). Den „Uni-deutsch-Sprachkurs B1“ haben 46 der KTN belegt (4,7%).

Von der Gesamtzahl der 970 KTN haben am Ende des Kurses 62,7% ein benotetes Zertifikat erhalten und 16,1% eine Teilnahmebescheinigung, während 21,2% den Kurs nicht abgeschlossen haben und somit ohne Nachweis blieben. Die Mehrheit der KTN, die den Kurs erfolgreich abgeschlossen haben, hat ein Zertifikat mit der Note 1 (sehr gut) erhalten. Von den 228 Teilnehmer:innen der Umfrage gaben 198 (bzw. 87%) an, dass sie den Kurs bis zum Ende belegt und somit ein benotetes Zertifikat oder eine Teilnahmebescheinigung bekommen haben. Immerhin 30 (bzw. 13%) Befragte gaben an, dass sie ihre Teilnahme am Kurs vorzeitig abgebrochen haben.

5.2 Zum Profil der Kursteilnehmer:innen

Die Befragten sind Studierende verschiedener Universitäten aus ganz Brasilien. Alle 17 Universitäten, die Deutschkurse im Programm IsF anbieten, sind durch die Befragten vertreten, jedoch mit unterschiedlicher Gewichtung. Die Mehrzahl der Befragten stammt aus dem von deutscher Einwanderung geprägten Süden des Landes, allen voran von den Bundesuniversitäten UFPR (49) und UFSM (27), welche im genannten Durchlauf die höchste Anzahl an Kursplätzen vergeben hatten (158 bzw. 109 Plätze). Die folgende Grafik veranschaulicht die Anzahl der Befragten pro Hochschuleinrichtung:

Grafik 1
Verteilung der Befragten pro Hochschuleinrichtung

Die übergroße Mehrheit der Befragten, nämlich 210 (bzw. 92,1%), waren als Studierende im Programm eingeschrieben, zehn (4,4%) mit dem Status als Dozent:innen und acht (3,5%) als Universitätsmitarbeiter:innen. 84,2% der Befragten waren zwischen 16 und 34 Jahre alt. Fast alle, nämlich 220 (bzw. 96,5%), kommen aus Brasilien, nur acht (bzw. 3,5%) aus dem Ausland. 92 Befragten haben ihr grundständiges Studium noch nicht abgeschlossen. Hinzu kommen 37 Befragte, die ein erstes Studium abgeschlossen haben, 36 Masterstudent:innen, 16 Absolvent:innen mit MA-Abschluss, 35 Doktorand:innen, sieben Doktor:innen und drei Befragte, die schon einen Postdoc absolviert haben. Die meisten Lernenden studier(t)en oder arbeiten in den Bereichen der Naturwissenschaften, Geisteswissenschaften, MINT-Fächern und (angewandten) Sozialwissenschaften. Grafik 2 zeigt die Verteilung der Teilnehmenden nach den verschiedenen Fachgebieten.

Grafik 2
Fachgebiete der IsF-Lernenden

Bezüglich der Zeit, die die Lernenden außerhalb des Kurses noch anderen beruflichen oder akademischen Aktivitäten widmeten, haben 104 der Befragten eine Arbeitsbelastung zwischen einer und zehn Stunden pro Woche angegeben, 45 zwischen 11 und 20 Stunden sowie 79 von 21 Stunden oder höher. Diese Angabe ist nicht banal, erklärt sie doch zum Teil die Antworten bei den Abbrecher:innen des Programms.

Auf die Frage, ob die Befragten bereits vor ihrer Teilnahme am Programm Erfahrungen mit dem Fremdsprachenlernen im außerschulischen Kontext gesammelt hatten, antworteten 208 (91%) mit „ja“, nur 20 Studienteilnehmer:innen gaben an, vorher keine Fremdsprachen gelernt zu haben. Die folgende Grafik veranschaulicht weiterhin, welche Online-Angebote diejenigen KTN in Anspruch genommen haben, die bereits über Erfahrung mit dem Fremdsprachenlernen verfügten, um ihre Fremdsprachenkenntnisse zu vertiefen. Diese Ergebnisse decken sich mit neueren Erkenntnissen zum Einsatz von Apps und Sprachlernprogrammen (vgl. z. B. Voerkel; Bolacio 202034 VOERKEL Paul, BOLACIO Ebal. Zu Verwendung und Potenzial von Online-Lernprogrammen und Apps: Erfahrungen und Erwartungen von angehenden DaF-Lehrkräften aus Brasilien. Revista Linguagem & Ensino, v. 23, n. 2, 2020.).

Grafik 3
Bereits wahrgenommene Online-Angebote für das Fremdsprachenlernen

Zudem gaben 63% der Befragten an, vor ihrer Teilnahme am IsF-Programm nicht über Deutschkenntnisse verfügt zu haben, während 37% auf Vorkenntnisse zurückgreifen konnten. Von den 37% erwähnten 42 KTN, an Sprachschulen gelernt zu haben, während 33 Befragte angaben, ihre Deutschkenntnisse durch autonomes Lernen erworben zu haben. Diese Zahlen unterstreichen die Tatsache, dass Deutsch als Schulsprache wenig verbreitet ist und deswegen häufig im privaten Kontext oder in Kursen der Erwachsenenbildung vermittelt wird (vgl. Voerkel 201733 VOERKEL Paul. Deutsch als Chance. Ausbildung, Qualifikation und Verbleib von Absolventen brasilianischer Deutschstudiengänge. Disertationsschrift . Jena: ThULB, 2017. Abrufbar unter: https://www.db-thueringen.de/receive/dbt_mods_00033644 (22.05.2020): 53). Die Gründe, die diese Befragten für die Einschreibung im IsF-Programm angaben, waren hauptsächlich ein bereits vorhandenes allgemeines Interesse oder Neugier an der Sprache und die Chance, in deutschsprachigen Ländern zu studieren oder zu arbeiten. 67 nannten explizit Deutschland als Zielland, Österreich wurde einmal erwähnt und dreimal „deutschsprachige Länder“ im Allgemeinen. Andere oft genannte Gründe waren die Investition in bessere berufliche und akademische Chancen in der Zukunft, das Interesse an Fremdsprachen, die Möglichkeit, einen sehr guten Sprachkurs flexibel und umsonst zu besuchen und die eigene menschliche Entwicklung zu fördern. Die eigene deutsche Abstammung wurde, anders als dies aufgrund der starken deutschsprachigen Einwanderung vielleicht zu erwarten gewesen wäre, nur von zehn Befragten erwähnt.

5.3 Erfahrungen mit dem Blended-Learning-Format

Die Einschätzung der Hauptkomponenten des Blended-Learning-Modells (Lernplattform, Online- und Präsenz-Tutorierung) im IsF-Programm bildete den Schwerpunkt der Befragung.

Bei der Eingangsfrage nach der Unterstützung des Lernprozesses gaben 67,5% der Befragten an, die Lernplattform habe im Laufe des Semesters sehr zu ihrem Lernprozess beigetragen, und weitere 28,9% bestätigten einen allgemein positiven Effekt auf das Lernen. Neutrale bis negative Aussagen waren hingegen selten: Lediglich 2,2% der Befragten meinten, die Lernplattform hätte nicht zum Spracherwerb beigetragen, ganze 0,4% stellten keinen Unterschied fest und weitere 0,9% konnten das nicht einschätzen. Auch hinsichtlich des Zufriedenheitsgrades mit der Lernplattform DUO wurde eine direkte Frage gestellt: „Auf einer Noten-Skala von 0 bis 10, wie ist der Zufriedenheitsgrad in Bezug auf das Erlernen der deutschen Sprache durch die Lernplattform DUO?“ Die Antworten auf diese Frage ergaben den Notendurchschnitt 7,8 und damit ein gutes Ergebnis.

In Bezug auf die Online-Begleitung ist die Einschätzung der KTN ebenfalls überwiegend positiv, denn 68,9% gaben an, die Online-Tutorierung hätte sehr viel zu ihrem Lernprozess beigetragen, und weitere 25,9% gaben eine grundsätzlich positive Rückmeldung - damit bewerteten fast 95% der KTN die Interaktion mit den Online-Tutor:innen als positiv. Die neutralen bzw. negativen Einschätzungen sind im Vergleich niedrig, denn nur 2,2% der Befragten meinten, die Online-Tutorierung hätte überhaupt nicht zum Spracherwerb beigetragen, laut 1,8% ergab sie keinen Unterschied gemacht, und 1,3% konnten keine Einschätzung liefern.

Ein weiteres zentrales Element des BL in den Deutschkursen des IsF-Programms auf Niveau A1.1 ist der Präsenzunterricht. In Hinblick auf diesen meinten 56,1% der Befragten, er hätte sehr zum Lernerfolg beigetragen, und weitere 21,9% waren der Meinung, er habe diesen unterstützt. Damit erachteten 78% der KTN die Präsenztutorien für wichtig oder sehr wichtig. Stärker noch als bei der Einschätzung der Lernplattform waren die Teilnehmenden grundsätzlich mit der Betreuung zufrieden: Auf einer Skala von 0 bis 10 ergab sich ein Durchschnittswert von 8,5.

In Hinblick auf die allgemeinen Rückmeldungen zu den Komponenten des BL lässt sich somit sagen, dass die Lernplattform von mehr als 95% der KTN als grundlegend für den Lernerfolg angesehen wurde, während dies für den Präsenzunterricht nur 78% behaupteten. Gleichzeitig liegt die Zufriedenheit mit den Präsenztutorien etwas höher als mit der DUO-Plattform. Beide Befunde sind nicht überraschend, da die Arbeit mit der Lernplattform den deutlich höheren Zeitaufwand darstellte (bis zu acht Stunden pro Woche), gleichzeitig aber die soziale Interaktion bei Lernenden eine große Rolle spielt (vgl. u. a. Pust 201922 PUST Daniel. Integrationsmechanismen des Blended Learning im Fremdsprachenunterricht. Eine explorative Fallstudie. Info DaF, v. 46, n. 5, p. 586-601, 2019.).

Bei einem genaueren Blick auf die Rückmeldungen der KTN zeigt sich, dass die meisten erwähnten negativen Aspekte unter den Komponenten des Kurses die Lernplattform betreffen. Unter den Nennungen haben 52 Befragte auf technische Probleme und eine wenig intuitive Gestaltung der DUO-Plattform verwiesen, zudem nannten 10 KTN spezifische Fehler in den Korrekturen und automatischen Feedbacks der selbstkorrigierenden Übungen. Immerhin 32 KTN hätten die eigene Leistung und Lernfortschritte gern durch ein Dashboard mit erledigten und noch nicht erledigten Aktivitäten dokumentiert, das bisher auf der Plattform nicht zu finden sei. Bei aller Kritik überwiegen in Hinblick auf die Lernplattform jedoch letztendlich bei weitem die positiven Rückmeldungen.

Aufschlussreich ist, dass sich die KTN bei allen Fragen und Unsicherheiten rund um die Lernplattform sowohl an die Online- als auch an die Präsenztutor:innen wendeten - diese sollten mögliche Unzulänglichkeiten der Plattform kompensieren. Die meistgenannten positiven Aspekte des Kurses waren somit auch die Unterstützung durch die Online Tutorierung (81 Nennungen) und die Präsenzlehrkraft (64 Nennungen). Explizit erwähnten 36 Befragte die Klärung von inhaltlichen Fragen durch die Online-Tutor:innen und die damit verbundene Relevanz für den Lernprozess. Für die Klärung von Fragen und Erläuterungen der grammatikalischen Inhalte sei laut Aussage von 69 KTN besonders das Präsenztutorium wichtig, und 46 KTN gaben an, dass man im Präsenzunterricht die Lerninhalte und/oder die Plattform selbst besser verstehen kann. Laut der Meinung von 27 Befragten sollte der Präsenzunterricht nicht nur auf dem Niveau A1.1, sondern auch auf allen anderen Niveaustufen angeboten werden.

5.4 Gründe für den Abbruch des Programms

Das Lernen im Programm IsF-Alemão erscheint vor allem dann sinnvoll, wenn die Kurse jeweils bis zum Ende belegt werden und Interesse an einem Folgekurs besteht. Insofern ist es wichtig sich die Abbrecher:innenquote anzuschauen und die Gründe für einen Abbruch näher zu beleuchten.

Während die Abbrecher:innenquote im gesamten Kursdurchlauf 2019-2 bei 21% lag, war die Rate unter den Befragten niedriger: 30 Personen (also 13,1%) gaben an, den Deutschkurs während des Semesters abgebrochen zu haben. Die Gründe dafür sind unterschiedlicher Natur: 21 der KTN meinten, sie hätten die hohe Arbeitslast des Deutschkurses nicht mit dem Studium bzw. der Arbeit vereinbaren können. Dies ist insofern nicht überraschend, als die Mehrzahl der brasilianischen Studierenden nebenbei arbeitet, und deckt sich mit der Angabe von 50 KTN, die die Arbeitsbelastung als „hoch“ einschätzten. Vier KTN meinten klar, dass das vorgesehene Pensum nicht in der vorgegebenen Zeit, nämlich in drei Monaten, zu bewältigen sei. Eventuell könnte es also sinnvoll sein, die Zeit zur Bearbeitung der Inhalte auf der Lernplattform noch mehr auszudehnen, sodass die KTN auch in den Semesterferien Zeit hätten, das jeweilige Niveau erfolgreich zu beenden. Allerdings muss beachtet werden, dass der Wunsch nach längeren Kurslaufzeiten - und damit einer flacheren Progression - nur von einzelnen KTN geäußert wurde.

Wichtiger noch als die Kurslaufzeit ist sicher die Vermittlung von Lernstrategien, wie etwa das Erstellen eines eigenen Zeitplans oder auch die Vergegenwärtigung von Lernzielen, für den erfolgreichen Verlauf des Lernprozesses förderlich. Solche Maßnahmen werden bereits im Präsenzunterricht auf der Niveaustufe A1.1 bearbeitet, jedoch haben einige Lerner:innen offenbar auch darüber hinaus Schwierigkeiten, den eigenen Lernprozess effektiv zu gestalten.

Weitere neun KTN gaben an, sie hätten den Kurs aufgrund persönlicher Probleme abgebrochen. Weiterhin erwähnenswert sind die Einzelnennungen bezüglich der eigenen Schwierigkeit, autonom zu lernen, oder auch hinsichtlich der Tatsache, dass die Lernplattform nicht über Tablet oder Smartphone abgerufen werden kann. Diese Kritik über die Inkompatibilität mit heutzutage nicht mehr aus dem Alltag wegzudenkenden mobilen Geräten deutet auf die Notwendigkeit hin, die Lernplattform auf dem neuesten technischen Stand zu halten und ggf. weiter an der Konnektivität zu arbeiten. Gleichzeitig birgt die Arbeit mit mobilen Endgeräten das Risiko, dass die Lernenden der Vorstellung folgen, sie könnten die Sprache quasi „nebenbei“ und mittels der Erledigung einiger Einsetz übungen erwerben.

5.5 Anregungen von Seiten der Kursteilnehmer:innen

Bei der offenen abschließenden Frage, mit der alle Befragten ermutigt wurden, sich frei zu äußern und Anmerkungen, Vorschläge, Lob oder Kritik zu hinterlassen, sind vielfältige Aspekte genannt worden.

Quantitativ gesehen ist es deutlich, dass ganze 64 Nennungen hinsichtlich der bereits erwähnten Kritikpunkte an der DUO-Plattform erfolgten (technische Schwierigkeiten, Dokumentation des Lernwegs) und diese damit an erster Stelle der Rückmeldungen stehen. Zudem wünschen sich 27 der Befragten mehr Erläuterungen zu Übungen und Inhalten der Plattform. Mehr Präsenzunterricht und Face-to-Face-Interaktion wünschen sich 16 bzw. 10 der KTN.

Neben der Lernplattform wurde vor allem das Arbeitspensum thematisiert. So erwähnten 34 KTN, dass die Anzahl der Aufgaben zu hoch sei, der Lernstoff könne in dem geplanten Ausmaß gar nicht bewältigt werden. Weitere 12 Befragte stuften den vorgeschlagenen Zeitplan als problematisch ein: die Verteilung der Aktivitäten sei unpassend bzw. der Kurs müsse länger dauern. Viele sehen also eine Be- bzw. Überlastung durch die Kursteilnahme. Andererseits schlagen 7 Befragte vor, dass zusätzliche Übungen und Lehrmaterialien zur Verfügung gestellt werden sollten.

Insgesamt ist die Betrachtung des Programms trotzdem deutlich positiv: 45 KTN loben das IsF-Programm explizit und 38 weitere Personen bedanken sich für die einmalige Chance, Deutsch überhaupt lernen zu können. Es gibt daneben auch 21 Befragte, die die Plattform positiv bewerten. Lob erhalten ebenso Online-Tutor:innen (29 Mal) und Präsenztutor:innen (27 Mal). Insofern ist wenig überraschend, dass 19 KTN die Fortführung vom Angebot des Präsenztutoriums im Modul A2.1 einfordern. Anerkennung finden auch die Wechselbeziehungen in der eigenen Lerngruppe (3 Äußerungen) sowie die Qualität des Lehrwerks „Schritte“ (2 Äußerungen), das allerdings ab dem Intake 2019.2 nicht mehr eingesetzt und stattdessen von spezifischen Materialien zur Vernetzung von Online- und Präsenzlernen ersetzt wurde.

Vereinzelte Meinungen sind außerdem: die Pause zwischen einem Intake und dem folgenden sei allzu lang, ein brasilianisches Lehrwerk sollte für den Präsenzunterricht konzipiert werden, und die anderen deutschsprachigen Länder sollten im DUO-Kurs mehr Beachtung finden. Eine Person kritisierte die hauptsächliche Nutzung von Online-Materialien im Programm; drei KTN würden hingegen lieber auf den Präsenzunterricht verzichten.

6 Zusammenfassung und Ausblick

Die vorliegende Studie untersucht das Blended-Learning-Szenario am Beispiel der Deutschkurse im Rahmen des Programms IsF-Alemão. Die erhobenen Daten in Bezug auf das Profil der Lerner:innen verdeutlichen, dass es sich überwiegend um ein studentisches Publikum auf Bachelorniveau handelt. Die Kursteilnehmer:innen möchten schon während des grundständigen Studiums ihre Fremdsprachenkenntnisse vertiefen, denn in der Regel wird erst dadurch der internationale akademische Austausch möglich, wodurch sich wiederum die späteren Berufschancen deutlich erhöhen. Das Profil der KTN weist hinsichtlich der vertretenen Studienfächer eine große Vielfalt auf. Die Mehrzahl der Studierenden absolvieren ein Studium in den Natur- oder Geisteswissenschaften, dennoch ist die Anzahl der Studierenden aus den Bereichen der MINT-Fächer, Sozialwissenschaften oder auch Gesundheitswissenschaften nicht unbedeutend. Das Angebot von Deutschkursen im Programm erreicht also Studierende aus unterschiedlichen Fachrichtungen und hat somit das Potential, die Internationa lisierung der Universitäten fächerübergreifend zu fördern.

Ungeachtet der großen Herausforderungen an den schulischen Fremdsprachen-unterricht in Brasilien verfügt die Mehrzahl der Befragten bereits über einschlägige Erfahrungen mit dem Erlernen von Fremdsprachen und mit der Nutzung von digitalen bzw. Online-Medien für die Vertiefung ihrer Fremdsprachenkenntnisse. Durch das Angebot von Deutschkursen im Blended-Learning-Modell knüpft IsF-Alemão an diese Vorerfahrungen an. Das autonome Lernen auf der virtuellen Lernplattform kommt der stetigen Tendenz der Internetnutzung im Bildungsbereich entgegen, sie wird aber gleichzeitig durch die Betreuung von Online- und Präsenztutorierung ergänzt, begleitet die Lernenden bei ihrem Lernprozess und trägt zu einer Verbesserung ihrer digitalen Kompetenz bei.

Die Ergebnisse der Erhebung zeigen, dass die KTN ihren Lernprozess bewusst begleiten (können) und die zur Verfügung stehenden Materialien und Möglichkeiten aufmerksam und durchaus auch kritisch wahrnehmen. Gleichzeitig wird deutlich, wie offen die Lernenden für das BL-Setting sind, in denen ihnen eine größere Verantwortung für den eigenen Lernprozess zufällt. Trotz einiger technischer Schwierigkeiten mit der DUO-Plattform, die in Reaktion auf das Feedback der KTN nach und nach gelöst werden, und einem großen Zeitaufwand, der notwendig ist, um das Pensum im vorgesehenen Zeitraum zu bewältigen, fallen die Rückmeldungen zu einem großen Teil sehr positiv aus. Dass die KTN fast ausnahmslos bereit sind, sich auf das BL-Setting einzulassen, sowie ihre im Rahmen der Studie dokumentierte wohlwollende Einschätzung des IsF-Programms, spricht generell für seine Fortführung, denn fremdsprachliche Kompetenzen sind in der heutigen vernetzten Welt für die internationale wissenschaftliche Kooperation unabdingbar. Daher sollte die Vermittlung von Fremdsprachenkenntnissen als fester Bestandteil einer Internationalisierungspolitik angesehen werden. Das Programm setzt in dieser Richtung einen Meilenstein im brasilianischen Hochschulsystem, nicht nur weil durch IsF das systematische, kostenlose und hochwertige Angebot von Fremdsprachenkursen von staatlicher Seite gefördert wird, sondern auch weil Entscheidungsträger an vielen Universitäten des Landes durch die Gründung und Implementierung des Programms die Notwendigkeit erkannt haben, eine längerfristig durchdachte Sprachenpolitik zu entwickeln und zu etablieren.

Nicht zu übersehen ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass das IsF-Programm über die Tutorien und das entsprechende Setting auch neue Handlungsräume für die Ausbildung von (Deutsch-)Lehrer:innen an den Germanistikabteilungen Brasiliens eröffnet. Damit fällt den Universitäten eine wichtige Aufgabe zu: Die positive Einschätzung des BL-Formats bekräftigt einmal mehr, dass es in Zukunft immer wichtiger sein wird, Deutschlehrkräfte auch im Bereich des Online-Lernens auszubilden und auf hybride Lernumgebungen vorzubereiten. Der Grundstein dazu sollte bereits während des grundständigen Lehramtsstudiums gelegt werden, wo es wichtig ist, dass die Studierenden mit Programmen zum Deutschlernen (seien dies Apps oder vollständige Programme) in Kontakt kommen (vgl. dazu Voerkel; Bolacio 202034 VOERKEL Paul, BOLACIO Ebal. Zu Verwendung und Potenzial von Online-Lernprogrammen und Apps: Erfahrungen und Erwartungen von angehenden DaF-Lehrkräften aus Brasilien. Revista Linguagem & Ensino, v. 23, n. 2, 2020.: 444, 449). Ein Beispiel dafür ist die Beschreibung von Fonseca und Ximenes (20179 FONSECA Jael Glauce, XIMENES José Carlos. O Programa Idiomas Sem Fronteiras - ISF e a formação do professor de Língua Alemã da Universidade Federal da Bahia. Revista Letras Raras, v. 6, n. 1, p. 7-19, 2017.) zur Umsetzung dieser Inhalte an der Bundesuniversität von Bahia (UFBA), die seit Beginn Teil des Netzwerks von IsF-Alemão ist. Hier wird - wie aus vielen anderen Berichten auch - deutlich, wie wichtig die Rolle der Präsenztutoren für das Gelingen des Lernprozesses ist. Entsprechend groß ist die Relevanz, Inhalte bezüglich des digitalen Lernens auch in die Lehrkräfteausbildung zu integrieren. Wie dies gelingen kann (bspw. unter Einbezug des europäischen Rahmenplans DigiCompEdu und der bewussten Verschränkung von Theoriebildung und Anwendung) beschreibt bspw. Cani (20207 CANI Josiane Brunetti. Proficiência digital de professores: competências necessárias para ensinar no século XXI. Revista Linguagem & Ensino, Pelotas, v. 23, n. 2, p. 402-428, 2020.).

In dieser Hinsicht bietet das Programm Idiomas sem Fronteiras auch über den gegenwärtigen Zeitpunkt hinaus eine Fülle von Anregungen, die es in weiteren Studien zu untersuchen gilt. So würde es sich zweifelsohne lohnen, die DUO-Lernplattform - gerade auch in Hinblick auf die spezifische Lernsituation in Brasilien - nach didaktischen und organisatorischen Gesichtspunkten genauer zu betrachten. Bisher weitgehend offen ist auch die Frage, wie die Lernenden ihren Lernprozess selbst gestaltet haben, und inwieweit das Blended Learning-Szenario somit zu einer Ausbildung des autonomen Lernens beitragen kann. Ein weiterer Punkt ist schließlich die Arbeit der Online- und Präsenztutor:innen für die eigene Herausbildung einer integrierten medialen und Online-Lehrkompetenz. Der Blended Learning-Ansatz des Programms gibt somit Anlass für weitere Erhebungen, die in maßgeblichem Umfang dazu beitragen können, das Fach Deutsch im universitären Kontext weiterzuentwickeln und eventuell sogar noch stärker auszubauen.

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  • 4
    Die Auflistung der Autoren erfolgt alphabetisch nach dem Prinzip des EC-Modells ("equal contribution"). Es wird gebeten, dass bei bibliographischen Angaben des Aufsatzes alle Autoren genannt werden.
  • 5
    . Der Name des Programms in deutscher Übersetzung - „Sprachen ohne Grenzen“ - wird zwar DAAD-intern verwendet, im Kontakt mit den internationalen Partnern wird jedoch in der Regel die originale Bezeichnung beibehalten. Deswegen wird auch in diesem Text der Name „Idiomas sem Fronteiras“ benutzt.
  • 6
    . Die Tutor:innen der Präsenzkurse sind in der Mehrheit Germanistik-Studierende der beteiligten Hochschulen (vgl. dazu FONSECA; XIMENES 20179 FONSECA Jael Glauce, XIMENES José Carlos. O Programa Idiomas Sem Fronteiras - ISF e a formação do professor de Língua Alemã da Universidade Federal da Bahia. Revista Letras Raras, v. 6, n. 1, p. 7-19, 2017.: 9). Zum Teil wurden auch Studierende anderer Fächer gewonnen; zudem werden die Präsenztutorien an einigen Standorten von Lehrassistent:innen unterstützt, jungen Nachwuchskräften mit DaF-Hintergrund, die gemeinsam von CAPES und DAAD mit einem Stipendium über einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren gefördert werden.
  • 7
    . Die Notenskala umfasst die Noten 1 (sehr gut), 2 (gut), 3 (befriedigend), 4 (ausreichend), 5 (mangelhaft) und 6 (ungenügend). Die Mindestnote für das Erhalten eines benoteten Zertifikats ist 4. Mit den Noten 5 oder 6 bekommen Lernende eine Teilnahmebescheinigung.
  • 8
    . Die in Brasilien gebräuchlichen Abkürzungen der Universitäten werden an dieser Stelle nicht extra aufgelöst. Die Einrichtungen können unter dem Kürzel problemlos im Internet gefunden werden; eine Tabelle finden sich in der Forschungsliteratur Tabellen mit den kompletten Namen und Standorten (vgl. z. B. VOERKEL 2017: 452).
  • 9
    . Grundlage dieser Kategorisierung ist die Fächerliste des brasilianischen Wissenschaftsrates CNPq.
  • 10
    . Das brasilianische Notensystem in Schule und Universität beruht auf der Einteilung von 0 bis 10 (wobei 10 die Bestnote darstellt). Die Befragten waren also mit dieser Einteilung vertraut.
  • 11
    . An dieser Stelle ist anzumerken, dass DUO in dieser Hinsicht graduell Anpassungen vornimmt und dass in einigen Monaten eine neue, modernisierte Version der Plattform zur Verfügung stehen wird.

Publication Dates

  • Publication in this collection
    01 Feb 2021
  • Date of issue
    Jan-Apr 2021

History

  • Received
    24 May 2020
  • Accepted
    17 Aug 2020
Universidade de São Paulo/Faculdade de Filosofia, Letras e Ciências Humanas/; Programa de Pós-Graduação em Língua e Literatura Alemã Av. Prof. Luciano Gualberto, 403, 05508-900 São Paulo/SP/ Brasil, Tel.: (55 11)3091-5028 - São Paulo - SP - Brazil
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