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Deutsche Kolonialerinnerung aus kamerunischer Sicht: zwischen Vergangenheitsbewältigung und Beziehungsverflechtung

German Colonial Memory from a Cameroonian Perspective: Between Past Coping and Relationship Interweaving

Zusammenfassung

Lange Zeit schien der Kolonialismus im Geschichtsbewusstsein der Deutschen eine nebengeordnete bzw. beiläufige Rolle zu spielen und die Beteiligung Deutschlands am Kolonialprozess wurde wenig Achtung geschenkt. Erst die Entstehung einer schwarzafrikanischen postkolonialen Literatur in Deutschland hat dazu beigetragen, die Kolonialerfahrung als gemeinsames Erbe zwischen Deutschen und Afrikanern sichtbar zu machen. Im Mittelpunkt von Texten afrikanischer Autoren in deutscher Sprache steht das Zurückschauen auf vergangene Ereignisse, die aus verschiedenen Perspektiven thematisiert werden. Der vorliegende Beitrag untersucht am Beispiel von zwei kamerunischen Texten die Erinnerung an die deutsche Kolonialvergangenheit. Diese postkoloniale Aufarbeitung der Kolonialerinnerung, wie sie von Daniel Mepin und Philomène Atyame dargestellt wird, kreist um Vergangenheitsbewältigung und gegenseitige Kulturannäherung. Um dieses Ziel zu erreichen, bieten Jan und Aleida Assmann mit dem Begriff „Kulturgedächtnis“ theoretische Grundlagen, die meine Überlegung plausibler machen können.

Stichwörter:
Kolonialerinnerung; Kolonialgedächtnis; Kulturaneignung; Vergangenheits-bewältigung

Abstract

For a long time, colonialism seemed to play a sidelined or incidental role in Germans' historical consciousness and little attention was paid to Germany's involvement in the colonial process. Only the emergence of a black African postcolonial literature in Germany has helped to make the colonial experience visible as a common heritage between Germans and Africans. The focus of texts written by African authors in German is to look back at past events, which are thematized from different perspectives. The present article examines the memory of the German colonial past with the example of two Cameroonian texts. This postcolonial reappraisal of colonial memory, as presented by Daniel Mepin and Philomène Atyame, revolves around coping with the past and mutual cultural rapprochement. To achieve this goal, Jan and Aleida Assmann use the term "cultural memory" to provide theoretical foundations that can make my thinking more plausible.

Keywords:
Colonial remembrance; Colonial memory; Cultural appropriation; Coping with the past

1 Einführung

Lange Zeit schien der Kolonialismus im Geschichtsbewusstsein der Deutschen und in der deutschen Geschichtsschreibung nach 1945 eine nebengeordnete und beiläufige Rolle zu spielen. Wenn auch die deutsche Kolonialzeit (1884-1914) von kurzer Dauer war, so waren die Deutschen an Landenteignung, Ausbeutung und an Völkermord doch ebenso beteiligt wie die anderen europäischen Kolonialnationen. Allmählich scheint diese „koloniale Amnesie2 2 Der deutsche Historiker Jürgen Zimmerer hat den Begriff „Kolonialamnesie“ geprägt. Er geht davon aus, dass historiografisch ein wachsendes Interesse am deutschen Kolonialismus in transnationaler Perspektive festgestellt werden kann. Was man lange als "exotisches Nischenthema" und als Problem der anderen europäischen Staaten wahrgenommen habe, sei nun endgültig zum Thema von Politik und Öffentlichkeit geworden. Zimmerers Reflexion trägt zur Gedächtnisgeschichte Deutschlands bei. Der Historiker legt den Grundstein für eine multiperspektivische Auseinandersetzung mit dem deutschen Kolonialismus und seinen materiellen, politischen und mentalen Nachwehen. Siehe dazu Zimmerer, Jürgen (Hg.) „Kein Platz an der Sonne“. Erinnerungsorte der deutschen Kolonialgeschichte, Frankfurt/M.: Campus, 2013. “ zu verschwinden und die Kolonisation wird auf deutscher Seite zum allgegenwärtigen Thema. Als Beispiel für diese „postkoloniale Bewusstmachung“ sei an die Rede der deutschen Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul am 11. August 2004 zu ihrer Reise in Namibia erinnert, um dort am Gedenken an die Niederschlagung des Herero-Nama-Aufstandes vor 100 Jahren teilzunehmen. Die Ministerin hat sich im Namen der Bundesregierung für Untaten der damaligen „Schutztruppen“ entschuldigt3 3 Für ausführliche Informationen über diese Rede in Namibia siehe <http://www.ag-friedensforschung.de/regionen/Namibia/100-jahre.html> (11/03/2018). . Der Veränderung dieses historischen Bewusstseins liegt die These zugrunde, dass die Kolonialgeschichte eine interkulturelle Begegnung war. Postkoloniale Ansätze haben maßgeblich dazu beitragen, die interkulturelle Dimension der Kolonisation ans Licht zu bringen, wobei Austausch und Interaktion über regionale und nationale Grenzen betont werden. Ibrahima Diagne (2010Diagne, Ibrahima. Gedächtnis, Erinnerung und Identität. In: Mont Cameroun. Afrikanische Zeitschrift für interkulturelle Studien zum deutschsprachigen Raum. Dschang: Dschang University Press , 2010, p. 5-17. : 9) meint dazu: „Die Neubewertung der kolonialen Vergangenheit bzw. des kolonialen Gedächtnisses steht in Verbindung mit der postkolonialen Theorie, die sich u.a. als Beitrag zur Verdeutlichung kultureller Dominanzverhältnisse in Geschichte und Gegenwart versteht.“ Als Rahmen interkultureller Erinnerung bilden kamerunische Texte in deutscher Sprache einen medialen Ort, in dem die Kolonialzeit inszeniert wird.

Der vorliegende Aufsatz versucht aus einer kamerunischen Perspektive die deutsche Kolonialvergangenheit zu rekonstruieren. Am Beispiel Daniel Mepins „Die Weissagung der Ahnen“ (1997Mepin, Daniel. Die Weissagung der Ahnen. Roman aus Kamerun, Unkel/Rhein: Horlemann, 1997.) und Philomène Atyames „Abengs Entscheidung“ (2002Atyame, Philomène. Abengs Entscheidung. Eine schwarz-weiße Liebe in Kamerun. Roman. Oberhausen: Athena-Verlag, 2002.) wird gezeigt, dass Deutschland und Kamerun durch den kolonialen Kontakt in vielfältigen und gegenseitigen Austauschbeziehungen standen4 4 Die deutsch-kamerunische Beziehung unter dem Blickwinkel des Kolonialismus ist ein viel behandeltes und ein langfristiges Thema in der kamerunischen Literatur, sei es in französischer, in englischer oder in deutscher Sprache. Autoren wie Réné Philombe mit seinem Roman Un sorcier blanc à Zangali (1969), Jean Ikellé-Matiba mit Cette Afrique là (1963), Paul Tchakouté mit dem Theaterstück Samba: une tragédie coloniale en cinq actes (1980); Bolé Butake und Gilbert Doho mit Zintgraff and the Battle of Mankon (2002) und Azanwi Nchamis Foot Prints of Destiny (2009) haben diese koloniale Erfahrung thematisiert. Daniel Mepin und Philomène Atyame widmen sich auch diesem Thema, aber mit Migrationshintergrund. Sie sind Nachwuchs der ersten Kolonialmigranten im deutschen Reich und ihre Romane beschreiben das Wiederaufbeleben der Kolonialzeit in der postkolonialen Ära. . Um es pointiert auszudrücken, möchten wir zeigen, wie Mepin und Atyame Figuren inszenieren, die die Narben der Kolonisation überwinden, um sich um intensive Annäherung an jeweilige Kulturen zu bemühen. Die Tradierung von Geschichte und die Konstruktion von Vergangenheitsbildern, wie sie von Daniel Mepin und Philomène Atyame geschildert werden, tragen dazu bei, Kolonialmissverständnisse zu bewältigen und den Blick auf gegenseitige Verständigung zwischen Kolonisatoren und Kolonisierten zu richten. Zuerst präsentiere ich die beiden Romane.

Daniel Mepins Roman „Die Weissagung der Ahnen“ (1997Mepin, Daniel. Die Weissagung der Ahnen. Roman aus Kamerun, Unkel/Rhein: Horlemann, 1997.) kreist um die Geschichte von Taga Sino, einem jungen Kameruner, der zuerst die Befreiungskämpfe gegen die französische Kolonialverwaltung erlebt und später ein Stipendium bekommt, um in der DDR zu studieren. In Deutschland verliebt er sich in Tania, die er schließlich heiratet. Das Eheglück endet jedoch mit der Festnahme Tagas in Kamerun und den daraus folgenden Schwierigkeiten. Das Gefühl, ein Pendler zwischen Kamerun und Deutschland zu sein, lässt ihn nicht mehr los. Sein Leben erscheint ihm nach der Scheidung von seiner Frau als ziellos, weil er seine Kultur verloren hat oder, anders gesagt, weil er seinen Platz in Deutschland nicht mehr findet. Die Verbindung von afrikanischer Tradition und europäischer Moderne, die vor allem in der afrikanischen Literatur der 50er und 60er Jahre sehr prägnant ist, wird innerhalb des Romans in der Figur von Tafe (Tagas Vater) thematisiert. Dieser erscheint als Hüter traditioneller Werte.

Abengs Entscheidung“ (2002) ist Philomène Atyames erster Roman. Darin erzählt sie die Liebesgeschichte einer schwarzen Frau mit einem weißen Mann: Manfred, einem deutschen Elektrotechniker und einer kamerunischen Studentin, Abeng. Die Geschichte spielt hauptsächlich in Rio dos Camaroes (der Name, den die portugiesischen Seefahrer diesem Territorium im 15. Jahrhundert gaben), wo Manfred als Entwicklungshelfer tätig ist. Abeng, eine Hobby-Malerin, nimmt ihre Inspiration von den tanzenden schwarz-weißen Paaren, die man in „Kontchupé“, einer Diskothek, trifft. Zwischen Manfred und Abeng ist es Liebe auf den ersten Blick. Diese Liebe entwickelt sich zu einer ersten Beziehung und endet mit einer Märchenhochzeit, an der beide Familien teilnehmen. Dafür müssen Manfred und Abeng einige Hürden überwinden, um das Einverständnis ihrer Väter zu erhalten. Die Autorin plädiert für eine gemischt rassische Ehe über kulturelle Grenzen hinweg.

Es geht in dieser Arbeit, wie schon angedeutet, um die literarische Aufarbeitung der Kolonialerfahrung in den gewählten Romanen. Die Problematik der Kolonialerinnerung und der Vergangenheitsbewältigung legt die Überlegung nahe, dass die Deutungen des deutsch-kamerunischen interkulturellen Gedächtnisses bestimmte Merkmale aufweisen. Die unterschiedlichen Figuren beider Texte pendeln zwischen Kamerun und Deutschland und verfügen somit über ein bestimmtes Wissen beider Kulturen. Welches Wissen wird von der deutsch-kamerunischen Kolonialzeit vermittelt? Wie werden individuelle Erinnerungen und kollektive Geschichtszusammenhänge eingebunden? Welches deutsch-kamerunische Gedächtnis besteht zwischen Vergangenheit und Gegenwart? Wie gehen die Textfiguren damit um? Dies sind die Hauptfragen, auf die wir im Folgenden eine Antwort finden werden.

Da in diesem Aufsatz die Rede von „Erinnerung“ und „Gedächtnis“ ist, operiert die Arbeit mit Begriffen der Gedächtnisforschung, nämlich mit dem Begriff „kulturelles Gedächtnis“. Dieses Konzept wird in Anlehnung an Jan und Aleida Assmann gebraucht5 5 Ausgangpunkt der Cultural Memory Studies sind die Leitarbeiten des französischen Soziologen Maurice Halbwachs (1877-1945) über das „kollektive Gedächtnis“. Im Wesentlichen geht es bei ihm um die Vorgänge der Erinnerungen, die in sozialen Bezugsrahmen gefestigt und aufbewahrt werden. Halbwachs unterscheidet dabei das individuelle und das kollektive Gedächtnis und richtete den Fokus auf die Zusammenhänge zwischen Erinnerung, Sinnstiftungen und Grundeinsichten. In diesem Zusammenhang sind die Überlegungen des Historikers Pierre Nora zu erwähnen. In seinem umfangreichen Werk „Les lieux de mémoire“ (Erinnerungsorte) entwirft er empirisch anwendbare Ansätze zur Auseinandersetzung mit der Materialität der öffentlichen Erinnerungskultur. Seine Theorie zeigt die Auswahlprozesse und Fixierung historischer Spuren im alltäglichen Erfahrungsraum auf und weist auf die Bedeutsamkeit der „Erinnerungsorte“, derer Individuen und Gesellschaften sich bedienen, um Vergangenheitsbilder standfestzumachen. Für ausführliche Informationen siehe Halbwachs, Maurice. Das kollektive Gedächtnis, Frankfurt a. M., 1950. Auch Halbwachs, Maurice. Das Gedächtnis und seine sozialen Bedingungen. Frankfurt a. M.: Fischer Taschenbuch, 1985. Siehe auch Nora, Pierre. Les lieux de mémoire, v. 1, Paris: Gallimard, 2001. .

2 „Erinnerung“, „Gedächtnis“ und „kulturelles Gedächtnis“: Begriffsbestimmung und Rekonstruktionsmodus der Vergangenheit

„Erinnerung“ und „Gedächtnis“ sind im Laufe des letzten Jahrhunderts zu einem Leitbegriff kulturwissenschaftlicher Neuorientierung und darüber hinaus zu einem transdisziplinär anschlussfähigen Paradigma geworden. Die Allgegenwart von „Erinnerung“ und „Gedächtnis“ in der zeitgenössischen Kultur ist offensichtlich und spielt eine eminent große Rolle in interkulturellen Situationen. „Erinnerung“ und „Gedächtnis“ sind Begriffe der Gedächtnisforschung, aber sie lassen sich verschiedenartig verwenden6 6 Vgl. Pethes, Nicholas; Ruchaz, Jens (Hrsg.). Gedächtnis und Erinnerung. Ein interdisziplinäres Lexikon. Hamburg: Reinbek, 2001. . Während das Substantiv „Erinnerung“ von dem Verb „erinnern“ abgeleitet ist, sind bei dem Wort „Gedächtnis“ die Ausgangsverben „denken“ und „gedenken“ nicht mehr so deutlich sichtbar. In der Gegenüberstellung beider Begriffe steht „Erinnern“ in der Regel für die Tätigkeit des Zurückblickens auf vergangene Ereignisse. „Gedächtnis“ hingegen für die Voraussetzung dieser Tätigkeit. Ohne ein organisches Gedächtnis kann sich niemand erinnern; Gedächtnis steht demnach für die allgemeine Anlage und Disposition zum Erinnern. Gedächtnis ist nicht nur Voraussetzung des Erinnerns, sondern auch Produkt und Sammelbegriff für Erinnerungen, die in dieser Weise zusammengefasst und objektiviert werden. Das Gedächtnis ist kein exakter Speicher, sondern ein dynamisches Organ der Anpassung an sich wandelnde Gegenwart und kann sich auf immer Neues einstellen. Erika Fischer-Lichte und Gertrud Lehnert (2000Fischer-Lichte, Erika; Lehnert, Gertrud (org.). Inszenierungen des Erinnerns. In: Paragrana, v. 9, n. 2, 2000, p. 45-60. : 46) behaupten:

Erinnern meint nicht das Archivieren und Speichern abgeschlossener und damit statisch gewordener Vergangenheiten, sondern wird in vielfältiger Weise als performativer Prozess verstanden, der seinen Gegenstand konstituiert, (re)inszeniert und dabei ständig modifiziert und in dessen Verlauf immer wieder neue kultursemiotische Modelle des Erinnerns vorgebracht werden.

Literatur- und Kunstwissenschaftler haben sich inzwischen auch dem Gedächtnisdiskurs angeschlossen. Sie untersuchen das „kulturelle Gedächtnis“, das sich in Texten und Bildern, Vorstellungen und Praktiken als ein kulturelles Erbe aufbaut. Pionierarbeiten zu diesem Begriff sind die Arbeiten des Ägyptologen Jan Assmann und der Anglistin Aleida Assmann. Dabei unterscheidet sie zwei Gedächtnisformen: das „kommunikative Gedächtnis“ und das „kulturelle Gedächtnis“. Das kommunikative oder soziale Gedächtnis umfasst Erinnerungen, die sich auf die rezente Vergangenheit beziehen. Es sind Erinnerungen, die der Mensch mit seinen Zeitgenossen teilt. Typisches Beispiel des kommunikativen Gedächtnisses sei also das „Generationen-Gedächtnis“. Aleida Assmann (2009: 50) erläutert:

Das wichtigste Medium des sozialen Gedächtnisses ist das Gespräch. Dieses Gedächtnis lebt vom und im kommunikativen Austausch am Leben. Solange eine Gruppe mit einer gemeinsamen Erfahrungsbasis sich über diese Erfahrungen aus ihren verschiedenen Perspektiven heraus immer wieder austauscht, solange besteht ein soziales Gedächtnis.

Das „kulturelle Gedächtnis“ zeichnet sich durch seine längere Dauer aus. Es ist auf CDs und Filmrollen ebenso gespeichert wie in Büchern und auf Papyrus. Bibliotheken, Museen und Archive konservieren solche materiellen Rückstände der Kultur - allerdings immer höchst selektiv. Davon wird wiederum nur ein winziger Teil tatsächlich in lebendiger Zirkulation erhalten. Gerade weil sich das kulturelle Gedächtnis auf die Archive stützt, ist das, was es produziert, nur noch eine Sache der Bildung. Jan Assmann (2000Assmann, Jan. Religion und kulturelles Gedächtnis. Zehn Studien. München: Beck, 2000.: 41) unterstreicht: „Das kulturelle Gedächtnis umfasst im Gegensatz zum kommunikativen Gedächtnis das Uralte, Abgelegene, Ausgelagerte […]. Mit dem Begriff des kulturellen Gedächtnisses ist die äußerste Entfernung von dem erreicht, was unseren Ausgangspunkt gebildet hat.“

Ausgehend davon, dass der Rückblick auf die Vergangenheit eine Flut von Texten, Filmen, Fotografien und Ausstellungen aller Arten prägt, steht das kulturelle Gedächtnis an der Schnittstelle zwischen Literatur und Geschichte. Als Medium des Gedenkens ist die Literatur auch der ausgezeichnete Ort, an dem die Wandlungen des kulturellen Gedächtnisses ihre Spuren hinterlassen. Damit geht es um das Überleben der deutschen Kolonialvergangenheit, wie es sich in Mepins und Atyames Romanen herauskristallisiert. Die Literarisierung des kolonialen Gedächtnisses lässt sich in zwei Deutungsmuster unterscheiden: Die Kolonialerfahrung als Gegenstand der deutsch-kamerunischen Grenzziehung; Vergangenheitsbewältigung und Gegenseitigkeit.

3 Die Kolonialerfahrung als Gegenstand der deutsch-kamerunischen Grenzziehung

Seit den 1980er Jahren ist in Deutschland eine postkoloniale Literatur afrikanischer Herkunft entstanden, zu deren zentralen Themen die Kritik am Kolonialismus und Neokolonialismus sowie die kritische Erinnerung der deutschen Öffentlichkeit an die vergessene Kolonialzeit und deren Folgen gehören. Bei diesen afrikanischen Autoren ist die deutsche Kolonialzeit noch als prägende Erinnerung der Eltern und Großeltern lebendig. Man könnte mit Marianne Hirsch von „Postmemory“ des deutschen Kolonialismus sprechen. Dieses Generationen-Gedächtnis beschreibt Hirsch (2008: 103) wie folgt: „[…] the relationship of the second generation to powerful, often traumatic, experiences that preceded theirs but that were nevertheless transmitted to them so deeply as to seem to constitute memories in their own right.“

Beispiele einer sehr prägnanten und zugleich literarisch anspruchsvollen kritischen Erinnerung an die Kolonialzeit sind Daniel Mepins „Die Weissagung der Ahnen“ und Philomène Atyames „Abengs Entscheidung7 7 Im Laufe der Arbeit werden die Textpassagen wie folgt angegeben: (Mepin Erscheinungsjahr: Seite) für den ersten Text und (Atyame, Erscheinungsjahr: Seite) für den zweiten Roman. “.

Aus einer auktorialen Perspektive wird im Roman Mepins die Lebensgeschichte Taga Sinos dargestellt. Der Protagonist führt ein natur- und traditionsverbundenes Leben im dörflichen Denkkuop, Westkamerun, bis er von der antikolonialen Freiheitsbewegung ein Stipendium erhält, um in der DDR weiter zu studieren. Taga, der vor seiner Reise eine evangelische Missionsschule besucht, wird eines Tages, Zeuge der Besetzung des Dorfes durch die Freiheitskämpfer. Die Ziele dieser Kämpfer sind eine äußere und innere Unabhängigkeit, eine Dekolonisierung der Bildung und des Wissens. In den Worten des Führers dieser Bewegung wird der koloniale Kontext Kameruns rekonstruierbar:

Also gut, wir werden alle Schulen zunächst abschaffen müssen, weil sie bloß nach dem Geschmack der Pangkkue geplant wurden. An ihrer Stelle werden wir unsere eigenen Schulen bauen. Natürlich werden die anders sein. Wir werden unseren Kindern die wahre Geschichte unseres Landes erzählen statt der ganzen Lügen, […]. Auf diese Weise wird unser Vaterland große Fortschritte erzielen (Mepin 1997Mepin, Daniel. Die Weissagung der Ahnen. Roman aus Kamerun, Unkel/Rhein: Horlemann, 1997.: 20).

Der Rückblick auf die deutsche Kolonialzeit in Kamerun wird von dem Dorfoberhaupt namens Belung vermittelt, der die Deutschen selbst erlebt hat. Seine Erinnerung an die deutschen Kolonialherren fokussiert auf die Körperstrafe: „Seit die Deutschen verjagt worden sind, kennen wir keine Zwangsarbeit mehr“ (Mepin 1997Mepin, Daniel. Die Weissagung der Ahnen. Roman aus Kamerun, Unkel/Rhein: Horlemann, 1997.: 24). Darüber hinaus verfährt die Erinnerung an die deutsche Vergangenheit in Kamerun kontrastiv, wobei einige positive Aspekte der deutschen Eigentümlichkeit und Kultur zum Tragen kommen. Als die Nachricht über die Reise Tagas in die DDR seinem Vater überbracht wird, wundert sich der Sohn, dass der Vater einen Grund dafür findet, wobei er sich vor einem besonderen Lob der Deutschen nicht scheut: „Die Deutschen sind auch nicht irgendein Volk. Wenn du nur eine Handvoll ihrer Kenntnisse und ein wenig ihrer Kraft zurückbringen kannst, wirst du in diesem Land nicht irgend jemand werden“ (Mepin 1997: 76). Dass Tafe seine eigene Kultur jedoch auf Augenhöhe mit der deutschen ansiedelt, wird dann deutlich, als er die idealen Voraussetzungen für den Erfolg seines Sohnes in einer intellektuellen Symbiose beider Kulturen ermisst: „Besonders, wenn du ihre Weisheit mit unsrer verschmelzen kannst, wird sich niemand mit dir vergleichen können“ (Mepin 1997: 76). In Tafes Wiederbelebung seiner eigenen Begegnung mit den deutschen Kolonialherren lässt sich die (post-)koloniale Erinnerung nicht in einer Überhöhung der Leistungen der Deutschen in Kamerun sehen, sondern in einem nüchternen Kommentar über ein deutsches Herrenmenschengebaren, dem Tafe mit seiner eigenen Machtposition begegnen konnte:

Tafe hatte vor vielen Jahren die Deutschen kennengelernt. Das war, bevor diese von den Franzosen aus Kamerun zurückgedrängt worden waren. Er hatte sich sogar von ihnen ein wenig Deutsch angeeignet. Er konnte sich damals mit den deutschen Herren einigermaßen unterhalten. Besser gesagt, von Zeit zu Zeit hörten die Deutschen auf ihn, aber nur, weil er, Tafe, ein mächtiger Mann war. Die Deutschen unterhielten sich selten mit einem Schwarzen. In Wirklichkeit erteilten sie fast nur Befehle. (Mepin 1997Mepin, Daniel. Die Weissagung der Ahnen. Roman aus Kamerun, Unkel/Rhein: Horlemann, 1997.: 77)

Anlässlich einer Abschlussfeier begegnet Taga seiner zukünftigen Ehefrau Tanja. Die sich entwickelnde Liebesbeziehung wird vom Autor für die Thematisierung und Verhandlung kultureller Differenzen und von Annäherungen zwischen der Kolonialmacht und der Kolonie funktionalisiert. So warnt Vater Tafe seinen Sohn in einem Brief vor einer Anpassung an die deutsche Kultur:

Wir erwarten viel von deinem Aufenthalt im Lande der Deutschen. Verschwende nicht die kostbare Zeit. Zum andern musst du über Folgendes schon Bescheid wissen: Wenn du uns eine Deutsche mit zurück bringst, wirst du nur leiden und sie leiden lassen. Würde denn deine Frau versuchen, die Tradition zu verstehen? Würde sie hier im Dorfe mit den anderen Frauen leben? Würde sie dir erlauben, dass du andere Frauen heiratest? Würde sie mehr als ein oder zwei Kinder haben wollen? (Mepin 1997Mepin, Daniel. Die Weissagung der Ahnen. Roman aus Kamerun, Unkel/Rhein: Horlemann, 1997.:110)

Dabei geht Tafe von der Unvereinbarkeit kultureller Wertvorstellungen aus und begreift die Kolonialbegegnung zwischen Deutschen und Kamerunern als eine Einbahnstraße: „[…] man muss seine Lebensumstände stets und ständig im Auge behalten, man darf sich nicht benehmen, als ob man die Wirklichkeit um sich herum nicht sehen wollte. Man kann nicht vor seinem Schatten weglaufen“ (Mepin 1997Mepin, Daniel. Die Weissagung der Ahnen. Roman aus Kamerun, Unkel/Rhein: Horlemann, 1997.: 111). Ebenfalls ruft Tagas Beziehung zu Tania Missfallen bei ihrer Familie hervor. Die Eltern wollen von dem jungen Mann nicht hören. Das Land Tagas wird mit negativen Stereotypen assoziiert und diese verraten die Einstellung der Eltern zu Afrika im Allgemeinen und zu Kamerun im Besonderen. Der koloniale Duktus wird in die post-koloniale Zeit übertragen, wenn Tanias Mutter sich zu dieser Liebesbeziehung äußert: „Wie soll ich jetzt mit dem dunklen Kontinent umgehen? […] Stell dir vor, Tania. Du in Afrika, mitten unter den Löwen, giftigen Schlangen, Krokodilen, wilden Flüssen tödlichen Krankheiten, primitiven Urvölkern mit ihren barbarischen Riten […] ach nein“ (Mepin 1997:127). Daniel Mepins Roman zeigt deutlich, dass die Gegenüberstellung von Kolonialismus und Gedächtnis die interkulturelle Beziehung zwischen Kamerun und Deutschland prägt. Sowohl auf der deutschen Seite als auch auf der kamerunischen Seite lässt sich die deutsch-kamerunische Vergangenheit auf der Kolonialerfahrung herauskristallisieren. Die Vorstellung von Identität und Alterität, die sich über die Erinnerung dieser gemeinsamen Geschichte konstituiert, nimmt gewisse Gedächtniskonfigurationen in Anspruch. Die Skepsis, die einer deutsch-kamerunischen Liebe entgegengebracht wird, existiert in der Generation der Eltern also sowohl auf der afrikanischen als auch der deutschen Seite. Wie ist es bei Philomène Atyame?

Abengs Entscheidung“ behandelt auch das deutsch-kamerunische Kolonialgedächtnis aus der Perspektive einer bi-kulturellen Liebe zwischen Abeng und Manfred. Die Handlung beginnt mit einem Rückblick auf Abengs Kindheit. Eine Geschichte, die ihr von ihrem Großvater Akono Assam erzählt wird erweckt schon früh die Neugier des Mädchens über die „schwarz-weiße Liebe“. Die Kolonialzeit hat im Bewusstsein des Großvaters Spuren hinterlassen. Akono Assam hat eine schlechte Erfahrung mit den Weißen gemacht: „Er hasste alle Weißen, die in Rio dos Camaroes lebten. Das war schlimm! Er wollte nicht, dass wir uns mit den Weißen befreunden“ (Atyame 2002Atyame, Philomène. Abengs Entscheidung. Eine schwarz-weiße Liebe in Kamerun. Roman. Oberhausen: Athena-Verlag, 2002.: 9). Der historischen Überlieferung nach standen die schwarz-weißen Beziehungen in den Kolonien unter einem schlechten Stern. So wundert es nicht, dass Abengs Familie von einer schwarz-weißen Beziehung nichts hören will. Der Vater Assam sagt seiner Tochter Abeng: „Die Leute glauben wenig an eine schwarz-weiße Liebe, weil die Weißen allzu oft Heimweh bekommen und ihre Frauen verlassen“ (Atyame 2002: 9). Diese schlechte Erfahrung und auch die Tatsache, dass weiße Ehemänner häufig ihre schwarze Frauen verlassen, hat dieses Klischee bekräftigt und dazu geführt, dass Afrikaner grundsätzlich sehr misstrauisch solchen Beziehung gegenüberstehen. Allmählich kommt die kleine Abeng zur Einsicht, dass die Menschen in ihrer Umgebung der Liebe zwischen Messina und Trousson, einem bi-kulturellen Ehepaar, mit Misstrauen begegnen und sie durchschaut den Zusammenhang zwischen dieser Skepsis gegenüber einer „schwarz-weißen Liebe“ und der traurigen Geschichte ihrer Großmutter, die von einem französischen General vergewaltigt und verlassen worden war. Das Schicksal ihrer Großmutter und die auf gegenseitiger Zuneigung beruhende Liebe zwischen Messina und Trousson können vor dem Hintergrund der europäischen Kolonialherrschaft in Kamerun gelesen werden. Manfred erkennt nach diesem vergangenen Ereignis die Ruinen der „Nord-Süd-Mauer“ (Atyame 2002: 45), die sich nach der offiziellen Unabhängigkeit Kameruns nicht ganz beseitigen ließen. Für deren Fortbestand gibt Manfred jedoch einseitig die Schuld den „Afrikanern“, wobei er die eigene Verantwortung auszublenden und die Geschichte der kolonialen Gewaltherrschaft und ihre Folgen zu banalisieren scheint: „Gut, ich meine, die Geschichte hat eine Mauer zwischen Schwarzen und Weißen gebaut. […] Sie fiel fast überall in Afrika im Jahre 1960. Die Afrikaner feierten, war auch in Ordnung. Aber sie vergaßen, die Reste wegzuräumen“ (Atyame 2002: 46).

Eine kritische Auseinandersetzung mit der Kolonialgeschichte sowie die Erinnerung an in der hegemonialen Geschichtsschreibung vergessene Widerstandskämpfer wird dabei nicht von Abeng, sondern von Manfreds Vater initiiert. Eine Parallele zur Vermittlung der Erinnerung an die deutsche Kolonialherrschaft ergibt sich in Abengs Beteuerung, dass die Zeit der deutschen Kolonialherrschaft im Vergleich zur französischen weniger stark mit traumatischen Erinnerungen verbunden sei:

‘[…] Die deutsche Kolonialpolitik war nicht gut.‘

‚Nicht nur die deutsche, Papa‘, sagte Manfred.

‚Ich weiß, aber Kamerun hat seine besten Männer in der deutschen Zeit verloren. King Akwa und der andere… Gott! Wie hieß er noch?‘

‚Manga Bell‘, antwortete Abeng.

‚Richtig, Duala Manga Bell, man nannte ihn King Bell.‘

‚Aber wir in Kamerun regen uns weniger auf über die deutsche Zeit als über die französische.‘

‚Tatsächlich?‘ fragte Alfred überrascht.

‚Ja, und das sage ich, nicht weil ich jetzt in Deutschland bin. Es ist so in Kamerun.‘

‚Kann sein. Die Franzosen waren ja dort unten länger als wir, sie hatten Zeit genug, um Unsinn anzurichten. Kamerun hat auch zu der Zeit starke Männer verloren, Um Nyobe und die anderen.‘ (Atyame 2002Atyame, Philomène. Abengs Entscheidung. Eine schwarz-weiße Liebe in Kamerun. Roman. Oberhausen: Athena-Verlag, 2002.: 181)

Zu der Zeit, als Manfred seine Freundin kennenlernt, ist er als Telefontechniker für Siemens „in der Stadt von Akwa“ tätig (Atyame 2002Atyame, Philomène. Abengs Entscheidung. Eine schwarz-weiße Liebe in Kamerun. Roman. Oberhausen: Athena-Verlag, 2002.: 22). Im Denkmal der Statue des ehemaligen Duala-Chiefs Ngand´a Kwa (Akwa), der als „Gastgeber […] sich nicht über Manfred gefreut [hätte]“ (Atyame 2002: 22) wird der konfliktträchtigen (post-) kolonialen Begegnung zwischen Deutschland und Kamerun Rechnung getragen. Zugleich wird in der Figur Akwas einem Anführer des Widerstands gegen die deutsche Kolonialherrschaft ein Beispiel des deutsch-kamerunischen Erinnerungskultur gesehen. In diesem Zusammenhang sind auch die patriotisch aufgeladenen Diskusionen um Geschichte und Identität sowie die konflikthaften Erinnerungen in den deutsch-kamerunischen Beziehungen zu verstehen.

Eine Auseinandersetzung mit der deutschen Kolonialvergangenheit in den beiden Romanen mündet in die historischen und kulturellen Konfliktpotentiale der deutsch-kamerunischen Begegnung. Auf beiden Seiten wirken die Folgen der Kolonialerfahrung der Begegnung in der Gegenwart entgegen. Die Perspektivierung der Vergangenheitsrepräsentation durch kritische selbstreflexive Betrachtungen weist auf Differenzmarkierungen hin. Darüber hinaus erweist sich die literarische Beschäftigung mit geschichtlichen Fakten über die deutsch-kamerunische Vergangenheit als Ort der Dekonstruktion von Asymmetrien und Inszenierung gegenseitiger Kulturannäherungs- und aneignung, wie wir anhand beider Texte im Folgenden zeigen möchten.

4 Vergangenheitsbewältigung und gegenseitige Kulturannäherung und -aneignung

Seit ungefähr zwei Jahrzehnten lässt sich postkoloniale Erinnerungskultur an das kollektive Erinnern Deutschlands anschließen8 8 Göttsche, Dirk. Remembering Africa. The Rediscovery of Colonialism in Contemporary German Literature. Rochester, NY> Camden House, 2013. Auch dazu Kpao Saré, Constant. Postkoloniale Erinnerungskultur in der zeitgenössischen deutschsprachigen Afrika Literatur. Hamburg: Verlag Dr Kovac, 2012. . Aus der Perspektive der Rezipienten geht es in Daniel Mepins „Die Weissagung der Ahnen“ und in Philomène Atyames „Abengs Entscheidung“ nicht nur um eine Reflexion des historischen Geschehens, um eine Konfrontation mit einem dunklen Kapitel der deutschen Geschichte, sondern um die kontrafaktische Rekonstruktion eines interkulturellen Gedächtnisses. Ausgehend davon, dass jede Generation ihr Verhältnis zur Geschichte neu definiert, arbeiten Mepins und Atyames Figuren ein differenziertes Geschichtsbild auf. Das Gedächtnis der Vergangenheit basiert auf Entwirrung einseitiger Kulturkonstellationen und Inszenierung transnationalen Kulturgedächtnisses.

Daniel Mepins Roman gelingt die literarische Dekonstruktion des kolonialen Imaginären sowie die Konstruktion einer postkolonialen Alterität in mehrfacher Hinsicht. Der Roman (re)konstruiert nicht nur eine (post-) koloniale Begegnung zwischen Kamerun und Deutschland, sondern vermittelt einen Bruch gegen jede Form kultureller Abwehr. Von Tanias Vater wird die Liebe seiner Tochter zu Taga als Liebe zu Afrika interpretiert, jedoch vor dem Hintergrund der Warnung, „den dunklen Kontinent“ (Mepin 1997: 125) nicht gleich heiraten zu müssen. Tania, obwohl sie Taga vor ihren Eltern in Schutz nimmt und deren Vorurteile scharf kritisiert, rechtfertigt ihre Beziehung zu Taga mit ihren persönlichen Interessen an Afrika:

Ich habe mir zum Ziel gesetzt, durch meine Beziehung zu Taga mit Afrika besser vertraut zu werden. Dahin bin ich auch schon unterwegs. Das ist für meine Ausbildung und meine Prüfung in der Uni sowie meine späteren Arbeitsmöglichkeiten äußerst wichtig. […] Diese akademischen Gründe besänftigten die Eltern etwas. (Mepin 1997Mepin, Daniel. Die Weissagung der Ahnen. Roman aus Kamerun, Unkel/Rhein: Horlemann, 1997.: 127)

Während Tanias Vater sich über die Freundschaft seiner Tochter mit einem Afrikaner ärgert, beginnt Tanias Mutter ihr eigenes Bild von Taga, den sie jedoch noch immer als Repräsentanten eines ganzen Kontinents wahrnimmt, in eine positivere Richtung hin zu revidieren. Sie empfand „Bewunderung für ihre Tochter, aber auch für den Afrikaner!“ (Mepin 1997Mepin, Daniel. Die Weissagung der Ahnen. Roman aus Kamerun, Unkel/Rhein: Horlemann, 1997.: 145). Trotzdem schien es ihr noch immer „zu kompliziert, sich Taga als Schwiegersohn vorzustellen“ (Mepin 1997: 144) und der Gedanke allein ließ sie „vor plötzlicher Angst“ (Mepin 1997: 144) schaudern. Die kulturelle und „psychologische Kluft“ (Mepin 1997: 134) verhindert ein Denken außerhalb der Struktur Kolonisatoren und Kolonisierte. Taga dagegen fällt nach einiger Zeit „der Umgang mit den Deutschen“ (Mepin 1996: 146) nicht mehr so schwer, wie er in einem Brief an seine Mutter reflektiert:

Eigentlich sind Gottes Geschöpfe sehr vergleichbar. […]. Sie sehen so verschieden aus, in bezug auf Hautfarbe und Körperbau, Sitten und Gebräuche sowie die Sprache. Aber wenn du es wagst, in ihre Herzen zu sehen, stößt du auf eine überraschende Ähnlichkeit der verborgenen Gefühle und Naturen […]. Die Menschen müssten sich nur genug Mühe geben, um sich untereinander zu verständigen. (Mepin 1997Mepin, Daniel. Die Weissagung der Ahnen. Roman aus Kamerun, Unkel/Rhein: Horlemann, 1997.: 146)

Verständigung zwischen den Völkern und Kampf um die Überwindung der Kolonialherrschaft wirken hier zusammen. Darüber hinaus wird zwar von der grundsätzlichen Verschiedenheit kultureller und ethnischer Zugehörigkeiten ausgegangen, eine interkulturelle Kommunikation jedoch als möglich erachtet, solange auf beiden Seiten die Bereitschaft vorhanden ist, auf den anderen zuzugehen. Durch Tanias Beziehung zu Taga werden Tanias Eltern zwar zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit Afrika angeregt: So finden in der Familie Vogel längere Gespräche über Taga, die Zukunft Kameruns und anderer (post-) kolonialer afrikanischer Länder statt, in denen Tania als vermittelndes Bindeglied zwischen Afrika und Taga auf der einen, und ihren Eltern und Deutschland auf der anderen Seite fungiert.

Deutsche und Kameruner werden in Atyames „Abengs Entscheidung“ in weitgehend binärer und stereotypisierender Weise einander gegenübergestellt, auch wenn eine Annäherung mittels der Kunst und Liebe als möglich erachtet wird. Abengs Leidenschaft ist die malende Kunst und ihre Hauptmotive sind schwarz-weiße Tanzpaare. Ihre Hoffnung ist ein gegenseitiges Aufeinanderzugehen der Kulturen. Sie meint:

Ich male nur schwarz-weiß, weil - und das ist allein meine Meinung - weil man aus schwarz und weiß die schönste Kunst schafft. Die schwarz-weiße Liebe ist auch etwas Wunderbares, sie bringt Menschen verschiedener Kulturen zusammen […] Es wäre gut, wenn Schwarze und Weiße versuchen, sich einander zu nähern. (Atyame 2002Atyame, Philomène. Abengs Entscheidung. Eine schwarz-weiße Liebe in Kamerun. Roman. Oberhausen: Athena-Verlag, 2002.: 46)

Von Manfreds Seite wird schließlich das Gemeinsame, das Afrika und Europa trotz allen Differenzen verbindet, in der Kunst gefunden: „Afrikaner und Europäer sind gleichzeitig verschieden und ähnlich. Du hast eine andere Hautfarbe als ich, aber wir lieben beide die Kunst“ (Atyame 2002Atyame, Philomène. Abengs Entscheidung. Eine schwarz-weiße Liebe in Kamerun. Roman. Oberhausen: Athena-Verlag, 2002.: 58). Um die Forschungsreisen und die Kolonialexpeditionen der Europäer in Afrika umzukehren, führt Abeng eine „Entdeckungsreise“ nach Deutschland. Die Wohnzimmereinrichtung wird für Manfreds Vater zum Anlass, seine Kenntnisse in Bezug auf Afrika und Deutschland unter Beweis zu stellen, auch wenn diese zunächst hauptsächlich aus auswendiggelerntem Fakten- und Zahlenwissen zu bestehen scheint:

‘Kamerun ist ein bisschen größer als Deutschland, rund 475000 Quadratkilometer. ‘‚Wieviel hat Deutschland?‘ fragte Abeng. ‚Das musst du aber wissen, Yvonne‘, sagte Alfred lachend. ‚Vergessen, einfach vergessen.‘ ‚Weißt du es noch, Manfred?‘ fragte Alfred seinen Sohn. […] Und jetzt eine Frage an dich, Papa: Wie viele Einwohner hat Kamerun?‘ ‚Die heutige Zahl kenne ich nicht, aber 1988 hatte Kamerun rund 11 000 000 Menschen. Es sind zwei Jahre her.‘ ‚Ein bisschen mehr sind wir jetzt, ich glaube rund 12 000 000.‘ ‚Deutschland hat knapp 80 000 000‘, erklärte Alfred. (Atyame 2002Atyame, Philomène. Abengs Entscheidung. Eine schwarz-weiße Liebe in Kamerun. Roman. Oberhausen: Athena-Verlag, 2002.: 176)

Hier wird ein kulturelles Wissen über Kamerun vermittelt. In einem späteren Gespräch beweist Alfred Benn jedoch, dass er bis auf Zahlen und Fakten „die Geschichte Afrikas so gut wie die Geschichte Europas [kannte] und erzählte sie gern:

Er erzählte bei jeder Gelegenheit alles, was er über Afrika und Europa wußte. Alfred wartete nie lange, um jemanden die eine oder andere Geschichte zu unterrichten. Schon an ihrem dritten Abend erfuhr Abeng von ihm einiges, was sie lange staunen ließ […] deine Heimat war eine der vier Kolonien Bismarcks in Afrika. Die anderen drei waren, wenn ich mich richtig erinnere, Togo, Tansania, Namibia. Dann kam der Krieg. Bismarck verlor diesen Krieg. Kamerun wurde dann französisch und englisch. So war es. Aber das bereue ich nicht. (Atyame 2002Atyame, Philomène. Abengs Entscheidung. Eine schwarz-weiße Liebe in Kamerun. Roman. Oberhausen: Athena-Verlag, 2002.: 180-181)

Im Besuch des Post-Wende-Berlins wird Abengs und Manfreds interkulturelle Liebesgeschichte vor dem Hintergrund einer kollektiven Wendegeschichte inszeniert: Der großen Geschichtswende, die im Fall der Berliner Mauer den Einsturz von Grenzen nicht nur zwischen Ost und West, sondern auch zwischen Nord und Süd ausgelöst hat - auch wenn dieser nicht immer den Abbau der Mauer auf psychologischer Ebene bewirkt hat. Anders als in Mepins Roman ist das Bild, das in Abengs Entscheidung in Berlin gezeichnet wird, ein negatives:

Das Berlin, in dem Abeng sich aufhielt, hatte seine Schönheit verloren. Es war eine Stadt im Bau. Man konnte noch alte Ruinen sehen. […] Es waren nicht nur Zeugnisse des Zweiten Weltkrieges, sondern auch Zeugnisse des Kommunismus. Einige Stadtbilder zeugten von der Nachlässigkeit, der Vergessenheit, dem langen Verschlafen und der Unterdrückung. (Atyame 2002Atyame, Philomène. Abengs Entscheidung. Eine schwarz-weiße Liebe in Kamerun. Roman. Oberhausen: Athena-Verlag, 2002.: 190)

Die letzte Station auf der interkulturellen Entdeckungsreise besteht darin, dass auch Manfreds Eltern im Rahmen der Hochzeit ihres Sohnes Kamerun kennenlernen. Während des Flugs über Kamerun exponiert Alfred sein breites Wissen über das Land, um seiner Frau Tania zu imponieren:

Der Pilot folgte der mittlern Spur. Tania saß am Fenster und schlief fest. Alfred saß ihr gegenüber und schaute durch das Fenster. Plötzlich fiel ihm etwas auf.

Er weckte Tania auf.

« Komm! Sieh mal da unten! Komm! Siehst du das? »

« Sand, es sieht wie Sand aus »

« wir sind über der Sahara. »

« Tatsächlich! Wir sind bald da! »

« Das dauert noch, Tania. Die Sahara ist unheimlich weit, und Kamerun beginnt, wo die Sahara aufhört. »

« Hast du deine Karte dabei? »

« Nein, ich brauche sie nicht. Ich habe ein gutes Gedächtnis. Außerdem ist sie zu groß. Mit so was verreist kein Mensch » (Atyame 2002Atyame, Philomène. Abengs Entscheidung. Eine schwarz-weiße Liebe in Kamerun. Roman. Oberhausen: Athena-Verlag, 2002.: 200)

Eine Interpretation der Grundzüge des Romans lässt sich wohl als Aufforderung zum Dialog zwischen Nord und Süd, Schwarz und Weiß zusammenfassen. Die Literarisierung der Liebesbeziehung zwischen Abeng und Manfred als Symbol für historisch und kulturell bedingte Konfliktpotentiale erlaubt eine (post)koloniale Lektüre deutsch-kamerunischen Gedächtnisses. Die Missverständnisse der Vergangenheit werden durch die bi-kulturelle Ehe überwunden. Abeng und Manfred betrachten sich als „Wegweiser einer neuen Geschichte“ (Atyame 2002Atyame, Philomène. Abengs Entscheidung. Eine schwarz-weiße Liebe in Kamerun. Roman. Oberhausen: Athena-Verlag, 2002.: 64). Aber es setzt voraus, dass beide „alte Mauerruinen“ (Atyame 2002: 7) beseitigen.

5 Fazit und Ausblicke

Aus der Analyse zur literarischen Auseinandersetzung mit dem deutsch-kamerunischen Kolonialgedächtnis in „Die Weissagung der Ahnen“ und in „Abengs Entscheidung“ lässt sich ableiten, dass die Erinnerungskonstruktion in beiden Romanen eine Vergangenheitsbewältigung erstrebt. Das deutsch-kamerunische Kolonialgedächtnis zeichnet sich durch Kontinuitäten und Brüche aus. Es lenkt den Blick auf Verschiebungen und Transformationen in Vergangenheitsinterpretationen, die als Reaktion auf Geschichtserlebnisse und hegemoniale Machtpositionen rekonstruiert und weitergegeben werden. Durch die Interpretation beider Romane ist festzustellen, dass gegenwartsgebundene Rekonstruktion der Vergangenheit auf kulturelle und ideologische Herausforderungen antworten, wodurch das Erinnerte seine Relevanz erlangt. Anstatt die Kolonialherrschaft und deren Eindimensionalität zu inszenieren, sind Mepins und Atyames Hauptfiguren Prototypen der interkulturellen Liebe. Damit beweisen sie die Gegenseitigkeit eines transkulturellen Kolonialgedächtnisses im postkolonialen Zeitalter.

Literaturverzeichnis

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  • ______. Erinnerungsräume. Formen und Wandlungen des kulturellen Gedächtnisses. München: Beck, 2009.
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  • Nora, Pierre. Les lieux de mémoire, v. 1. Paris: Gallimard, 2001.
  • Pethes, Nicholas; Ruchaz, Jens (Hrsg.). Gedächtnis und Erinnerung. Ein interdisziplinäres Lexikon. Hamburg: Reinbek, 2001.
  • Wieczorek-Zeul, Heidemarie. „Die Rede anlässlich der Gedenkfeierlichkeiten der Herero-Aufstände in Namibia am 14. August 2004“. Disponível em: <http://www.ag-friedensforschung.de/regionen/ Namibia/100-jahre.html> Acesso em 29.11.2011.
    » http://www.ag-friedensforschung.de/regionen/ Namibia/100-jahre.html
  • Zimmerer, Jürgen (Hg.). „Kein Platz an der Sonne“. Erinnerungsorte der deutschen Kolonialgeschichte, Frankfurt/M: Campus, 2013.
  • 2
    Der deutsche Historiker Jürgen Zimmerer hat den Begriff „Kolonialamnesie“ geprägt. Er geht davon aus, dass historiografisch ein wachsendes Interesse am deutschen Kolonialismus in transnationaler Perspektive festgestellt werden kann. Was man lange als "exotisches Nischenthema" und als Problem der anderen europäischen Staaten wahrgenommen habe, sei nun endgültig zum Thema von Politik und Öffentlichkeit geworden. Zimmerers Reflexion trägt zur Gedächtnisgeschichte Deutschlands bei. Der Historiker legt den Grundstein für eine multiperspektivische Auseinandersetzung mit dem deutschen Kolonialismus und seinen materiellen, politischen und mentalen Nachwehen. Siehe dazu Zimmerer, Jürgen (Hg.) „Kein Platz an der Sonne“. Erinnerungsorte der deutschen Kolonialgeschichte, Frankfurt/M.: Campus, 2013.
  • 3
    Für ausführliche Informationen über diese Rede in Namibia siehe <http://www.ag-friedensforschung.de/regionen/Namibia/100-jahre.html> (11/03/2018).
  • 4
    Die deutsch-kamerunische Beziehung unter dem Blickwinkel des Kolonialismus ist ein viel behandeltes und ein langfristiges Thema in der kamerunischen Literatur, sei es in französischer, in englischer oder in deutscher Sprache. Autoren wie Réné Philombe mit seinem Roman Un sorcier blanc à Zangali (1969), Jean Ikellé-Matiba mit Cette Afrique là (1963), Paul Tchakouté mit dem Theaterstück Samba: une tragédie coloniale en cinq actes (1980); Bolé Butake und Gilbert Doho mit Zintgraff and the Battle of Mankon (2002) und Azanwi Nchamis Foot Prints of Destiny (2009) haben diese koloniale Erfahrung thematisiert. Daniel Mepin und Philomène Atyame widmen sich auch diesem Thema, aber mit Migrationshintergrund. Sie sind Nachwuchs der ersten Kolonialmigranten im deutschen Reich und ihre Romane beschreiben das Wiederaufbeleben der Kolonialzeit in der postkolonialen Ära.
  • 5
    Ausgangpunkt der Cultural Memory Studies sind die Leitarbeiten des französischen Soziologen Maurice Halbwachs (1877-1945) über das „kollektive Gedächtnis“. Im Wesentlichen geht es bei ihm um die Vorgänge der Erinnerungen, die in sozialen Bezugsrahmen gefestigt und aufbewahrt werden. Halbwachs unterscheidet dabei das individuelle und das kollektive Gedächtnis und richtete den Fokus auf die Zusammenhänge zwischen Erinnerung, Sinnstiftungen und Grundeinsichten. In diesem Zusammenhang sind die Überlegungen des Historikers Pierre Nora zu erwähnen. In seinem umfangreichen Werk „Les lieux de mémoire“ (Erinnerungsorte) entwirft er empirisch anwendbare Ansätze zur Auseinandersetzung mit der Materialität der öffentlichen Erinnerungskultur. Seine Theorie zeigt die Auswahlprozesse und Fixierung historischer Spuren im alltäglichen Erfahrungsraum auf und weist auf die Bedeutsamkeit der „Erinnerungsorte“, derer Individuen und Gesellschaften sich bedienen, um Vergangenheitsbilder standfestzumachen. Für ausführliche Informationen siehe Halbwachs, Maurice. Das kollektive Gedächtnis, Frankfurt a. M., 1950. Auch Halbwachs, Maurice. Das Gedächtnis und seine sozialen Bedingungen. Frankfurt a. M.: Fischer Taschenbuch, 1985. Siehe auch Nora, Pierre. Les lieux de mémoire, v. 1, Paris: Gallimard, 2001.
  • 6
    Vgl. Pethes, Nicholas; Ruchaz, Jens (Hrsg.). Gedächtnis und Erinnerung. Ein interdisziplinäres Lexikon. Hamburg: Reinbek, 2001.
  • 7
    Im Laufe der Arbeit werden die Textpassagen wie folgt angegeben: (Mepin Erscheinungsjahr: Seite) für den ersten Text und (Atyame, Erscheinungsjahr: Seite) für den zweiten Roman.
  • 8
    Göttsche, Dirk. Remembering Africa. The Rediscovery of Colonialism in Contemporary German Literature. Rochester, NY> Camden House, 2013. Auch dazu Kpao Saré, Constant. Postkoloniale Erinnerungskultur in der zeitgenössischen deutschsprachigen Afrika Literatur. Hamburg: Verlag Dr Kovac, 2012.

Publication Dates

  • Publication in this collection
    Apr 2019

History

  • Received
    12 Apr 2018
  • Accepted
    19 July 2018
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