Acessibilidade / Reportar erro

DaF Lehren und Lernen mit digitalen Medien: Einführung in das thematische Dossier

Nach dem III. Kongress des Brasilianischen Verbandes für germanistische Studien (ABEG) beschlossen die Organisatorinnen dieses thematischen Hefts im Jahr 2019, eine spezielle Ausgabe der Zeitschrift Pandaemonium Germanicum vorzuschlagen, die sich auf den Einsatz digitaler Medien im Deutschunterricht konzentriert. Die Organisatorinnen waren durch das vielfältige reiche akademische Umfeld des Anlasses motiviert und sind der Redaktion der Zeitschrift sehr dankbar für die umgehende Annahme ihres Vorschlags.

Bis zu diesem Zeitpunkt war der Einsatz von digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien (TDICs) in unterschiedlichen Lehr- und Lernkontexten optional, und die Herausgerberinnen erkannten darin ein großes Potenzial für die Lehre sowie für die Förderung des Lernens. Was sie damals jedoch nicht voraussahen, war, dass der Einsatz dieser Technologien in Sprachlehr- und -lernkontexten im folgenden Jahr aufgrund der Corona-Pandemie in mehreren Ländern der Welt von optional auf "obligatorisch" umgestellt werden würde.

So wurde dieses thematische Dossier zu einem ganz anderen Zeitpunkt als dem seines Vorbereitungsprozesses konzipiert, denn die Menschen befanden sich in Brasilien und auf der ganzen Welt während des gesamten Jahres 2020 (Zeitraum der Arbeitstreffen und der Organisation der Doppelblindgutachten) in einer Situation, in der sich verschiedene soziale Praktiken in die digitale Welt verlagerten, die - bis dahin - persönlich durchgeführt wurden und nun notwendigerweise auf virtuellem Wege, durch digitale Technologien, erfolgen mussten. Dieser Wandel wirkte sich auf unzählige Bereiche des täglichen Lebens aus, von der Begegnung mit Familienmitgliedern bis hin zu Einkäufen, Bankgeschäften und natürlich auch auf das Bildungswesen.

Im letztgenannten Bereich beobachteten wir in Brasilien eine große Anzahl von Lehrenden und Lernenden, die mit den digitalen Werkzeugen nicht vertraut waren und vor der großen Herausforderung standen, die physische Präsenz durch "virtuelle Präsenz" ersetzen zu müssen. Für viele bedeutete dies notwendigerweise die Ersetzung von Präsenz durch Distanz, obwohl WissenschaftlerInnen auf dem Gebiet des Fernlernens dem nicht zustimmen würden und das Konzept der Bildung ohne Distanz dagegenhalten (Tori 20103 TORI ROMERO. Educação sem distância: as tecnologias interativas na redução de distâncias em ensino e aprendizagem. São Paulo: Editora Senac São Paulo, 2010.). Nach Ansicht des genannten Forschers ist die Verringerung der Entfernungen (zwischen Lernenden und Lehrenden, zwischen Lernenden und Inhalt sowie unter den Lernenden selbst) etwas, das zu den Zielen jeder Lehrperson gehören sollte, unabhängig von der Unterrichtsmodalität, die er/sie anwenden wird (Face-to-Face, Fernlernen oder Blended Learning). Aus diesem Grund denkt Tori über einige Möglichkeiten nach, diese Annäherung durch den Einsatz digitaler Medien in Fernlernkontexten zu schaffen, z.B. durch Virtual Reality, Augmented Reality, Aktive Methodologien, also durch Formen, in denen Technologien eine fundamentale Rolle spielen.

Ausgehend von dieser Perspektive argumentieren sowohl Tori (20103 TORI ROMERO. Educação sem distância: as tecnologias interativas na redução de distâncias em ensino e aprendizagem. São Paulo: Editora Senac São Paulo, 2010.) als auch andere Autoren, wie z.B. Kenski (20121 KENSKI VANI. M. Educação e tecnologias: o novo ritmo da informação. Campinas: Editora Papirus, 2012.) und Moran (20172 MORAN JOSÉ M. Ensino e aprendizagem inovadores com apoio de tecnologias. In: Novas tecnologias e mediação pedagógica. Papirus Editora, 2017.), dass digitale Medien allein nicht ausreichen, um einen innovativen, erfolgreichen und motivierenden Lehr- und Lernprozess zu gewährleisten: Vielmehr ist es notwendig, technologische Ressourcen mit geeigneten pädagogischen Praktiken zu kombinieren, wobei der Lehrkontext und zeitgenössische pädagogische Ansätze berücksichtigt werden müssen. Nach Moran (20172 MORAN JOSÉ M. Ensino e aprendizagem inovadores com apoio de tecnologias. In: Novas tecnologias e mediação pedagógica. Papirus Editora, 2017.) basiert ein innovativer pädagogischer Vorschlag auf verschiedenen Pfeilern, wie dem Aufbau integrativen Wissens, der Entwicklung des Selbstwertgefühls und der Selbsterkenntnis des Schülers (Wertschätzung aller) sowie der Ausbildung von sozialen Werten. Solche Säulen können leichter gebaut werden, wenn sie von mobilen Technologien unterstützt werden, wie der Autor ausführt.

Daher müssen die Erfahrungen mit digitalen Medien in der Lehre in dieser Zeit der Pandemie besser untersucht werden, um zu überprüfen, wie sie eingesetzt wurden. Es war jedoch nicht möglich, in diesem Band Studien zu diesem Thema zu sammeln, da im wissenschaftlichen Bereich eine längere Zeit für Beobachtung, Datenerhebung, Analyse und Reflexion über die Phänomene unerlässlich ist, um über die notwendige wissenschaftliche Grundlage für die Annäherung an das Thema zu verfügen. Die gesammelten Arbeiten beziehen sich auf die Zeit vor der Pandemie, als das Potenzial digitaler Medien für Bildungsprozesse erst von den Autoren erkannt wurde.

Angesichts des plötzlichen Wandels im Szenario des Fremdsprachenunterrichts, genauer gesagt des DaF-Unterrichts, haben wir jedoch einen bedeutenden Forscher der Fremdsprachendidaktik, Professor Dr. Dietmar Rösler, eingeladen, das vorliegende Heft zu eröffnen und über mögliche Auswirkungen der aktuellen Pandemie im Bereich des DaF-Unterrichts nachzudenken. Wir haben uns sehr gefreut, dass er sich bereit erklärt hat, einige Fragen zu beantworten, und es ist uns daher eine Ehre, das Thema mit seinen Überlegungen einzuleiten. In einem Interview mit uns macht sich Dietmar Rösler Gedanken über die Möglichkeiten und Risiken, die der Einsatz digitaler Technologien für den Lehr- und Lernprozess sowie für die Lehrerausbildung mit sich bringen kann.

Danach gliedern wir die Arbeit der AutorInnen in zwei Teile: Im ersten Teil stellen wir die Ergebnisse von Studien vor, die mit spezifischen digitalen Anwendungen (Apps) oder Werkzeugen durchgeführt wurden. Der erste Text dieses Teils trägt den Titel „Mudando o ritmo das aulas de alemão como língua adicional por meio de músicas e mídias digitais“, von Marceli Cherchiglia Aquino, die didaktische Strategien bei der Realisierung eines Musikprojektes in einem deutschsprachigen Kurses als Zusatzsprache vorstellt und beschreibt.

Der zweite Beitrag mit dem Titel „Perguntas e respostas: o uso da plataforma Yahoo Clever! como ferramenta de ensino de alemão como língua estrangeira“, von Mariana Kuntz de Andrade e Silva und Henrique Elias Roveran, analysiert Erfahrungen, die mit dem Einstellen von Fragen und Antworten auf der Plattform Yahoo! im DaF-Unterrichts gemacht wurden.

Ebenfalls in diesem ersten Teil beschreibt der dritte Text „O emprego do aplicativo móvel Duolingo no processo de ensino e aprendizagem de alemão como língua estrangeira em contexto de ensino presencial universitário“, von Telma de Macedo Melo, eine Erfahrung mit dieser App hinsichtlich der möglichen Erhöhung des Kontaktes der Lernenden mit der Fremdsprache und der Erweiterung des Wortschatzes.

Am Ende des ersten Teils präsentieren wir einen Beitrag der Organisatorinnen dieses Dossiers, Gabriela Marques-Schäfer und Cibele Cecilio de Faria Rozenfeld, mit dem Titel „Förderung der Sprechfertigkeit in DaF: eine qualitative Studie zur Nutzung von ChatClass“. Die Arbeit präsentiert Ergebnisse einer Studie über die Entwicklung der mündlichen Fähigkeiten von Lernenden durch den Einsatz der App ChatClass für Deutsch als Fremdsprache zu präsentieren.

Im zweiten Teil des Dossiers stellen wir Texte mit unterschiedlichen Ansätzen für die Verwendung digitaler Medien vor. Zum einen die Arbeit " Modelo de ensino-aprendizagem híbrido de alemão no Brasil: uma tendência contemporânea desafiadora?“, von André Luiz Ming Garcia, Elizângela Redel und Franciele Maria Martiny, die zum Ziel hat, eine Untersuchung über Erfahrungen von Studierenden während zweier Blended Learning-Kurse für DaF zu diskutieren.

Ebenfalls zum Thema Blended Learning befasst sich die Arbeit „Deutsch lernen im Blended-Format: Erfahrungen mit dem brasilianischen Sprachlernprogramm ‘Idiomas sem Fronteiras - Alemão‘“ von Giovanna Chaves, Thiago Viti Mariano und Jean Paul Voerkel mit den Herausforderungen und Chancen des Blended Learning nach dem Vorbild des Programms Idiomas sem Fronteiras, das Online-Deutschkurse mit virtueller und persönlicher Begleitung anbietet.

Im Anschluss daran präsentiert der Beitrag von Cristiane Schmidt und Tatiane Cardoso de Aquino „Die Relevanz der Selbstlernzentren für die Autonomiebildung beim Fremdsprachenlernen an der Universität“ eine Reflexion über die Rolle institutionalisierter Räume, insbesondere der Selbstlernzentren, bei der Entwicklung der Autonomie sowie über ihre Beziehung zum Prozess des Fremdsprachenlernens.

Den Abschluss unseres Themenhefts bildet die Arbeit Zeitgeist: Modelando um projeto editorial com interface digital“ von Paulo Sampaio Xavier de Oliveira und Leandro Ledel, welche ein Redaktionsprojekt von Unterrichtsmaterialien für den Deutschunterricht im universitären Kontext vorstellt.

Abschließend wünschen wir Ihnen eine gute Lektüre und hoffen, dass dieser ganz besondere Moment, den wir erleben, dazu beitragen kann, dass Lehrerinnen und Lehrer das große Potenzial digitaler Medien auch für das Lernen anderer Inhalte wie Literatur, Kultur, Linguistik etc. nutzen. Wir hoffen, dass dieses Themenheft Impulse sowohl für die Praxis als auch für die Forschung im Bereich der Fremdsprachendidaktik in Brasilien (und vielleicht auch in anderen Ländern) geben kann.

Referências bibliográficas

  • 1
    KENSKI VANI. M. Educação e tecnologias: o novo ritmo da informação. Campinas: Editora Papirus, 2012.
  • 2
    MORAN JOSÉ M. Ensino e aprendizagem inovadores com apoio de tecnologias. In: Novas tecnologias e mediação pedagógica. Papirus Editora, 2017.
  • 3
    TORI ROMERO. Educação sem distância: as tecnologias interativas na redução de distâncias em ensino e aprendizagem. São Paulo: Editora Senac São Paulo, 2010.

Publication Dates

  • Publication in this collection
    01 Feb 2021
  • Date of issue
    Jan-Apr 2021

History

  • Received
    27 Aug 2020
  • Accepted
    29 Aug 2020
Universidade de São Paulo/Faculdade de Filosofia, Letras e Ciências Humanas/; Programa de Pós-Graduação em Língua e Literatura Alemã Av. Prof. Luciano Gualberto, 403, 05508-900 São Paulo/SP/ Brasil, Tel.: (55 11)3091-5028 - São Paulo - SP - Brazil
E-mail: pandaemonium@usp.br