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Förderung der Sprechfertigkeit in DaF: eine qualitative Studie zur Nutzung von ChatClass

Improving speaking skills in German as a foreign language: a qualitative research on the use of ChatClass

Zusammenfassung

Mit der Entwicklung mobiler Technologien wird die Auswahl an digitalen Tools zum Erlernen einer Fremdsprache immer größer. Jedoch setzen die meisten Angebote einen Schwerpunkt auf das Wortschatzlernen sowie auf die Übung grammatischer Phänomene, sodass die Fertigkeit Sprechen in den aktuellen Angeboten seltener gefördert wird. Um diese Lücke zu füllen, wurde die App ChatClass entwickelt, die im vorliegenden Beitrag empirisch untersucht wird. Während eines Semesters nutzten angehende DaF-Lehrende einer brasilianischen Universität die App, um ihre eigene Sprechfertigkeit zu verbessern. Ergebnisse aus der Studie zeigen, dass die Übungen der hier untersuchten App nicht nur als innovativ betrachtet wurden, sondern sich zudem positiv auf den Lernprozess der Studierenden auswirkten, da sie sowohl das monologische Sprechen förderte als auch einen authentischen mündlichen Lerner-Lerner-Austausch ohne die Interferenz einer Lehrperson ermöglichten. Bemerkenswert ist, dass gerade dieser Austausch die Lernenden dazu motivierte und ermutigte, sich mehr in der Fremdsprache außerhalb des Unterrichts zu äußern.

Schlüsselwörter:
Sprechfertigkeit; mobiles Lernen; Chatbot; Sprechstrategien; Sprechangst

Abstract

With the advent of mobile technologies, the development of digital tools for learning a foreign language began to grow. However, most of the tools available emphasize vocabulary learning and grammatical features, in detriment of speaking skills. This article examines ChatClass app, which was developed to fill this gap. The data was collected from a questionnaire handed out to German students of a Brazilian university. During a semester, the students used the ChatClass Deutsch app in order to improve their speaking skills. Results from the study show that the tool was considered innovative and a valid way to encourage learning and speaking, since it enables a learner-learner-oral-authentic exchange without the interference of a teacher. The article concludes that the experience has motivated the learners to express themselves more freely in the foreign language outside the classroom.

Keywords:
speaking skills; mobile learning; chatbot; speaking strategies; speaking anxiety

1 Einführung

Die mündliche Sprachentwicklung beim Erlernen einer Fremdsprache ist ein ziemlich komplexer Prozess, der Faktoren unterschiedlicher Art beinhaltet. Laut Kurtz (201319 KURTZ Jurgen. Sprechen und Aussprache. In: Hallet, Wolfgang; König, Frank G. (Hrsg.) Handbuch Fremdsprachendidaktik. Seelze, Kallmeyer, 2013, 83-86.: 83-84) wird das Sprechen in einer Fremdsprache heute nicht nur als eine Fertigkeit neben anderen gesehen, sondern als ein hochkomplexes Phänomen, zu dem andere sprachlich-interkulturelle Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten gehören.

Lernende einer Fremdsprache müssen beim Sprechen in der Lage sein, in Echtzeit auf linguistische Aspekte einer Sprache wie z.B. Aussprache, Syntax und Wortschatz und gleichzeitig auf die soziokulturellen Rahmenbedingungen der Interaktion zu achten, in der sie sich befinden, um erfolgreich mündlich kommunizieren zu können. Dabei können unterschiedliche Emotionen wie Hemmungen oder Redeangst entstehen, die ihre mündlichen Äußerungen beeinflussen (s. Ferreira 201710 FERREIRA Jaqueline Garcia. Autoreflexão e ação sobre fatores geradores de ansiedade de produção oral em aulas de alemão como língua estrangeira em ambiente universitário: uma proposta experimental de consultoria individual. Dissertação de Mestrado. FFLCH/USP, 2017.; Isigüzel 201715 ISIGUZEL Bahar. The emotional dimension during speech production in the Foreign Language Learning Process. In: International Journal of Languages' Education and Teaching. v. 5, n. 4, 2017, 137-144.; Rogina 201833 ROGINA Irene. Sprechen - Unterschätzte Fertigkeit im Grammatikunterricht? Überlegungen aus Theorie und Praxis des DaF-Unterrichts an italienischen Universitäten. In: Gesprochene (Fremd-) Sprache als Forschungs- und Lehrgegenstand »,» ®,® §,§ ­,­ ¹,¹ ²,² ³,³ ß,ß Þ,Þ þ,þ ×,× Ú,Ú ú,ú Û,Û û,û Ù,Ù ù,ù ¨,¨ Ü,Ü ü,ü Ý,Ý ý,ý ¥,¥ ÿ,ÿ ¶,¶ , Trieste, EUT Edizioni Università di Trieste, 2018, 83-106.).

In Bezug auf die Konsequenzen der Förderung des Sprechens im Fremdsprachenunterricht ist es wichtig, sowohl die individuellen Faktoren der Lernenden als auch die Bedingungen und Ausstattung des Lernkontextes zu berücksichtigen. Paiva (201527 PAIVA Vera Lucia Menezes O. O uso da tecnologia no ensino de línguas estrangeiras. In: JESUS, DÁNIE MARCELO; MACIEL, RUBERVAL FRANCO (Orgs). Olhares sobre tecnologias digitais: linguagens, ensino, formação e prática docente. Campinas, Pontes Editoras, 2015, 21-34: 26-29) zufolge werden bereits seit dem letzten Jahrhundert unterschiedliche Medien verwendet, um die Arbeit mit Lehrbüchern zu ergänzen und damit die Übung der Sprechfertigkeit der Lernenden im Klassenzimmer und außerhalb des Unterrichts zu unterstützen, wie Radio, Fernsehen, Audiokassetten, CDs, Computer und zuletzt Lernsoftwares. Laut der Autorin haben Lernende früher im Sprachlabor z.B. mit Kassetten Dialoge auswendig gelernt und wiederholt. Damit wurde das monologische Sprechen zwar außerhalb des Klassenraums geübt, das dialogische Sprechen jedoch nicht. Lernende haben allein gearbeitet und kein Feedback von anderen Lernenden und/oder von Lehrenden erhalten.

Heute gehören das dialogische Sprechen sowie die Durchführung von collaborative dialogs (Swain 199539 SWAIN Merrill. Three functions of output in second language learning. In: Cook, Guy/Seidlhoffer, Barbara (Org.). Principles and practise in applied linguistics: studies in honour of H.G. Widdowson. Oxford: O.U.P., 1995, 125-144., 200038 SWAIN Merrill. The output hypothesis and beyond: Mediating acquisition through collaborative dialogue. In: Lantof, James P. (Org.): Socialcultural theory and second language learning. New York: O.U.P., 2000, 97-114.) zu den Lehrplänen des modernen Fremdsprachenunterrichts, aber aus verschiedenen Gründen - vor allem aus zeitlichen - nicht immer zur (Unterrichts-) Praxis. Das monologische Sprechen wird weiter als eine gute Lernstrategie zur Förderung der Sprechfertigkeit betrachtet, Sprachlabore werden jedoch nicht mehr besucht oder existieren gar nicht mehr. Darum stellen wir uns die folgenden Fragen: Wie können Lernende einer Fremdsprache ihre Sprechfertigkeit außerhalb des Unterrichts am besten fördern? Wie können Lernende digitale Medien nutzen, um sich besser und häufiger in der Fremdsprache auszudrücken?

Insbesondere die Smartphones erweisen sich als äußerst vielseitiges Arbeitsgerät für die Durchführung von Sprechaufgaben (s. Feick 20159 FEICK Diana. Mehr als nur Apps. Mobiles Lernen im DaF-Unterricht. Fremdsprache Deutsch, n. 53, 14-18, 2015.). Die Nutzung dieser Geräte außerhalb des Fremdsprachenunterrichts ist weit verbreitet und kaum aus dem privaten Alltag vieler Lernender wegzudenken. Das heißt allerdings nicht, dass sie diese Technologie auch sinnvoll und zielgerichtet zum eigenen Lernen nutzen. Es gibt zwar zahlreiche Apps, die das Selbstlernen unterstützen können, aber Apps zur Förderung der Sprechfertigkeit in einer Fremdsprache sind ein wesentliches Desiderat. Diese Lücke wird häufig in Lehr- und Lernkontexten von Fremdsprachen mit bekannten Messenger-Apps, wie WhatsApp, gefüllt, denn sie bieten durch ihre Audio- und Video-Funktionen neue Möglichkeiten, die Sprechfertigkeit in einer Fremdsprache zu üben.

Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht darin, das Potenzial der App ChatClass, die zur Förderung der Sprechfertigkeit von Deutsch-Lernenden entwickelt wurde, zu analysieren. Diese App soll Lernenden helfen, die Sprechfrequenz und Sprechdauer durch unterschiedliche Übungen außerhalb des Unterrichts zu erhöhen. Bei dieser Zielsetzung liegt der Fokus dieser Studie auf folgenden Forschungsfragen: (i) Wie kann die Nutzung von ChatClass aus Sicht der Lernenden die Entwicklung der Sprechfertigkeit in der Fremdsprache fördern? und (ii) Welche Strategien wenden die Lernenden bei den Übungen zur mündlichen Sprachproduktion an? Die App ChatClass wurde von DaF-Studierenden aus einer brasilianischen Universität für einen Zeitraum von zwei Monaten genutzt und evaluiert.

Hierfür ist die vorliegende Arbeit in folgende Abschnitte unterteilt: nach der Einführung werden die der Arbeit zugrunde liegenden theoretischen Überlegungen dargelegt, daraufhin die Methodologie der Studie vorgestellt und im Anschluss daran Auszüge aus den Daten diskutiert.

2 Sprechfertigkeit: von den Emotionen bis zu den Strategien bei mündlichen Äußerungen

Wirft man einen Blick auf die Methoden des Fremdsprachenunterrichts in den letzten Jahrzehnten, bemerkt man eine Veränderung der Lehr- und Lernkonzeptionen. Seit den 70er Jahren kam es weltweit zu einer beachtlichen Steigerung des Interesses an Fremdsprachen infolge der historischen und ökonomischen Situation, sprich, einer größeren Mobilität aus beruflichen oder persönlichen Gründen und so zu häufigeren Kontakten mit Personen aus anderen Ländern (s. Neuner und Hunfeld 199925 NEUNER Gerhard, HUNFELD Hans. Methoden des Fremdsprachlichen Deutschunterrichts: Eine Einführung. (Fernstudienprojekt zur Fort- und Weiterbildung im Bereich Germanistik und Deutsch als Fremdsprache, Teilbereich Deutsch als Fremdsprache, Fernstudieneinheit 4). Berlin, Langenscheidt, 1999.). Immer mehr führt das Erlernen einer Fremdsprache zu einer Befähigung der Lernenden zur Kommunikation mit Menschen anderer Kulturen und aus diesem Grund zu einem Bruch bestimmter Prämissen vorheriger Methoden, in denen ein Fokus auf linguistischen Strukturen, auf der Förderung der Lesefertigkeit sowie auf der Präsentation entkontextualisierter Strukturen lag, losgelöst von den realen Verwendungssituationen der Sprache. Fremdsprachenlernen heißt seit dieser Zeit kommunizieren. Der Umgang mit Strukturen, Regeln und Normen ändert sich. Lernziele und damit verbundene Fremdsprachenunterrichtsmethoden werden neu formuliert, Lehrer- und Lernerrollen werden weniger hierarchisch definiert und sozio-psychologische Aspekte werden häufiger in die Lernprozessdiskussion integriert. Es entwickelt sich die so genannte Kommunikative Wende und der damit verbundene Begriff der kommunikativen Kompetenz, der von Piepho (197429 PIEPHO Hans-Eberhard. Kommunikative Kompetenz als übergeordnetes Lernziel im Englischunterricht. Dornburg-Frickhofen, Frankonius, 1974.: 16) wie folgt definiert wird:

Kommunikative Kompetenz entfaltet sich als Handlung oder Diskurs im Unterricht nur, wenn die Form der Mittel gegenüber der Bedeutsamkeit der Absichten und der Rollen zweitrangig bewertet und gewichtet werden (Piepho 197429 PIEPHO Hans-Eberhard. Kommunikative Kompetenz als übergeordnetes Lernziel im Englischunterricht. Dornburg-Frickhofen, Frankonius, 1974.: 16, Herv. im Original).

Nach Piepho muss die Vermittlung von Sprachnormen im Fremdsprachenunterricht hinter der Vermittlung der Sprechabsichten und deren Bedeutungen zurückstehen, wenn im Unterricht kommunikative Kompetenz gefördert werden soll. Wenn Lernende nur mit der Form einer Sprache und nicht mit ihrer kontextgebundenen und sozialen Bedeutung konfrontiert werden, werden sie kaum die Fähigkeit erlangen, in Alltagssituationen erfolgreich zu kommunizieren. Daher soll den Lernenden bewusst werden, auf welche Weise sprachliche Formen mit Mitteilungsabsichten verknüpft sind. Der Autor (ebd.: 35) priorisiert den Ausdruck sprachlicher Intentionen gegenüber der Vermittlung von Sprachregeln, um die Entwicklung kommunikativer Kompetenz zu erreichen. Dem Autor zufolge sollen Lernende im Fremdsprachenunterricht dazu befähigt werden, besser und bewusster in der Gesellschaft zu agieren. Darüber hinaus sollen sie die Gelegenheit haben, ihre Ansprüche, Schwierigkeiten und Erwartungen eigenständig zu artikulieren.

Die mündliche kommunikative Kompetenz ist ein Ziel des modernen Fremdsprachenunterrichts, das selten isoliert auftritt, sondern vielmehr zusammen mit dem Erlernen linguistischer Strukturen sowie den anderen Fertigkeiten Lesen, Schreiben und Hören auftaucht (Schatz 200637 SCHATZ Heide. Fertigkeit Sprechen. Berlin: Langenscheidt (Fernstudienprojekt zur Fort- und Weiterbildung im Bereich Germanistik und Deutsch als Fremdsprache Teilbereich Deutsch als Fremdsprache, Fernstudieneinheit 20), 2006.: 19). Zudem findet sie stets zwischen bestimmten Personen, zu bestimmten Zeiten, an bestimmten Orten und unter bestimmten Bedingungen statt.

Deswegen, sowie wegen des Erlernens einer Fremdsprache vornehmlich zum Zwecke der Kommunikation, vertreten Autoren wie Funk (200912 FUNK Hermann. Grammatisches Wissen und Sprechkompetenz - ein Versuch zur Lösung des "Henne-Ei"-Problems im Fremdsprachenunterricht. Goethe-Institut Athen (Org.): Akzent Deutsch. Zeitschrift für Deutschlehrer in Griechenland, vol. 2, 2009.: 3) und Schatz (200637 SCHATZ Heide. Fertigkeit Sprechen. Berlin: Langenscheidt (Fernstudienprojekt zur Fort- und Weiterbildung im Bereich Germanistik und Deutsch als Fremdsprache Teilbereich Deutsch als Fremdsprache, Fernstudieneinheit 20), 2006.: 19) die Ansicht, dass Lehransätze einen Schwerpunkt auf die Sprachanwendung und diskursive Tätigkeiten der Lernenden setzen sollen.

Schatz (200637 SCHATZ Heide. Fertigkeit Sprechen. Berlin: Langenscheidt (Fernstudienprojekt zur Fort- und Weiterbildung im Bereich Germanistik und Deutsch als Fremdsprache Teilbereich Deutsch als Fremdsprache, Fernstudieneinheit 20), 2006.: 15) arbeitet mit dem Begriff der Sprechfertigkeit und beschreibt die Sprachentwicklung in ungesteuerten und gesteuerten Spracherwerbssituationen. Im ersten Fall vollzieht sich Kommunikation in einem natürlicheren bzw. spontaneren Lernprozess, wenn sich die Person im Land der Zielsprache befindet. Es handelt sich so um ein Erlernen anhand realer Situationen, in denen Sprachhandlungen erfordert werden, die auf direktem Wege erlernt werden müssen. Auf der anderen Seite bezieht sich der gesteuerte Spracherwerb auf jede Art formaler Lehre, durch Bereitstellung eines physischen Raumes, des Lehrenden sowie einer angewandten Lehrmethode.

Obwohl die sogenannten gesteuerten Aktivitäten normalerweise nicht innerhalb des zielsprachigen Landes stattfinden, ist die Autorin der Ansicht, dass es Möglichkeiten gebe, die Schüler auch im Klassenraum auf Sprachhandlungen vorzubereiten, deren Kontexte ähnlich denen der realen Kommunikation sind, wenn auch mittels nicht authentischer, nicht spontaner Aktivitäten. Bei diesem Prozess unterteilt die Autorin die Sprechfertigkeit in Mittler- und Zielfertigkeit (Schatz 200637 SCHATZ Heide. Fertigkeit Sprechen. Berlin: Langenscheidt (Fernstudienprojekt zur Fort- und Weiterbildung im Bereich Germanistik und Deutsch als Fremdsprache Teilbereich Deutsch als Fremdsprache, Fernstudieneinheit 20), 2006.: 16).

Die mündliche Produktion als Mittlerfertigkeit äußert sich, wenn der Lernende eine Leseübung korrekt realisiert oder einen auswendig gelernten Dialog wiedergibt. Das Sprechen als Zielfertigkeit wird dann erreicht, wenn man fähig ist, in der Fremdsprache zu agieren und sie zur Verständigung mit Personen anderer Kulturen anzuwenden. Zwischen diesen zwei Polen gibt es etliche Aktivitäten, die mit den Lernenden durchgeführt werden können, um sie zur Zielfertigkeit hinzuführen. Hierunter fallen laut Schatz (200637 SCHATZ Heide. Fertigkeit Sprechen. Berlin: Langenscheidt (Fernstudienprojekt zur Fort- und Weiterbildung im Bereich Germanistik und Deutsch als Fremdsprache Teilbereich Deutsch als Fremdsprache, Fernstudieneinheit 20), 2006.) mündliche Aufgaben zur Einübung linguistischer Strukturen, die Wiederholung von Sätzen, das laute Vorlesen eines Textes, was alles ebenfalls seine Berechtigung im Unterricht hat, zumal es zu einer Abnahme möglicher Sprechhemmungen führen kann. Jedoch muss man sich klar darüber sein, nicht in dieser Phase zu verbleiben. Im Gegenteil dazu sollten derartige Aktivitäten als Vorstufe für das Sprechen als Zielfertigkeit konzipiert werden (Schatz 2006: 16).

In Bezug auf die inhärente Komplexität des fremdsprachlichen Sprechprozesses betont Hinkel (200614 HINKEL Eli. Current perspectives on Teaching the four skills. In: TESOL QUARTERLY v. 40, n. 1, 2006.: 114) die Vielfältigkeit der hierbei involvierten Unter-Fertigkeiten, wenn man berücksichtigt, dass die Lernenden sowohl Inhalt als auch Morphosyntax, Lexik, Prosodie, die Informationsstruktur, soziokulturelle Kompetenz (s. Canale 19837 CANALE Michael. From Communicative Competence to Communicative Language Pedagogy. In RICHARD, J. C. & SCHMIDT, R. W. (Eds.). Language and Communication, London, Longman, 1983, 2-14.) sowie pragmatische Aspekte beachten müssen (Tarone 200540 TARONE Elaine. Speaking in a second language. In Hinkel, Eli (Ed.). Handbook of research in second language teaching and learning. Mahwah, NJ, Lawrence Erlbaum, 2005, 485-502., apud Hinkel 2006). Das Sprechen erfordert vom Lernenden eine ständige Selbstüberwachung, um Kommunikationsprobleme als solche zu erkennen sowie sie unmittelbar zu korrigieren.

Canale & Swain (19808 CANALE Michael, SWAIN Merril. Theoretical Bases of Communicative Approaches to Second Language Teaching and Testing. In: Applied Linguistics, 1, 1980, 1-47.) haben bereits in den 80er Jahren die Notwendigkeit aufgezeigt, dass Lernende ihre linguistischen Wissenslücken im Moment der Kommunikation bewältigen, und schlagen eine Unterteilung kommunikativer Kompetenz in grammatische, soziolinguistische und strategische Kompetenzen vor, die folgendermaßen definiert werden können:

Grammatische Kompetenz: Bereich des linguistischen Kodes, die Fähigkeit, die linguistischen Eigenschaften der Sprache zu erkennen und zur Bildung von Wörtern und Sätzen anzuwenden; soziolinguistische Kompetenz: Wissen um die sozialen Regeln, die den Gebrauch der Sprache bestimmen, Verständnis des sozialen Kontextes, in dem die Sprache benutzt wird; strategische Kompetenz: Strategien werden angewandt, um Emphase auszudrücken und/oder jedwede Art von Schwierigkeiten beim Sprachgebrauch zu kompensieren (Canale; Swain 19808 CANALE Michael, SWAIN Merril. Theoretical Bases of Communicative Approaches to Second Language Teaching and Testing. In: Applied Linguistics, 1, 1980, 1-47., apud Fraiha Paiva 201511 FRAIHA PAIVA Aline. A interculturalidade no ensino de línguas estrangeiras - problematizando o termo competência comunicativa intercultural. Tese de Doutorado. Universidade Federal de São Carlos, 2015. 152 f.: 85).

Bei einer Revision des Konzepts der kommunikativen Kompetenz fügt Canale (19808 CANALE Michael, SWAIN Merril. Theoretical Bases of Communicative Approaches to Second Language Teaching and Testing. In: Applied Linguistics, 1, 1980, 1-47.) diesen drei noch die diskursive Kompetenz hinzu, die aus der „Fähigkeit [besteht], Phrasen und Sätze zu verbinden, indem man sich der textuellen Kohärenz und Kohäsion bedient“ (Fraiha Paiva 201511 FRAIHA PAIVA Aline. A interculturalidade no ensino de línguas estrangeiras - problematizando o termo competência comunicativa intercultural. Tese de Doutorado. Universidade Federal de São Carlos, 2015. 152 f.: 86).

Man merkt bei der Definition der Autoren das Bestreben, die unterschiedlichen Elemente, die in diesem Prozess eingeflochten sind, in das Konzept der kommunikativen Kompetenz (als Grundlage des kommunikativen Ansatzes) zu fassen: die Kenntnisse linguistischer Strukturen, die Handhabung von Wissenslücken der Lernenden, soziokulturelle Aspekte der Zielsprache und die Fähigkeit, kohäsive und kohärente Texte zu produzieren.

Ein wichtiger Aspekt in der Diskussion über die Schwierigkeiten mündlicher Sprachproduktion in der Fremdsprache, der nicht vergessen werden darf, ist der emotionale Aspekt der Lernenden. Rogina (201833 ROGINA Irene. Sprechen - Unterschätzte Fertigkeit im Grammatikunterricht? Überlegungen aus Theorie und Praxis des DaF-Unterrichts an italienischen Universitäten. In: Gesprochene (Fremd-) Sprache als Forschungs- und Lehrgegenstand »,» ®,® §,§ ­,­ ¹,¹ ²,² ³,³ ß,ß Þ,Þ þ,þ ×,× Ú,Ú ú,ú Û,Û û,û Ù,Ù ù,ù ¨,¨ Ü,Ü ü,ü Ý,Ý ý,ý ¥,¥ ÿ,ÿ ¶,¶ , Trieste, EUT Edizioni Università di Trieste, 2018, 83-106.) hebt bei ihrer Analyse der Komplexität fremdsprachlicher Äußerungen den Standpunkt hervor, dass hierbei häufig negative Gefühle auftreten, wie Anspannung, Scham vor den Kollegen, Angst aus dem Gefühl heraus, auf die Kommunikationssituation nicht vorbereitet und zu sprachlichen Äußerungen nicht in der Lage zu sein, sowie eine hohe Erwartung an sich selbst, alles korrekt machen zu müssen. Vor diesem Hintergrund ist festzuhalten, dass das Sprechen in einer Fremdsprache mit einer gewissen Angespanntheit einhergeht, die zu dem Wunsch der Lernenden führen kann, jede Exposition zu vermeiden, und die so das Erlernen der Sprechfertigkeit beeinträchtigt.

Außer Rogina (201833 ROGINA Irene. Sprechen - Unterschätzte Fertigkeit im Grammatikunterricht? Überlegungen aus Theorie und Praxis des DaF-Unterrichts an italienischen Universitäten. In: Gesprochene (Fremd-) Sprache als Forschungs- und Lehrgegenstand »,» ®,® §,§ ­,­ ¹,¹ ²,² ³,³ ß,ß Þ,Þ þ,þ ×,× Ú,Ú ú,ú Û,Û û,û Ù,Ù ù,ù ¨,¨ Ü,Ü ü,ü Ý,Ý ý,ý ¥,¥ ÿ,ÿ ¶,¶ , Trieste, EUT Edizioni Università di Trieste, 2018, 83-106.) untersuchten z.B. auch Isigüzel (201715 ISIGUZEL Bahar. The emotional dimension during speech production in the Foreign Language Learning Process. In: International Journal of Languages' Education and Teaching. v. 5, n. 4, 2017, 137-144.) und Ferreira (201710 FERREIRA Jaqueline Garcia. Autoreflexão e ação sobre fatores geradores de ansiedade de produção oral em aulas de alemão como língua estrangeira em ambiente universitário: uma proposta experimental de consultoria individual. Dissertação de Mestrado. FFLCH/USP, 2017.) die Rolle der Emotionen bei der Sprechentwicklung. Die Forschungsergebnisse von Isigüzel (201715 ISIGUZEL Bahar. The emotional dimension during speech production in the Foreign Language Learning Process. In: International Journal of Languages' Education and Teaching. v. 5, n. 4, 2017, 137-144.) zeigen drei emotionale Dimensionen der Lernenden während der mündlichen Produktion: die negative (Nervosität, Scham, Anspannung, Angst vor Fehlern, Unsicherheit, Stress etc.), die positive (Selbstvertrauen, Zufriedenheit) und eine Dimension, die sich auf vorangegangene Lernerfahrungen bezieht (Isigüzel 201715 ISIGUZEL Bahar. The emotional dimension during speech production in the Foreign Language Learning Process. In: International Journal of Languages' Education and Teaching. v. 5, n. 4, 2017, 137-144.). Die Autorin führt aus, dass innerhalb dieser drei Bereiche die negativen Emotionen überwiegen und die Lernenden demotivieren, sich mündlich in einer Fremdsprache zu äußern. Auf der anderen Seite fungieren positive Emotionen als Motivationsquelle und können das Lernen vorantreiben (Isigüzel 201715 ISIGUZEL Bahar. The emotional dimension during speech production in the Foreign Language Learning Process. In: International Journal of Languages' Education and Teaching. v. 5, n. 4, 2017, 137-144.: 143). In Bezug auf die dritte Dimension stellt die Autorin fest, dass die Sprechfertigkeit aufgrund der bisherigen Ausbildung der Lernenden in vielen Fällen nicht in gleicher Weise entwickelt wird wie die übrigen Fertigkeiten (Schreiben, Lesen, Hörverstehen): Sprechen erfordert eine intensive Sprechpraxis und die Daten zeigen, dass die Lernenden es oftmals nicht unternahmen, sich regelmäßig mündlich auszudrücken. Demgegenüber überwogen ihre Grammatikkenntnisse.

Vergegenwärtigt man sich die unzähligen Elemente, die in den Sprechvorgang involviert sind, schlagen einige Autoren vor, dessen Entwicklung in Etappen aufzuteilen.

Für Schatz (200637 SCHATZ Heide. Fertigkeit Sprechen. Berlin: Langenscheidt (Fernstudienprojekt zur Fort- und Weiterbildung im Bereich Germanistik und Deutsch als Fremdsprache Teilbereich Deutsch als Fremdsprache, Fernstudieneinheit 20), 2006.: 29) vollzieht sich der mündliche Ausdruck in folgenden Phasen: a) Konstruktion (beinhaltet, was gesagt werden soll und wie dies durchzuführen ist, im Hinblick auf die Kommunikationssituation und Gesprächspartner); b) Verarbeitung (Verarbeitung der Elemente Was und Wie im Satz) und zuletzt c) Durchführung (die übermittelte Nachricht mittels verbaler Elemente, Gestik und Mimik). Dementsprechend unterscheidet die Autorin die Tätigkeiten, die die Lernenden auf den mündlichen Ausdruck vorbereiten, in drei Gruppen: Aufgaben, die „die mündliche Kommunikation vorbereiten“ (eher reproduktiv, mit stark nachahmendem Charakter); Aufgaben, die „die mündliche Kommunikation aufbauen und strukturieren“ (eher produktiv wie Spiele oder das Erweitern von Sätzen, d.h. den Lernenden sind die zu produzierenden Strukturen nur teilweise angegeben) und Aufgaben, die „die mündliche Kommunikation simulieren“ (Aufgaben zum freien Sprechen, die auf eine reale Kommunikationssituation vorbereiten, wie z. B. Rollenspiele) (Schatz 2006: 43). Diese Etappen sind Mittel zum Zweck: zur Kommunikation. Jedoch betont die Autorin, dass diese Gruppen nicht streng abgegrenzt angewandt werden dürfen. Die Unterscheidung dient lediglich dazu, das Verständnis des komplexen Prozesses zu vereinfachen.

Die von Schatz beschriebenen Phasen kommen jenen von Levelt (198920 LEVELT Willem J M. Speaking: from intention to articulation. Cambridge, MIT Press, 1989.) entgegen. Nach Pham (201428 PHAM Trong Binh. Zur Verbesserung der Hörverstehens- und Sprechfertigkeiten der Deutschstudierenden in Vietnam. Dissertation, Technischen Universität Berlin, 2014. 314f.) wurde die umfassendste und produktivste Darstellung des Sprechprozesses von Levelt vorgelegt (Pham 2014: 31), welche den Prozess mündlicher Produktion in drei Stufen unterteilt: „Konzeption, Formulierung (Vorbereitung) und Artikulation (Durchführung)“. Die erste Phase (Konzeption) setzt sich aus Makro- und Mikroplanung zusammen. Bei der Makroplanung müssen den Lernenden die Kommunikationsziele vermittelt werden, wie z.B. sich vorzustellen, etwas im Restaurant zu bestellen etc. Ab da aktivieren die Lernenden ihre Vorkenntnisse über die jeweilige Situation, den Gesprächspartner und die Thematik und entscheiden so über Inhalt und Abfolge ihrer Äußerungen. Diese vorausgehende Struktur stellt so die Mikroplanung des Sprechvorgangs dar. In der Vorbereitungsphase werden zudem nonverbale und paralinguistische Aspekte wie Körpersprache, Sprechtempo, Ironie, Betonung etc. bestimmt. Schließlich erfolgt als letzte Phase die Realisierung des Sprechvorgangs.

In seiner Untersuchung über das Hörverstehen und den mündlichen Ausdruck von Deutsch-Lernenden in Vietnam stellt Pham (201428 PHAM Trong Binh. Zur Verbesserung der Hörverstehens- und Sprechfertigkeiten der Deutschstudierenden in Vietnam. Dissertation, Technischen Universität Berlin, 2014. 314f.) fest, dass die Mehrheit der Lernenden nicht über angemessene Strategien zur Entwicklung mündlicher Fertigkeiten verfügte und diese außerhalb des Unterrichtsraumes auch nicht geübt wurden. Seine Studie verdeutlicht, dass mangels der notwendigen Einübung eben dieser Strategien viele Lernende trotz großer Bemühungen erfolglos blieben und nach und nach die Lust, Deutsch zu lernen, verloren.

Die Strategien zur mündlichen Produktion sowohl innerhalb als auch außerhalb des Klassenraums sind das zentrale Thema einer Arbeit von Oxford (199426 OXFORD Rebecca. Language Learning Strategies. What every teacher should know. Boston (Mass.), Heinle/ Heinle, 1994.) und sie können wie folgt zusammengefasst werden: Benutzung von Schlüsselwörtern, um bei der Kommunikation Zeit zu gewinnen; von Synonymen und Antonymen; Paraphrasen; Umformulierungen; Beschreibungen; direkte Übersetzungen in die andere Sprache; Produktion von vereinfachten Sätzen; Gebrauch von Gestik und Mimik; Suche nach direkter Hilfe; Bewahrung der Ruhe und Einlegen von Pausen; Benutzung eines Spiegels, um die eigenen Gesichtsbewegungen zu sehen; Aufzeichnen der eigenen Stimme; lautes Lesen; Anhören; Singen und Nachsprechen von Liedtexten und Rhythmen, um ein Gefühl für Melodien zu bekommen; das Simulieren von Dialogen (mit anderen Lernenden zusammen oder allein) (Oxford 199426 OXFORD Rebecca. Language Learning Strategies. What every teacher should know. Boston (Mass.), Heinle/ Heinle, 1994.: 324).

Hinsichtlich der Komplexität des Entwicklungsprozesses fremdsprachlicher Äußerungen sind wir der Ansicht, dass die neuen technologischen Ressourcen den Lernenden neue Möglichkeiten und Sprechkontexte bieten und zudem die Entwicklung einiger von Oxford vorgeschlagener Strategien sowie die Entwicklung der positiven emotionalen Dimension bei der mündlichen Produktion begünstigen (Isigüzel 201715 ISIGUZEL Bahar. The emotional dimension during speech production in the Foreign Language Learning Process. In: International Journal of Languages' Education and Teaching. v. 5, n. 4, 2017, 137-144.). Messenger-Apps wie z.B. Messenger von Facebook, Whatsapp, Skype, Google-Hangout ermöglichen es den Lernenden, mündliche Texte zu produzieren und sie an ihre Gesprächspartner zu verschicken. Auf diese Weise können die Lernenden sprechen, Gesprochenes aufnehmen und anhören, so oft sie wollen und unabhängig von ihrem Aufenthaltsort. Bei diesem Prozess können sich die Lernenden quasi simultan zu ihrer Produktion Hilfe holen, indem sie z.B. Onlinewörterbücher oder Internetseiten abrufen, die linguistische Fragestellungen aufgreifen oder Hilfe bei der mündlichen Produktion einer bestimmten Fremdsprache anbieten.

Jedoch ist zu bemerken, dass derartige Hilfsmittel noch selten zu pädagogischen Zwecken im Präsenzunterricht hinzugezogen werden und es auch nur wenige Programme und Apps gibt, mit denen sich die Lernenden untereinander sowie mit speziell ausgebildeten Tutoren vernetzen können, um das Sprechen in der Fremdsprache zu üben.

Mit Blick auf die hier vorgenommene Diskussion setzt die vorliegende Studie ihren Fokus auf eine neue digitale Anwendung - ChatClass, die die Aufnahme, den Versand und den Austausch von Audionachrichten sowie das Feedback von anderen Lernenden mittels eines Chatbots ermöglicht. In folgendem Abschnitt soll sie im Detail beschrieben werden.

3 Digitale Medien und die App ChatClass

Mit der Entwicklung digitaler Kommunikations- und Informationstechnologien, die sowohl zu Lehr- und Lernzwecken als auch im alltäglichen Leben angewendet werden, erleben wir große Veränderungen der Kommunikationsformen, sozialer Interaktion und Wissenskonstruktion. Begriffe wie mobiles Lernen (Unesco 201444 UNESCO. Diretrizes de políticas da UNESCO para a aprendizagem móvel, 2014. Abrufbar unter: http://unesdoc.unesco.org/images/0022/002277/227770por.pdf. (04/04/2020).
http://unesdoc.unesco.org/images/0022/00...
), allgegenwärtiges Lernen (Santaella 201436 SANTAELLA, Lucia. A aprendizagem ubíqua na educação aberta. In: SANTAELLA, Lucia. Revista Tempos e Espaços em Educação, São Cristóvão, v. 7, n. 14, 15-22, 2014. Abrufbar unter: https://seer.ufs.br/index.php/revtee/article/view/3446/3010. (14/01/2021).
https://seer.ufs.br/index.php/revtee/art...
), digitale Alphabetisierung (Saliés; Shepherd 201835 SALIÉS, Tania G.; SHEPERD, Tania G. Letramentos digitais: diálogos com práticas sociais em tempos de acessibilidade. In: MARQUES-SCHÄFER, Gabriela; ROZENFELD, Cibele C. de Faria. Ensino de Línguas e Tecnologias Móveis: políticas públicas, conceitos, pesquisas e práticas em foco. 1. ed. São Paulo, Edições Hipótese, 2018, 27-51.), Multiple Literacies (Rojo 201232 ROJO Roxane. Pedagogia dos Multiletramentos: diversidade cultural e de linguagens na escola. In: ROJO, R.; E MOURA, E. (Orgs.). Multiletramentos na escola. São Paulo, Parábola Editorial, 2012, 11-31.), Gamifizierung (Kapp 201216 KAPP Karl M. The Gamification of Learning and Instruction: Game-based Methods and Strategies for Training and Education. San Francisco, Pfeiffer/Wiley, 2012.) finden sich immer häufiger in den theoretischen Grundlagen von Studien aus den Bereichen der Erziehungswissenschaften sowie der Fremdsprachendidaktik.

Blume, Schmidt & Schmidt (20175 BLUME Carolyn, SCHMIDT Torben, SCHMIDT Inge. An imperfect union? Enacting an analytic and evaluative Frameword for digital games for language learning. In: Zeitschrift für Fremdsprachenforschung, 28, 2, 2017, 209-231.) zeigen im Rahmen ihrer Studie zum aktuellen Angebot von Spielen und Apps zum Fremdsprachenlernen, dass nur wenige Apps auf die mündliche Sprachpraxis der Lernenden abzielen. Im Vergleich dazu gibt es deutlich mehr Spiele und Apps für die Übung von Wortschatz und Grammatik. Ein Grund dafür ist z.B. die Schwierigkeit für die Äußerungen der Lernenden gutes programmiertes Feedback zu erstellen (vgl. Rösler 200834 ROSLER Dietmar. Deutsch mit digitalen Medien - Versuch einer Zwischenbilanz im Jahr 2008. InfoDaF, 35, 4, 373-389, 2008.: 380-381). Internetbasierte Interaktionen, in denen Lehrende oder Tutoren das Feedback schicken, sind für Lernende attraktiver, weil sie individuell formuliert werden können. Das erklärt, warum Chatten in didaktisierten Lernumgebungen eine internetbasierte Kommunikationsform ist, die sich schon seit über 20 Jahren großer Beliebtheit erfreut.

In der Fremdsprachendidaktik zeigen Studien über Chats (schriftliche wie mündliche), dass Interaktionen von Lernenden in Chaträumen ihnen verschiedene Vorteile für den Lernprozess bringen können. Wenn diese Chaträume für Lehrzwecke angelegt und mit einer Lehrinstitution und/oder einer Lehrperson vernetzt sind, empfinden die Lernenden eine fremdsprachliche Konversation innerhalb eines Chatraums als einen Kontext horizontalerer, informalerer Beziehungen (s. z.B. Blake 20004 BLAKE Robert. Computer mediated communication: a window on L2/LE spanish interlanguage. In: Language Learning & Technology, 4, 1., 2000. p. 120-136., Kötter 200217 KOTTER Markus. Tandem learning on the Internet. Learner interactions in virtual online environments (Moos). Frankfurt a. M., Peter Lang, 2002., Pellettieri 200030 PELLETTIERI Jill. Negotiation in cyberspace: the role of chatting in the development of grammatical competence. In: WARSCHAUER, Mark; KERN, Richard (Orgs.). Network-based language teaching: concepts and practice. Cambridge. C.U.P, 2000., Marques-Schäfer 201321 MARQUES-SCHAFER Gabriela. Deutsch Lernen Online. Eine Analyse interkultureller Interaktionen im Chat. Tubingen, Narr, 2013., Rebelo 200631 REBELO Ida M. Interação em ambientes virtuais: negociação e construção de connhecimento em Português como Segunda Língua. Dissertação. Pontifícia Universidade Católica do Rio de Janeiro, 2006., Tudini 200343 TUDINI Vincenza. Using native speakers in Chat. In: Language Learning and Technology, v. 7 n. 3, 2003, 141-159., 200742 TUDINI Vincenza. Negotiation and intercultural learning in Italian native speaker chat rooms. In: Modern Language Journal, 91 (4), 2007, 577-601.), in dem Anspannungen und Hemmungen reduziert werden.

Vor diesem Hintergrund und mit der Absicht, einem Chat spielerische Elemente einzuverleiben und so die mündliche Produktion von Lernenden anzuregen, wurde die App ChatClass entwickelt, die über das Programm Facebook-Messenger funktioniert und mithilfe eines Chatbots das Lösen von interaktiven Übungen und die Vermittlung von Feedback ermöglicht.

Die App ChatClass ist ein System, das von nordamerikanischen Spezialisten aus dem Bereich digitaler Lehrtechnologien mit dem Ziel programmiert wurde, das Erlernen von Fremdsprachen zu fördern. Die App bietet verschiedene Übungsformate, schriftliche und mündliche Chats zwischen den Lernenden, zwischen Lernenden und Tutoren, und sowohl die Moderation über einen Chatbot als auch durch speziell ausgebildete Präsenztutoren. Die Übungen lassen sich in folgende Arten unterscheiden: 1.) Vocabulary Quiz (Multiple-Choice-Fragen zu unterschiedlichen Themen, die über den Chatbot verschickt werden), 2.) ChatLive (mündlicher oder schriftlicher Chat, in den auch ein Tutor eingebunden ist, um Hilfestellungen zu einzelnen Aufgaben zu geben), 3.) Feedback Game (bewertete Aufgaben: Die Lernenden bewerten ihre mündlichen Produktionen untereinander), 4.) Speak & Score und 5.) Pick a Pic. In diesem Artikel werden die zwei letzten Übungsformate Speak & Score und Pick a Pic analysiert, welche sich speziell auf die mündliche Produktion einer Fremdsprache richten.

Darüber hinaus ist es ein Ziel der App, digitale Aktivitäten aus der pädagogischen Perspektive des Konstruktivismus anzubieten (s. Blume & Schmidt 20186 BLUME Carolyn, SCHMIDT Torben. Jogos digitais interativos e aplicativos gamificados para a aprendizagem de línguas na era digital. In: MARQUES-SCHÄFER, Gabriela; ROZENFELD, Cibele C. de Faria. (Hrsg.). Ensino de Línguas e Tecnologias Móveis: políticas públicas, conceitos, pesquisas e práticas em foco. São Paulo, Edições Hipótese, 2018, 76- 96.), sowie für die Verbesserung der vier Sprachfertigkeiten: schriftlich-rezeptiv, schriftlich-produktiv, mündlich-rezeptiv und im Besonderen mündlich-produktiv.

Die Programmierung einer neuen Version der App ChatClass für Deutsch als Fremdsprache erfolgte innerhalb des Forschungsprojekts „Der Gebrauch von mobilen Technologien zum Erlernen von Sprachen“ (Originaltitel "O uso de tecnologias móveis para aprendizagem de línguas"), das an der Universidade do Estado do Rio de Janeiro (UERJ) unter der Leitung einer der Autorinnen dieses Artikels durchgeführt wird. Für die Entwicklung dieser neuen Version des Projekts wurde eine internationale Arbeitsgruppe gegründet, die sich wie folgt zusammensetzt: eine Dozentin und fünf Studierende der UERJ, eine deutsche Muttersprachlerin der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Deutschland, eine Dozentin der Universidade Estadual Paulista (UNESP), Campus Araraquara, Brasilien, ein Professor für Didaktik der Anglistik, Prof. Dr. Torben Schmidt, von der Leuphana-Universität Lüneburg, Deutschland, sowie Spezialisten aus dem Bereich digitale Technologie und Bildung von der Firma EduSim, USA. Zusammen erstellte die Gruppe ca. 300 digitale Aufgaben zu Alltagsthemen (wie z.B. Essen, Studium, Beruf, Familie, Ferien, Reisen usw.), die später in der App und mithilfe eines Chatbots den DaF-Lernenden zur Verfügung gestellt wurden.

4 Zur vorliegenden Studie

Die Methodologie dervorliegenden Untersuchung ist qualitativer Art. In Übereinstimmung mit Yin (201145 YIN Robert K. Qualitative Research from Start to Finish. London: The Guilford Press, 2011, 3-24.:7-8) hat eine qualitative Untersuchung das Ziel: 1) die Bedeutung des Lebens einzelner Personen unter natürlichen Umständen zu erforschen; 2) die Auffassungen und Ansichten der Studienteilnehmer zu repräsentieren; 3) die kontextuellen Voraussetzungen, innerhalb derer die jeweiligen Personen leben, zu berücksichtigen; 4) Überlegungen über bereits existierende wie aufkommende Konzepte beizusteuern mit dem Ziel, menschliches Sozialverhalten näher zu erläutern; und schließlich 5) nach Möglichkeit unterschiedliche Beweisgründe anzuführen, anstatt von einem einzigen abzuhängen.

Es handelt sich hier darüber hinaus um eine interpretative Untersuchung, insofern als soziale Umstände nicht in vollkommener Neutralität betrachtet werden können, abgelöst von der Person des untersuchenden Wissenschaftlers (Moita Lopes 199424 MOITA LOPES Luiz Paulo. Pesquisa Interpretativista em Lingüística Aplicada: a linguagem como condição e solução. In: DELTA, v. 10, n. 2, 1994, 329-338.). Die Verfahrensweise besteht in deskriptiver Forschung „mit dem Ziel, Tatsachen und Erscheinungen einer determinierten Realität zu beschreiben“ (Triviños 198741 TRIVIÑOS Augusto N S. Introdução à pesquisa em ciências sociais: a pesquisa qualitativa em educação. São Paulo, Atlas, 1987., apud Gerhardt & Silveira 200913 GERHARDT Tatiana E, SILVEIRA Denise T. Métodos de pesquisa. Porto Alegre, Editora da UFRGS, 2009.: 35). Die erfassten Daten werden in interpretativer Form beschrieben und ihr Inhalt entsprechend der hier angeführten theoretischen Grundlage analysiert (s. Bardin 20112 BARDIN Lavrence. Análise de Conteúdo. São Paulo, Edições 70, 2011.).

Der Ausschnitt des hier präsentierten Projekts wurde in zwei Phasen entwickelt. Im Jahr 2017 führte eine der Autorinnen dieses Artikels die erste Phase mit einer Pilotierung der erstellten digitalen Übungen mit einer Klasse (A2.2) des Goethe-Instituts Rio de Janeiro durch. Eine ausführliche Darstellung dieser ersten Phase würde den Rahmen des vorliegenden Beitrags sprengen, denn hier sollen Daten aus der zweiten Phase analysiert werden. Trotzdem ist es wichtig zu erwähnen, dass mit den Ergebnissen aus der Pilotphase wichtige Erkenntnisse gewonnen werden konnten, die zu Veränderungen in der Entwicklung der App-Übungsformate und der Durchführung der Forschung in der zweiten Phase geführt haben.

Eines der wichtigsten Ergebnisse in der Pilotphase bezieht sich auf die Tatsache, dass sieben von 16 Kursteilnehmer*innen des Goethe-Instituts in einem Fragebogen, den sie vor der Nutzung der App ChatClass schriftlich ausgefüllt haben, angaben, „viel“ und „sehr viel“ Angst zu haben, sich auf Deutsch mündlich im Unterricht zu äußern. Ziel des Fragebogens war es, vor der Nutzung der App herauszufinden, wie sich die Lernenden beim Sprechen in der Fremdsprache fühlten und welche Strategien sie im Unterricht und außerhalb des Unterrichts anwendeten, um ihre Sprechfertigkeit verbessern zu können. In der Pilotphase wurden die Teilnehmer darum gebeten, die App fünf Wochen lang zu nutzen und in Kontakt mit der Forschungsgruppe zu bleiben. Nach der vereinbarten Zeit konnte festgestellt werden, dass nur acht Personen aus der Gruppe die App genutzt und die abschließenden Forschungsfragen beantwortet haben. Diese Fragen wurden individuell an die Lernenden über WhatsApp geschickt. Die geringe Teilnahme an der Pilotstudie könnte durch zwei Tatsachen erklärt werden: Erstens war die Teilnahme am Forschungsprojekt freiwillig und zweitens war die Projektleiterin nicht gleichzeitig die Leiterin des Deutsch-Sprachkurses der Teilnehmer*innen, sodass sie keine institutionelle Verbindung und keinen regelmäßigen Kontakt zueinander hatten.

Um das Potenzial der App hinsichtlich der Förderung der Sprechfertigkeit besser untersuchen zu können, initiierte die Forschungsgruppe im Jahr 2018 eine zweite Phase innerhalb des Lehrkontextes einer der Autorinnen des vorliegenden Beitrags, nämlich an einer öffentlichen Universität in Rio de Janeiro. Damit wurde der Versuch unternommen, einen regelmäßigen und engeren Kontakt zwischen Forscherin und Forschungsteilnehmer*innen herzustellen. Hieran nahmen über einen Zeitraum von zwei Monaten neun Studierende teil, die im vierten bzw. sechsten Semester (A2/B1) Sprach- und Literaturwissenschaft (Romanistik und Germanistik) studierten. Die Nutzung von ChatClass für Deutsch als Fremdsprache vollzog sich innerhalb der Lehrveranstaltung „Deutsch und digitale Medien“ („Prática de Ensino de Língua Alemã e o uso de Tecnologias”) und galt als notwendige Voraussetzung für den Erhalt eines Leistungsnachweises.

Die Studierenden, die an der vorliegenden Forschung teilnahmen, mussten ein Portfolio erstellen, in dem sie die Nutzung der App in Bezug auf (i) Qualität und Art der Übungsformate, (ii) Interaktion mit dem Chatbot, mit den anderen Lernenden und mit den Tutorinnen und (iii) ihre eigenen Einschätzungen zum fremdsprachlichen Lernprozess reflektieren und dokumentieren sollten. Ziel des Einsatzes von Portfolios war es, Vorteile und Herausforderungen der App zu erfassen und ein besseres Verständnis ihres Potenzials bei der Entwicklung sprachlicher Fertigkeiten, insbesondere mit Blick auf die mündliche Produktion zu ermöglichen.

Im folgenden Kapitel werden zunächst die grundlegenden Eigenschaften von zwei der fünf Übungsformate der hier behandelten App ausführlich präsentiert und danach Daten, die sich auf diese zwei Übungen beziehen und mit dem Portfolio erhoben wurden, analysiert.

5 Die Übungsformate Speak & Score und Pick a Pic

Zwei der fünf Übungsformate der App ChatClass haben am stärksten ihren Schwerpunkt in der Verbesserung der Sprechfertigkeit der Lernenden, nämlich die Übung Speak & Score und Pick a Pic. Die Übung Speak & Score besteht aus zwei Teilen: Im ersten erhalten die Lernenden über den Chatbot zwei Audioaufzeichnungen anderer Lernenden, die mit Sternen von eins bis fünf bewertet werden sollen. Im zweiten Teil bekommt man eine Frage auf Deutsch zu einem speziellen Thema. So könnte z. B. zum Thema „Essen“ gefragt werden: „Was war das Schlimmste, was Sie jemals in Ihrem Leben gegessen haben?“. Nach Erhalt der Frage sollen die Lernenden eine Audionachricht aufnehmen, in der sie ihre Meinung zu diesem Thema ausdrücken und eigene Erfahrungen schildern. Um den Lernenden bei der Erstellung ihres mündlichen Textes zu helfen, schickt der Chatbot einige kurze Erklärungen in ihrer Muttersprache sowie Diskursmittel, anhand derer das Thema dann weiterentwickelt werden kann (z. B: „Das Schlimmste, was ich je gegessen habe, war...”). Laut Schatz (200637 SCHATZ Heide. Fertigkeit Sprechen. Berlin: Langenscheidt (Fernstudienprojekt zur Fort- und Weiterbildung im Bereich Germanistik und Deutsch als Fremdsprache Teilbereich Deutsch als Fremdsprache, Fernstudieneinheit 20), 2006.: 80) sind Diskursmittel „sprachliche Mittel, mit denen wir unsere ‚Sprechintentionen‘, d.h., unsere Absichten, Ziele und Zwecke, die wir mit den sprachlichen Äußerungen verbinden, realisieren wollen“. Die Präsentation von Diskursmitteln gehört zu den Übungen und Aufgaben, die die Kommunikation vorbereiten (Schatz 2006: 51) und ist eine wichtige Strategie, damit die Lernenden sich auf die Sprechsituation vorbereiten und dadurch auch Angst abbauen können.

Auch die Übung Pick a Pic, Kurzform des englischen Ausdrucks Pick a Picture (Wähle ein Bild), setzt sich aus zwei Teilen zusammen: im ersten hören die Lernenden eine Audiobeschreibung, die zuvor von einem anderen Lernenden oder einer Tutorin aufgenommen wurde, und sollen aus vier Bildern das zur gehörten Beschreibung passende auswählen. Daraufhin soll man selbst ein Audio aufnehmen, in dem man ein anderes der zur Auswahl stehenden Bildern beschreibt. Auf diese Weise soll über Pick a Pic sowohl die Entwicklung auditiver als auch mündlich-produktiver Fertigkeiten gefördert werden.

Es sei festgehalten, dass beide Übungsformate a) das Anhören der Äußerungen von Kollegen und nachfolgend, b) das Aufnehmen einer Audionachricht vorsehen. Unterschiedlich ist die Art des Inputs, der mit der Audioaufnahme bereitgestellt wird: Während bei der ersten Übung ein schriftliches Thema vorgelegt wird, gefolgt von einer Frage hierüber, wird bei der zweiten ein Bild präsentiert, welches die Lernenden in einer Audioaufnahme beschreiben sollen. Angesichts ihrer Ähnlichkeiten in Bezug auf den Sprechanlass werden die Daten beider Übungsformate zusammen analysiert.

5.1 Zum Potenzial der Übungsformate

Um die Forschungsfragen der vorliegende Studie „Wie kann die Nutzung von ChatClass aus Sicht der Lernenden die Entwicklung der Sprechfertigkeit in der Fremdsprache fördern?“ und „Welche Strategien wenden die Lernenden bei den Übungen zur mündlichen Sprachproduktion an?“ zu beantworten, wurden die erhobenen Portfolios der DaF-Studierenden, die an dieser Forschung teilnahmen, qualitativ analysiert.

Die Daten aus den Portfolios zeigten, dass die Lernenden das Programm und dessen Übungen positiv wahrnahmen, da ihnen hier eine Möglichkeit geboten wurde, Sprechpraxis zu sammeln, da diese Formate gemeinhin nicht bei anderen Apps zu finden sind und sie so auch außerhalb des Klassenraums ihren mündlichen Ausdruck üben konnten. Als Grund für diese positive Wahrnehmung wurde beispielsweise angegeben, dass sie auf diese Weise eine Verbesserung ihrer Aussprache beobachten konnten, wie z. B. folgende Ausschnitte aus den Portfolios zeigen:

M.: [Das Programm eignet sich] Sehr gut zur mündlichen Sprachpraxis. A.: Sie [die Aktivität Speak & Score] hat mir gut gefallen, sie hat mir geholfen, meine Aussprache und Verständlichkeit zu verbessern, als ich über etwas gesprochen habe. H.: Diese Aufgabe [Speak & Score] war die innovativste der Applikation. Es gelang, auf einfache Art und Weise sowohl mündlich-produktive wie auditive Fähigkeiten zu aktivieren, indem der Sprecher dazu gebracht wird, spontan gebildete Sätze zu formulieren. Ein überraschend interessantes und großartiges Angebot, verglichen mit anderen, mir bisher bekannten.

Teilnehmer H. hebt als ein weiteres vorteilhaftes Element die Vielfältigkeit der angebotenen Themen hervor und die Freiheit, die den Lernenden bei der Formulierung ihrer Äußerungen gegeben wird:

H.: [...] der praktische Nutzen und das Themenangebot, anhand dessen man sprechen musste, ist besser [als die andere Aufgabe, sprich als Pick a Pic].

Man merkt an H.s Feststellung die Bedeutung, die seitens der Lernenden einer freien und vielfältigen Themenwahl beigemessen wird; eine Verfahrensweise, die im Sinne von Schatz (200637 SCHATZ Heide. Fertigkeit Sprechen. Berlin: Langenscheidt (Fernstudienprojekt zur Fort- und Weiterbildung im Bereich Germanistik und Deutsch als Fremdsprache Teilbereich Deutsch als Fremdsprache, Fernstudieneinheit 20), 2006.) den Sprechakt als „Ziel“ und nicht als „Mittel“ des Lernvorgangs ansetzt. H. beurteilt die Übung Speak & Score besser als Pick a Pic aufgrund eines größeren Themenangebots und des praktischen Nutzens. Aus dem „praktischen Nutzen“ schließen wir, dass der Lernende sich auf die Gelegenheit bezieht, durch die Übung seine kommunikativen Fähigkeiten zum Ausdruck bringen zu können, ein Aspekt, der den Prämissen der kommunikativen Lehre entgegenkommt, welche den Fokus von Sprache in ihrer diskursiven Anwendung, im Ausführen von Sprachhandlungen sieht (Funk 200912 FUNK Hermann. Grammatisches Wissen und Sprechkompetenz - ein Versuch zur Lösung des "Henne-Ei"-Problems im Fremdsprachenunterricht. Goethe-Institut Athen (Org.): Akzent Deutsch. Zeitschrift für Deutschlehrer in Griechenland, vol. 2, 2009.; Schatz 2006; Vieira-Abrahão 2015, u.a.). Allerdings erklärt derselbe Studierende in einem anderen Moment, dass er es gut fände, wenn sogar gar kein konkretes Thema vorgegeben wäre. Er äußert den Wunsch, das Thema frei wählen zu können, je nachdem, worüber man gerade sprechen möchte:

H.: [...] eine Verbesserung könnte vielleicht folgende sein: eine Audioproduktion ohne Vorgabe des Themas, eine komplett freie Produktion, bei der die Lernenden sprechen, worüber sie wollen, vielleicht als Aktivität für sich, aber mit den gleichen Feedback-Konzepten.

Obwohl die Bemerkung des Studierenden gültiges Datenmaterial darstellt, sind wir der Ansicht, dass es sich bei der Vielzahl möglicher Gesprächsthemen negativ auf die mündliche Produktion der Lernenden auswirken würde, auf jegliche Art von Input gänzlich zu verzichten. Bedenkt man die Komplexität des fremdsprachlichen Sprechprozesses, scheint es ratsamer, dass die Lehrperson Wege und Mittel findet, den affektiven Filter der Lernenden herunterzufahren (Krashen 198718 KRASHEN Stephen D. Principles and Practice in Second Language Acquisition. Prentice-Hall International, 1987.), z.B. indem unterstützende Maßnahmen angeboten werden, die sich auf die jeweils im Fokus stehenden Elemente der mündlichen Produktion beziehen (Phonetik, Prosodie, soziokulturelle Angemessenheit, Wahl des Wortschatzes, der Syntax etc.). Die Hilfestellung könnte den Lernenden z.B. in Form thematischer Vorgaben gegeben werden, anhand einer Leitfrage oder von Sprachelementen, die in der entsprechenden Situation zu verwenden sind. Ein solcher Umstand bekräftigt die Annahme von Schatz (200637 SCHATZ Heide. Fertigkeit Sprechen. Berlin: Langenscheidt (Fernstudienprojekt zur Fort- und Weiterbildung im Bereich Germanistik und Deutsch als Fremdsprache Teilbereich Deutsch als Fremdsprache, Fernstudieneinheit 20), 2006.: 43), dass es notwendig ist, das freie Sprechen von Lernenden in Etappen aufzubauen (vorbereitende Aktivitäten; Aktivitäten, die die sprachlichen Äußerungen konstruieren und strukturieren; die Kommunikation simulierende Aktivitäten). Daher befürworten wir es, dass Speak & Score den Lernenden ein Thema vorgibt. Vor der Audioaufnahme werden eine Leitfrage und vorformulierte Äußerungen bzw. Redemittel als Sprechhilfe gegeben, was auf diese Weise der von Schatz geforderten Einleitungsphase entspricht.

Dieses Phasen-Konzept stimmt auch mit dem Modell von Levelt (198920 LEVELT Willem J M. Speaking: from intention to articulation. Cambridge, MIT Press, 1989., vgl. Pham 201428 PHAM Trong Binh. Zur Verbesserung der Hörverstehens- und Sprechfertigkeiten der Deutschstudierenden in Vietnam. Dissertation, Technischen Universität Berlin, 2014. 314f.) überein, demzufolge sich der Sprechvorgang aus den Phasen Konzeption, Formulierung und Artikulation zusammensetzt. So besteht hier die Konzeptionsphase darin, dass der Chatbot den Lernenden das Kommunikationsziel angibt, was der Makroplanung der ersten Phase entspricht. Ausgehend von dieser Zielvorgabe wählen die Lernenden aus ihrem Repertoire an Sprach- und Weltwissen Inhalt, Reihenfolge und sprachliche Strukturen ihrer Äußerungen aus, was in dieser Form der Mikroplanung entspricht. Bereits in der darauffolgenden zweiten Phase, jener der Vorbereitung, können sich die Lernenden auf paralinguistische Elemente, wie Aussprache, Sprechtempo etc. konzentrieren. Im Anschluss an diese zwei Phasen (deren Dauer die Lernenden selbst bestimmen können) kommt man schließlich zur Phase der Realisierung, sprich zur Audioaufnahme.

Um die Diskussion über die Phaseneinteilung beider hier behandelten Programme zu beschließen, möchten wir nochmals unterstreichen, dass ChatClass stets von einem Input ausgeht und einen Kommunikationszweck aufweist, dergestalt, dass die hier durchzuführende Sprachhandlung als Zielfertigkeit zu verstehen ist.

Ein weiterer positiver Aspekt von ChatClass für Deutsch als Fremdsprache, der von einem der Studierenden angeführt wurde, bezieht sich auf den Umstand, dass die Simulation einer realen Kommunikationssituation mittels digitaler Technologie und nicht im Unterricht geschieht, was ihnen erlaubt, das Programm individuell zu nutzen, Ort und Zeit der Aufgabenbearbeitung frei zu wählen. Zusätzlich kann eine solche simulierte Gesprächssituation dazu beitragen, Angst und Unsicherheit der Lernenden zu reduzieren, die gewöhnlich bei realem Sprachgebrauch auftreten (Rogina 201833 ROGINA Irene. Sprechen - Unterschätzte Fertigkeit im Grammatikunterricht? Überlegungen aus Theorie und Praxis des DaF-Unterrichts an italienischen Universitäten. In: Gesprochene (Fremd-) Sprache als Forschungs- und Lehrgegenstand »,» ®,® §,§ ­,­ ¹,¹ ²,² ³,³ ß,ß Þ,Þ þ,þ ×,× Ú,Ú ú,ú Û,Û û,û Ù,Ù ù,ù ¨,¨ Ü,Ü ü,ü Ý,Ý ý,ý ¥,¥ ÿ,ÿ ¶,¶ , Trieste, EUT Edizioni Università di Trieste, 2018, 83-106.; Isigüzel 201715 ISIGUZEL Bahar. The emotional dimension during speech production in the Foreign Language Learning Process. In: International Journal of Languages' Education and Teaching. v. 5, n. 4, 2017, 137-144.; Ferreira 201710 FERREIRA Jaqueline Garcia. Autoreflexão e ação sobre fatores geradores de ansiedade de produção oral em aulas de alemão como língua estrangeira em ambiente universitário: uma proposta experimental de consultoria individual. Dissertação de Mestrado. FFLCH/USP, 2017.). Dies wird ebenfalls durch die Aussage von Teilnehmerin G. bestärkt.

G.: […] ich bin eher schüchtern, wenn ich in Anwesenheit anderer Personen sprechen muss. Die App hat mir wirklich gefallen, denn ich fühlte mich beim Sprechen allein dadurch wohler, dass es niemanden gab, der mich gesehen hat, und auch dadurch, die Aufnahme wiederholen zu können, was sehr gut war! Aber die Sorge zu wissen, dass jemand dies hören wird, bestand weiter. Deswegen kontrollierte ich mich, damit alles so deutlich und korrekt wie möglich war.

Man merkt, dass die hier vorliegende Übung eine wichtige Rolle bei der Überwindung der Ängste und Schwierigkeiten der Lernenden spielen kann, die allzu häufig in realen face-to-face-Kommunikationssituationen in einer Fremdsprache auftreten und bei denen die Anwesenheit des Gesprächspartners, Zeitdruck oder die Notwendigkeit sofortigen, unverzüglichen Reagierens sich als Stressfaktoren auswirken. Die Studierende G zeigt mit ihrer Aussage, sich bei der Sprechübung von ChatClass wohler zu fühlen, den positiven Effekt des Programms auf die emotionalen Faktoren, die bei Lernenden im Moment der Sprechhandlung auftreten. Ein anderer wichtiger Punkt, der hier zu beachten ist, betrifft die Möglichkeit einer Wiederholung der Aufnahme und die Notwendigkeit, sich im Moment der Aufnahme zu konzentrieren. Eines der Elemente des Konzepts kommunikativer Kompetenz ist nach Canale & Swain (19808 CANALE Michael, SWAIN Merril. Theoretical Bases of Communicative Approaches to Second Language Teaching and Testing. In: Applied Linguistics, 1, 1980, 1-47.) sowie später Canale (1983) die strategische Kompetenz, womit die Fähigkeit, sprachliche Wissenslücken zu kompensieren, bezeichnet wird. Die Möglichkeit, seine Äußerungen eigenständig erneut aufzuzeichnen, erlaubt das Wiederaufgreifen linguistischer Unzulänglichkeiten bei der mündlichen Produktion, das heißt, man wird sich eines Problems bewusst sowie der Möglichkeit, es über eine Neuaufnahme zu beheben.

Ebenfalls im Hinblick auf emotionale Fragestellungen sticht heraus, dass trotz der physischen Abwesenheit eines Gesprächspartners die mündliche Produktion für einige Lernende nach wie vor Schwierigkeiten aufwies, wie folgende Aussage von H. über Speak & Score zeigt:

H.: Am Anfang hatte ich eine Art Blockade, aus persönlichen Gründen, aber als ich sah, dass ich in der Lage war, die Sprechaufgaben durchzuführen, und die Rückmeldungen der anderen Studierenden bekam, wurde es von Mal zu Mal motivierender, fortzufahren, darum war es super, die vorgeschlagenen Aktivitäten durchzuführen.

Der Aussage des Teilnehmers H. ist zu entnehmen, dass das Wissen um die Rückmeldungen der Kollegen zu seinem Audio einen positiven Einfluss hatte und ihn die Aktivität als „motivierend“ ansehen ließ. Auf der anderen Seite erwähnt er zu Beginn „Blockaden“. Obwohl H. die „persönlichen Gründe“ nicht nennt, die derartige „Blockaden“ bei der mündlichen Produktion auslösen, lässt sich auf Basis von Rogina (201833 ROGINA Irene. Sprechen - Unterschätzte Fertigkeit im Grammatikunterricht? Überlegungen aus Theorie und Praxis des DaF-Unterrichts an italienischen Universitäten. In: Gesprochene (Fremd-) Sprache als Forschungs- und Lehrgegenstand »,» ®,® §,§ ­,­ ¹,¹ ²,² ³,³ ß,ß Þ,Þ þ,þ ×,× Ú,Ú ú,ú Û,Û û,û Ù,Ù ù,ù ¨,¨ Ü,Ü ü,ü Ý,Ý ý,ý ¥,¥ ÿ,ÿ ¶,¶ , Trieste, EUT Edizioni Università di Trieste, 2018, 83-106.) u.a. schließen, dass es sich hier um Empfindungen wie Angst (beurteilt zu werden, Fehler zu begehen, nicht ausreichend auf die Kommunikationssituation vorbereitet zu sein), Schüchternheit oder Unzulänglichkeitsbedenken hinsichtlich der eigenen sprachlichen Äußerungen handeln könnte.

Andere emotionale Aspekte können die Gründe für Schwierigkeiten sowie eine Blockade bei der mündlichen Produktion der Lernenden sein. Scham als Blockade wurde z.B. von Teilnehmer J. erwähnt: J.: [...] oftmals empfand ich eine Art Scham, etwas Falsches zu sagen.

Als negative Aspekte merkt Teilnehmer D. an, dass ihn die Aufnahme seiner Stimme störte, sowie dass man in der darauffolgenden Aktivität von Kolleg*innen bewertet wird:

D.: Mir [gefiel die Aktivität] nicht. Ich mag es nicht, dass meine eigene Stimme aufgenommen und von anderen Kommilitonen gehört wird, umso weniger als ich sie nicht richtig kenne und sie mich nach ihren Kriterien beurteilen sollen.

Die Beurteilung von D. geht mit der Beobachtung von Rogina (201833 ROGINA Irene. Sprechen - Unterschätzte Fertigkeit im Grammatikunterricht? Überlegungen aus Theorie und Praxis des DaF-Unterrichts an italienischen Universitäten. In: Gesprochene (Fremd-) Sprache als Forschungs- und Lehrgegenstand »,» ®,® §,§ ­,­ ¹,¹ ²,² ³,³ ß,ß Þ,Þ þ,þ ×,× Ú,Ú ú,ú Û,Û û,û Ù,Ù ù,ù ¨,¨ Ü,Ü ü,ü Ý,Ý ý,ý ¥,¥ ÿ,ÿ ¶,¶ , Trieste, EUT Edizioni Università di Trieste, 2018, 83-106.: 98) einher, die besagt, dass viele Lernende Angst oder Scham empfinden, von anderen während der mündlichen Produktion bewertet zu werden. Obgleich es sich bei den Übungen von ChatClass um asynchrone Interaktionen handelt, bekundet D. sein Unbehagen bei dem Gedanken an eine Beurteilung seiner Audioaufnahme durch eine andere Person .

Umgekehrt hatte M. keine Probleme mit der Aufnahme, fühlte sich jedoch unwohl dabei, die Produktionen anderer im zweiten Teil von Pick a Pic zu bewerten:

M.: Mir gefiel die Sprechübung, aber es gefiel mir nicht besonders, die mündliche Leistung meiner Klassenkameraden zu bewerten.

Was die Äußerung der Teilnehmer D. und M. bezüglich der schlechten Gefühle gemeinsam haben, ist für fremdsprachliche Lernkontexte und damit für die Entwicklung von digitalen Übungsformaten zur Förderung der Sprechfertigkeit ganz wichtig. Man könnte im Rahmen der Nutzung der ChatClass App erwarten, Lernende würden sich beim Sprechen eher wie in einem schriftlichen virtuellen Chatraum sicherer und besser fühlen, indem die Anonymität und die Schriftlichkeit zu einer Reduktion der Angst vor Fehlern und vor Bewertungen seitens der Kommunikationspartner führen. Das ist aber laut der hier analysierten Daten nicht immer der Fall gewesen. Die Daten zeigen, dass Lernende sich unwohl fühlen können, wenn sie beim Sprechen wissen, dass ihre mündlichen Leistungen von anderen Lernenden, die sie nicht kennen und keine Beziehung bzw. Nähe haben, gehört und bewertet werden. Das ist also ein Beweis dafür, dass die Sprechproduktion, die Aufnahmen und die Bewertung davon durch andere Personen zur Entstehung unterschiedlicher Gefühle in fremdsprachlichen Lernkontexten beitragen.

Vor dem Hintergrund der Beiträge von ChatClass für die Entfaltung mündlicher Produktionen diskutieren wir in folgendem Abschnitt die Strategien, die die Forschungsteilnehmer bei den Übungen angewandt haben.

5.2 Von den Lernenden angewandte Strategien während der mündlichen Produktion

Aus den Daten lassen sich unterschiedliche Strategien der Lernenden identifizieren, die sie bei der Durchführung der Sprechübungen von ChatClass für Deutsch als Fremdsprache angewendet haben. Teilnehmer G. z. B. machte sich vor der Aufnahme Notizen, korrigierte diese bei Bedarf, schlug im Wörterbuch nach und benutzte Google:

G.: Ich war unsicher, etwas zu sagen, ohne es vorher aufzuschreiben. In der Regel schrieb ich auf, was ich später sagen würde, und nahm eventuell anfallende Korrekturen vor. Was einfacher war, sagte ich, ohne es aufzuschreiben. Kurze Sätze oder Sachen, bei denen ich mir sicher (oder fast sicher haha) war, dass sie korrekt waren, sagte ich, ohne sie aufzuschreiben. Ich schlug einige Sachen im Wörterbuch und auch bei Google nach. Wenn ich bestimmte Wörter, passendere Verben... vergessen hatte, erkundigte ich mich so. Ebenso bei der Konstruktion längerer Sätze.

Wie G. gaben auch andere Lernende an, sich vor der Aufnahme mithilfe elektronischer Wörterbücher und Internetseiten informiert zu haben, so z.B. E.:

E.: Vor der Aufzeichnung schrieb ich auf, was ich zum angegebenen Thema sagen wollte. Dabei suchte ich im Wörterbuch nach Wörtern, die ich allein vielleicht nicht gewusst hätte, hier aber nützlich waren. Ich las es mir ein- oder zweimal durch und verwendete es dann bei der Aufnahme.

Andere Lernende wiederum schrieben nichts auf, wie M.:

M.: [Ich] suchte nach Wörtern im Wörterbuch, aber in der Regel benutzte ich die Beispiele, die bei der Übung angegeben wurden. Weder kam ich dazu, aufzuschreiben, was ich sagen würde, noch wiederholte ich meine Aufnahmen allzu oft, höchstens zweimal.

M.s Aussage zeigt, dass ein wiederholtes Aufnehmen ebenfalls eine von den Studierenden häufig angewandte Strategie war. Auf die Nachfrage nach der Anzahl der Wiederholungen ein und desselben Audios gab die Mehrheit der Teilnehmer zwei und eine Person drei Wiederholungen an. Ein gemeinsames Element der Strategie, die Aufnahme zu wiederholen, das nur in seiner Häufigkeit variiert. Wir sind der Ansicht, dass sich die Strategie, die Aufnahme zu wiederholen, als ziemlich nützlich erwiesen hat, insofern als die Lernenden Zeit hatten, über ihre eigene mündliche Produktion zu reflektieren, eventuelle Ausrutscher zu korrigieren und ihre Äußerungen in verbesserter Form erneut aufzunehmen.

Wenden wir uns hierauf wieder den von Oxford (199426 OXFORD Rebecca. Language Learning Strategies. What every teacher should know. Boston (Mass.), Heinle/ Heinle, 1994.) angeführten Strategien mündlicher Produktion zu, können wir feststellen, dass das Angebot von ChatClass voll auf einer dieser Strategien beruht, nämlich die eigene Stimme aufzuzeichnen. Für diesen Vorgang machen sich die Lernenden vor der Audioaufnahme Notizen, schlagen Wörter im Wörterbuch nach, recherchieren über Google und wiederholen ihre Aufnahmen. Eine andere von Oxford erwähnte und hier angewandte Strategie ist die Formulierung kurzer Sätze, bei denen die Lernenden sicher waren, keine Fehler zu machen. Einige Lernende bedienten sich der Hilfestellung vorherigen Aufschreibens, andere nicht.

Zu Ende des Kapitels soll noch einmal an Canale & Swain (19808 CANALE Michael, SWAIN Merril. Theoretical Bases of Communicative Approaches to Second Language Teaching and Testing. In: Applied Linguistics, 1, 1980, 1-47.) und Canale (1983) angeknüpft werden, laut denen es für die Entwicklung kommunikativer Kompetenz notwendig ist, dass die Lernenden ihre sprachlichen Schwierigkeiten und Lücken kompensieren können, wofür wiederum die Ausbildung einer strategischen Kompetenz erforderlich ist. In diesem Sinn erwies sich ChatClass Deutsch nicht nur als eine wichtige Ressource für die Entwicklung der Sprechfertigkeit in ihren einzelnen Phasen, sondern auch als ein geeignetes Hilfsmittel, das den Lernenden ermöglicht, sich auf authentische Kommunikationssituationen vorzubereiten sowie Strategien zur Kompensation linguistischer Wissenslücken zu entwickeln.

6 Abschließende Bemerkungen

Mündliche Sprachproduktion ist eine reichlich komplexe Aufgabe, die Syntax, Lexik, Morphologie und Phonetik miteinbezieht und darüber hinaus oftmals durch emotionale Aspekte wie Unsicherheit oder Angst, Fehler zu begehen, erschwert wird. Im Fremdsprachenunterricht wurde die Entwicklung der Sprechfähigkeit entsprechend den verschiedenen Lehransätzen auf unterschiedliche Art und Weise fokussiert. Ausgehend von einer Konzeption von Sprache als kommunikativer, pragmatischer, einem spezifischen Kontext zugehöriger Akt, sowie von der Annahme, dass neuartige digitale Hilfe die Entwicklung dieser Fertigkeit begünstigen können, bestand das Ziel dieser Arbeit in der Beantwortung zweier zentraler Forschungsfragen (i) zur Nutzung der hier untersuchten App hinsichtlich ihrer Möglichkeiten zur Förderung der Sprechfertigkeit und (ii) zu den angewandten Sprechstrategien der Lernenden.

ChatClass ist eine digitale Technologie, die in die Nachrichten-Applikation Messenger von Facebook integriert ist und von einer Kooperation mehrerer Lehrinstitutionen entwickelt wird: UERJ, UNESP-Araraquara, aus Brasilien, sowie der Leuphana-Universität Lüneburg Deutschland, und dem Startup-Unternehmen EduSim aus den USA. Es handelt sich um eine Technologie, die fünf Übungsformate anbietet, welche auf die Entwicklung der einzelnen Sprachfertigkeiten ausgerichtet sind: Vocabulary Quiz, ChatLive, Feedback Game, Speak & Score, Pick a Pic. Der Fokus der vorliegenden Studie fiel auf die zwei letzten Übungsformate, deren Ziel es ist, in der Fremdsprache Deutsch Audionachrichten über eine vorgegebene Situation bzw. Abbildung aufzunehmen.

Im Hinblick auf unsere erste Frage zeigen die Daten, dass die Lernenden die App positiv bewertet haben, da sie keine unmittelbaren Gesprächspartner beim Aufnehmen der mündlichen Äußerungen gehabt haben und sich dadurch sicherer fühlten. Ein weiterer Vorteil der Nutzung der App als Hilfsmittel zur Verbesserung der mündlichen Produktion ist die Unabhängigkeit von räumlichen oder zeitlichen Begrenzungen, da auch über mobile Endgeräte hierauf zugegriffen werden kann.

Jedoch brachten einige Lernende zum Ausdruck, sich unwohl bei der Aufnahme gefühlt zu haben, da sie ihre eigene Stimme nicht gern hören würden. Außerdem empfanden manche Teilnehmer das Bewerten der Audioproduktion anderer Lernenden als negativ. Das zeigt, dass Lernende sich aufgrund von Hemmungen unwohl fühlen können, wenn sie sich mündlich in der Fremdsprache äußern und gleichzeitig wissen, dass das Gesagte gespeichert und somit beständig bleiben kann. Das erzeugt bei den Lernenden die Befürchtung, dass ihre Sprachfehler deutlicher zum Vorschein kommen können (vgl. Biebighäuser; Marques-Schäfer 20173 BIEBIGHAUSER Katrin, MARQUES-SCHAFER Gabriela. Aspekte der Mündlichkeit in der WhatsApp-Interaktion zwischen brasilianischen Deutschlernenden und angehenden DaF Lehrenden. In: Deutsch als Fremdsprache, 1/ 2017, 76-86.). Die hier ausgewerteten Daten beweisen, dass Sprechproduktion, Audio-Aufnahmen und die Bewertung davon durch andere Personen einen direkten Bezug zur Diskussion über Distanz und Nähe haben und zur Entstehung unterschiedlicher Gefühle bei den Lernenden führen.

Weiter wurde festgestellt, dass aufgrund der asynchronen Beschaffenheit der Übungsformate unterschiedliche Strategien von den Lernenden für die mündliche Produktion angewandt wurden. Das führt zur Antwort auf die zweiten Forschungsfrage, nämlich welche Strategien von den Lernenden während der Durchführung der Übungen zur mündlichen Produktion angewandt wurden. Die am häufigsten gebrauchten Strategien waren das Wiederholen der Aufnahmen sowie die schriftlichen Notizen und Recherche in Wörterbüchern bzw. auf Internetseiten vor der mündlichen Produktion.

Wir sind der Ansicht, dass dieses Thema weiterer akademischer Erforschung bedarf, um zu weiteren wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen zu kommen, da hierdurch Blockaden wie Angst, Hemmung und Unsicherheit minimiert werden können. Angesichts der unzähligen Möglichkeiten, die heute durch digitale Medien zur Verfügung stehen, erachten wir es als wichtig, jene Untersuchungen weiter zu vertiefen, die sich mit den Strategien von Lernenden in technologiebasierten Lehrkontexten befassen, um zu einem besseren Verständnis des Potenzials technologischer Hilfsmittel beim Lernprozess zu gelangen.

Im Fall unserer Studie können wir bestätigen, dass der Technologie eine äußerst wichtige Rolle zukam, da der Chatbot zum einen als Vermittler beim Lernprozess der Lernenden, zum anderen als Instrument zur Recherche, Aufnahme, Unterstützung bei der Überwindung von Angst sowie zum Einüben der Sprechpraxis fungierte. Die Sprechfertigkeit in einer Fremdsprache außerhalb des zielsprachigen Landes zu üben, ist schwierig und ChatClass bewährte sich als eine sehr gute Möglichkeit, die sich durch die Nutzung der neuen digitalen Medien eröffnet hat.

Im Vergleich zu anderen Übungen werden Sprechaktivitäten oft von Lernenden eher zurückhaltend wahrgenommen, möglicherweise aufgrund emotionaler Aspekte. Daher sind wir der Ansicht, dass man gemeinsam mit ihnen die Relevanz solcher digitalen Möglichkeiten und Hilfestellungen bestärken muss, zumal die Möglichkeiten rar sind, eine Fremdsprache außerhalb des Klassenraumes und zielsprachigen Landes zu sprechen. Es ist wichtig, dass die Lernenden die Technologie als Verbündete beim Lernprozess ansehen. Um das Sprechen in einer Fremdsprache zu lernen, ist es notwendig, zu üben, nachzuahmen und Kommunikationschancen bestmöglich zu nutzen.

Es lässt sich noch bezüglich der Limitation der vorliegenden Arbeit anführen, dass diese Studie nur qualitative Daten aus zwei Übungsformaten der App untersucht hat und damit lediglich eine erste Annährung an die Daten ermöglicht. Weitere Daten zu den anderen Übungen von ChatClass müssen noch quantifiziert und ausgewertet werden, wie z.B. wie lange die Äußerungen der Lernenden sind (in Minuten und in Wortmengen), wie häufig sie Audio-Nachrichten verschickten usw. Wir hoffen, mit dieser Arbeit einen Beitrag zur Entwicklung und Erforschung von Lernapps, die in gesteuerten oder ungesteuerten Lernkontexten verwendet werden, geleistet zu haben.

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  • 45
    YIN Robert K. Qualitative Research from Start to Finish. London: The Guilford Press, 2011, 3-24.
  • 3
    . Ergebnisse von Studien über die Anwendung der App WhatsApp in fremdsprachlichen Lernkontexten sind z.B. in Amry (20141 AMRY Aicha Blench. The Impact of whatsapp mobile social learning on the achievement and attitudes of female students compared with face to face learning in the classroom. In: European Scientific Journal, 2014, v. 10, 116-136.); Bouhnik; Deshen (2014), Marques-Schäfer; Mello (201622 MARQUES-SCHAFER Gabriela, MELLO Deborah. Ações e reflexões sobre o uso de um grupo de Whatsapp tutoriado para aprendizagem de língua Estrangeira. In: Revista Entrelínguas, v. 2, 2016, 163-178.) und Biebighäuser; Marques-Schäfer (20173 BIEBIGHAUSER Katrin, MARQUES-SCHAFER Gabriela. Aspekte der Mündlichkeit in der WhatsApp-Interaktion zwischen brasilianischen Deutschlernenden und angehenden DaF Lehrenden. In: Deutsch als Fremdsprache, 1/ 2017, 76-86.) zu finden.
  • 4
    . Es wird hier nicht näher auf die Diskussion über die verschiedenen Methoden des Fremdsprachenunterrichts eingegangen, da dies den Rahmen der vorliegenden Arbeit übersteigen würde und diese Thematik bereits umfänglich in anderen wissenschaftlichen Artikeln diskutiert wurde [s. z.B. Neuner; Hunfeld (199925 NEUNER Gerhard, HUNFELD Hans. Methoden des Fremdsprachlichen Deutschunterrichts: Eine Einführung. (Fernstudienprojekt zur Fort- und Weiterbildung im Bereich Germanistik und Deutsch als Fremdsprache, Teilbereich Deutsch als Fremdsprache, Fernstudieneinheit 4). Berlin, Langenscheidt, 1999.); Vieira-Abrahão (2015), u. a.].
  • 5
    . Im Original: “Competência gramatical: o domínio do código linguístico, a habilidade em reconhecer as características linguísticas da língua e usá-las para formar palavras e frases; competência sociolinguística: conhecimento das regras sociais que norteiam o uso da língua, compreensão do contexto social no qual a língua é usada; e competência estratégica: estratégias devem ser utilizadas para dar ênfase e/ou compensar qualquer dificuldade no uso da língua”. Diese und weitere Übersetzungen sind von den Autorinnen des Beitrags erstellt worden.
  • 6
    . Im Original: “a habilidade de conectar frases e orações, utilizando-se da coerência e coesão textuais”.
  • 7
    . Unsere Übersetzung für “letramentos múltiplos”.
  • 8
    . Der Chatbot ist ein technisches Dialogsystem, das textbasierte Kommunikation ermöglicht. Heute werden Chatbots oft über Messenger-Apps wie Facebook und WhatsApp verwendet.
  • 9
    . Bis zum Zeitpunkt der Entwicklung dieses Beitrags kann nur die Version für Englisch kostenpflichtig erworben werden (siehe www.chatclass.com.br).
  • 10
    . Für Blume und Schmidt (2018: 84) besteht eine digitale und pädagogisch konstruktivistische Aktivität darin, dass (i) sie den Benutzer dazu anregt, sich selbstständig weitere Kenntnisse anzueignen; (ii) die Aufgaben des Programmes explizit die Entwicklung von Lernstrategien in Bezug auf die jeweilige Sprache fördern; (iii) ihre Elemente den Benutzer dabei unterstützen, bei Problemlösungen auf vorhandenes, individuelles Wissen zurückzugreifen; (iv) die Applikation ein Erlernen begünstigt, das auf Entdeckungen innerhalb eines ansprechenden Lernumfeldes basiert.
  • 11
    . Mehr Informationen über das Programm ChatClass Deutsch finden sich auf: https://sites.google.com/site/calicuerj/home/deutsch-online (20/5/2020)
  • 12
    . Die zwei Dozentinnen aus Brasilien sind auch die Autorinnen des vorliegenden Beitrags.
  • 13
    . Mehr Informationen über die Firma EduSim mit Sitz in New York und São Paulo unter: www.edusim.com.br. Wir bedanken uns bei dem Team von EduSim für die Zusammenarbeit in diesem Projekt für Deutsch als Fremdsprache.
  • 14
    . Im Original: “[...] pretende descrever os fatos e fenômenos de determinada realidade”.
  • 15
    . An dieser Stelle bedanken wir uns bei der damaligen Leiterin der Sprachabteilung des Goethe-Instituts Rio de Janeiro Susan Zerwinsky, dem Kursleiter Antonio Rego und allen Kursteilnehmer*innen für ihre Unterstützung in der Pilotphase dieser Studie.
  • 16
    . Letras Português-Alemão
  • 17
    . In dieser Skala bedeutet ein Stern “sehr schlecht” und fünf Sterne “sehr gut”.
  • 18
    . Die Projektleitung hat zusammen mit einer fortgeschrittenen DaF-Studentin der UERJ und mit der Studentin aus Jena die Tutorierungsaktivitäten im Rahmen der Nutzung der App übernommen. Die Tutorinnen wurden aufgrund ihrer Sprach- und Medienkenntnisse ausgewählt und haben den Studierenden bei ihren Fragen zur Technik sowie zur deutschen Sprache über die Chat-Live-Funktion der App geholfen. Die Forscherin aus der UERJ hat die Studierenden wöchentlich begleitet und direkt mit ihnen im Rahmen ihres Seminars über die Nutzung der App und der Erstellung des Portfolios gesprochen. Die Dozentin der UNESP sowie der Dozent aus Deutschland haben im Verlauf der Datenerhebung eine Beratungsfunktion innegehabt.
  • 19
    . Alle hier angeführten Auszüge wurden von den Teilnehmern selbst verfasst und nicht nachträglich korrigiert. Um ihre Anonymität zu garantieren, wurden ihre Namen durch Buchstaben ersetzt.
  • 20
    . Alle Antworten der Teilnehmer*innen wurden von den Autorinnen des vorliegenden Beitrags ins Deutsche übersetzt.
  • 21
    . Nach Krashen und seiner Affective-Filter-Hypothese spielen „affektive Variablen“ beim Erwerb einer zweiten Sprache eine sehr wichtige Rolle. Diese Variablen umfassen: Motivation, Selbstvertrauen, Angst und Persönlichkeitsmerkmale. Krashen behauptet, dass Lernende mit hoher Motivation, Selbstvertrauen, einem guten Selbstbild, geringer Angst und Extroversion besser für den Erfolg beim Erwerb einer zweiten Sprache gerüstet sind. Dagegen können geringe Motivation, geringes Selbstwertgefühl, Angst, Introversion und Hemmung den affektiven Filter erhöhen und eine „mentale Blockade“ bilden, die verhindert, dass verständliche Eingaben für den Erwerb verwendet werden.
  • 22
    . Oxfords Lernstrategien können u.a. folgendermaßen aufgelistet werden: Benutzung von Schlüsselwörtern (um bei der Kommunikation Zeit zu gewinnen), von Synonymen und Antonymen, Paraphrasen, Umformulierungen, Beschreibungen, direkte Übersetzungen in die andere Sprache, Produktion von vereinfachten Sätzen, Gebrauch von Gestik und Mimik, Suche nach direkter Hilfe, Bewahrung der Ruhe und Einlegen von Pausen, Benutzung eines Spiegels (um die eigenen Gesichtsbewegungen zu sehen), Aufzeichnen der eigenen Stimme, lautes Lesen, Anhören, Singen und Nachsprechen von Liedtexten und Rhythmen, um ein Gefühl für Melodien zu bekommen, und das Simulieren von Dialogen.

Publication Dates

  • Publication in this collection
    01 Feb 2021
  • Date of issue
    Jan-Apr 2021

History

  • Received
    09 Apr 2020
  • Accepted
    27 July 2020
Universidade de São Paulo/Faculdade de Filosofia, Letras e Ciências Humanas/; Programa de Pós-Graduação em Língua e Literatura Alemã Av. Prof. Luciano Gualberto, 403, 05508-900 São Paulo/SP/ Brasil, Tel.: (55 11)3091-5028 - São Paulo - SP - Brazil
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