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Europa-Konzeptionen in der österreichischen Literatur der Zwischenkriegszeit: Hofmannsthal - Musil - Zweig

Literature of the interwar period: Hofmannsthal - Musil - Zweig

Zusammenfassung

Der Beitrag vergleicht verschiedene Europa-Konzeptionen prominenter österreichischer Schriftsteller der Zwischenkriegszeit, die ganz unterschiedlich begründet sind: Während Hugo von Hofmannsthals Diagnose in erster Linie ästhetisch argumentiert, sind Stefan Zweigs Europa-Essays primär gesinnungsethisch motiviert. Demgegenüber bemüht sich Robert Musil um eine anthropologisch-verantwortungsethische Beweisführung.

Schlagwörter:
Europa; Zweig; Hofmannsthal; Musil

Abstract

The paper compares different ideas of Europe, developed by important Austrian writers of the interwar period, which take diverse approaches: Whereas Hugo von Hofmannsthal’s analysis follows first and foremost an aesthetical reasoning, Stefan Zweig’s essays are motivated primarily by an ethics of ethos. In contrast, Robert Musil's argumentation is based on philosophical anthropology and ethics of responsibility.

Keywords:
Europe; Zweig; Hofmannsthal; Musil

Der über vier Jahre dauernde Erste Weltkrieg, die von ihm verursachten Verluste an Menschenleben, materiellen Lebensgrundlagen und Kulturgütern sowie sein gerade von vielen österreichischen Schriftstellern als fatal empfundener Ausgang führten zahlreichen europäischen Intellektuellen das Ungenügen rein nationaler oder nationalstaatlicher Politik vor Augen, also die Notwendigkeit, übernationale Perspektiven zu entwickeln. Als Rahmen solcher Überlegungen bot sich Europa an, dem sich die kontinentalen Großmächte genauso wie die kleineren Staaten des Kontinents zugehörig fühlten und um dessen Definition und Neuordnung sie stritten. Eine Vielzahl konkurrierender Visionen der Bestimmung Europas und seiner Zukunft wurden in der Zwischenkriegszeit veröffentlicht und diskutiert (vgl. LÜTZELER 1998LÜTZELER, Paul Michael. Die Schriftsteller und Europa. Von der Romantik bis zur Gegenwart. 2 Aufl. Baden-Baden: Nomos, 1998, 272-364.: 272-364, LÜTZELER 1997LÜTZELER, Paul Michael. Europäische Identität und Multikultur: Fallstudien zur deutschsprachigen Literatur seit der Romantik. Tübingen: Stauffenburg, 1997 (= Stauffenburg Diskussion 8), 87-124.: 87-124, LÜTZELER 2003LÜTZELER, Paul Michael. Paris und Wien oder der kontinentale Grundkonflikt. Zur Konstruktion einer multikulturellen Identität in Europa. In: MOKRE, Monika; WEISS, Gilbert; BAUBÖCK, Rainer (Hg.). Europas Identitäten: Mythen, Konflikte, Konstruktionen. Frankfurt a.M.: Campus, 2003, 36-54.: 36-54, LÜTZELER 2007LÜTZELER, Paul Michael. Kontinentalisierung: Das Europa der Schriftsteller. Bielefeld: Aisthesis, 2007, 186-243.: 186-243, KRAUME 2010KRAUME, Anne. Das Europa der Literatur: Schriftsteller blicken auf den Kontinent (1815-1933). Berlin: de Gruyter, 2010, 193-367.: 193-367)2 2 Aus romanistisch-komparatistischer Perspektive (vgl. KRAUME 2010: 193-367). . Die folgende Skizze versucht, verschiedene Europa-Konzeptionen dreier prominenter österreichischer Schriftsteller dieser Jahre, die ganz unterschiedlich begründet sind, vorzustellen und in der gebotenen Kürze miteinander zu vergleichen.

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Der erste in diesem Zusammenhang einschlägige Autor ist Hugo von Hofmannsthal. Dieser publizierte in den zwanziger Jahren gleich mehrere Essays zum Thema Europa, die mittlerweile einige Aufmerksamkeit von Seiten der Literaturwissenschaft erhalten haben. Im Unterschied aber zu der in der bisherigen Forschung vorherrschenden Konzentration auf jene Schriften des Autors, die bereits während des Ersten Weltkriegs entstanden (vgl. BERNSTEIN 1992BERNSTEIN, Inna. Die Europa-Konzeption Hugo von Hofmannsthals. In: STRELKA, Joseph (Hg.). Wir sind aus solchem Zeug wie das zu träumen… Kritische Beiträge zu Hofmannsthals Werk. Bern u.a: Lang, 1992, 363-376.: 363-376, MATTENKLOTT 1993MATTENKLOTT, Gert. Hofmannsthals Votum für Europa. Austriaca, 18, H. 37, 183-192, 1993.: 183-192 bes. 187-189, MAUSER 1994MAUSER, Wolfram. „Die geistige Grundfarbe des Planeten“. Hugo von Hofmannsthals „Idee Europa“. Hofmannsthal-Jahrbuch, Band 2, 201-222, 1994.: 201-222, SCHÜPPEN 2011SCHÜPPEN, Franz. Zur Entwicklung und Bedeutung des Begriffs „Europa“ bei Hugo von Hofmannsthal. Neohelicon, 38, H. 1, 19-40, 2011.: 19-40) oder dem entstehungs- und wirkungsgeschichtlichen Kontext der Neuen deutschen Beiträge (vgl. RAPONI 2007RAPONI, Elena. Hofmannsthals Europaverständnis in der publizistischen Tätigkeit der zwanziger Jahre. In: BENTHIEN, Claudia; LÜTZELER, Paul Michael; SAINT-GILLE, Anne-Marie (Hg.). Europadiskurse in der deutschen Literatur und Literaturwissenschaft. Bern u.a.: Lang, 2007, 43-50.: 43-50) bzw. dem elitär-konservativen Kulturbund Karl Anton (Prinz) Rohans und dessen Europäischer Revue (vgl. HEISE 2019HEISE, Tillmann. „Schöpferische Restauration“ und Habsburg reloaded. Hugo von Hofmannsthals Europaideen der 1920er Jahre, Rohans Kulturbund und die Europäische Revue. In: BEßLICH, Barbara; FOSSALUZZA, Cristina; unter Mitarbeit v. HEISE, Tillmann; WALCHER, Bernhard (Hg.). Kulturkritik der Wiener Moderne (1890-1938). Heidelberg: Winter, 2019 (= Beihefte zum Euphorion110), 87-104.: 87-104) zuzurechnen sind, sei hier ein in diesem Zusammenhang seltener betrachteter Essay einem close reading unterzogen: Hofmannsthals Aufsatz Blick auf den geistigen Zustand Europas (1922), den er zur Besinnung über die kulturelle Situation nach dem Ersten Weltkrieg verfasste. Erschienen ist dieser Text erst postum in den Gesammelten Werken in Einzelausgaben (1955). Hofmannsthal zeichnet darin die Auswirkungen des Krieges für den gesamten Kontinent als äußerst fatal: In materieller wie ideeller Hinsicht gelte, „daß wir uns in einer der schwersten geistigen Krisen befinden, welche Europa vielleicht seit dem sechzehnten Jahrhundert, wo nicht seit dem dreizehnten, erschüttert haben“, so dass man sich fragen müsse, „ob ‚Europa‘, das Wort als geistiger Begriff genommen“, nicht schon längst „zu existieren aufgehört habe“ (HOFMANNSTHAL 1979HOFMANNSTHAL, Hugo von. Blick auf den geistigen Zustand Europas. In: HOFMANNSTHAL, Hugo von; SCHOELLER, Bernd (Hg.). Gesammelte Werke. [Bd. 9:] Reden und Aufsätze II: 1914-1924. in Beratung mit Rudolf Hirsch. Frankfurt a.M: Fischer , 1979, 478-481.: 478). Dabei falle es besonders schmerzlich ins Gewicht, „daß Europa in diesem Augenblick nicht über einen einzigen geistigen Repräsentanten verfügt, der wirklich als beherrschende europäische Figur angesehen werden könnte“ (HOFMANNSTHAL 1979HOFMANNSTHAL, Hugo von. Blick auf den geistigen Zustand Europas. In: HOFMANNSTHAL, Hugo von; SCHOELLER, Bernd (Hg.). Gesammelte Werke. [Bd. 9:] Reden und Aufsätze II: 1914-1924. in Beratung mit Rudolf Hirsch. Frankfurt a.M: Fischer , 1979, 478-481.: 478). Was der nach dem Krieg zunehmend konservative Dichter sich von einem solchen ‚geistigen Repräsentanten‘ erwartete, der den gesamten Kontinent ‚geistig‘ beherrsche, wird deutlich, wenn er seine international bekanntesten zeitgenössischen Kollegen in Erinnerung ruft: „Einige wenige sind europäische Figuren zwar im Sinne der Berühmtheit, nicht aber im Sinne einer von ihnen ausgehenden geistigen Macht und Autorität, wie eine solche etwa noch vor zwei Jahrzehnten Ibsen und Tolstoi eignete“ (HOFMANNSTHAL 1979HOFMANNSTHAL, Hugo von. Blick auf den geistigen Zustand Europas. In: HOFMANNSTHAL, Hugo von; SCHOELLER, Bernd (Hg.). Gesammelte Werke. [Bd. 9:] Reden und Aufsätze II: 1914-1924. in Beratung mit Rudolf Hirsch. Frankfurt a.M: Fischer , 1979, 478-481.: 478). Es ist bezeichnend, dass Hofmannsthal mit diesem Lob im Rückblick nicht Autoren der demokratischen Hauptsiegermächte Frankreich und England würdigte, sondern einen Skandinavier als Vertreter der neutralen Staaten und einen Russen, der angesichts des mittlerweile erfolgten politischen Umbruchs in seiner Heimat für ihn kaum ein Repräsentant der Kriegsgewinner war - beide Kulturen galten im Sinne populärer Völkerpsychologie als besonders tiefgründig, wohingegen die westliche ‚Zivilisation‘ in der kulturkonservativen deutschsprachigen Essayistik nicht erst seit Thomas Mann als oberflächlich diskreditiert wurde.

Dementsprechend schrieb der selbst vier Mal für den Nobelpreis nominierte, aber nie tatsächlich damit ausgezeichnete österreichische Dichter dem Ende 1921 gekürten französischen Nobelpreisträger Anatole France „im Verhältnis zu den größten Vertretern seiner eigenen nationalen Geisteswelt etwas Epigonenhaftes“ zu: zwar gehe von dessen Statur „ein geistiger Zauber“ aus, „aber keine geistige Gewalt, vor der Europa sich beugen und die Jahrhunderte als kleine Zeitspannen erscheinen würden“ (HOFMANNSTHAL 1979HOFMANNSTHAL, Hugo von. Blick auf den geistigen Zustand Europas. In: HOFMANNSTHAL, Hugo von; SCHOELLER, Bernd (Hg.). Gesammelte Werke. [Bd. 9:] Reden und Aufsätze II: 1914-1924. in Beratung mit Rudolf Hirsch. Frankfurt a.M: Fischer , 1979, 478-481.: 478). Diese Urteile eines ausgewiesenen Kenners der französischen Literatur sind für meine Argumentation insbesondere deshalb von Belang, weil sie das maßgebliche Postulat und Bewertungskriterium Hofmannsthals hinsichtlich der Zukunft Europas offenlegen: Angesichts der sämtliche Lebensbereiche ergreifenden Krise erachtete er eine „beherrschende europäische Figur“ für nötig, von der eine „geistige Gewalt“ ausgehen müsse, „vor der Europa sich beugen“ würde - ganz im Sinne einer alle andere Dichter und Denker überragenden „geistigen Macht und Autorität“. Der Charakter dieser Herrschaft ist nach Max Webers soziologischer Typologie von Herrschaftsformen zweifelsohne ein ‚charismatischer‘; er wird folgendermaßen definiert:

Charisma“ soll eine als außeralltäglich [...] geltende Qualität einer Persönlichkeit heißen, um derentwillen sie als mit übernatürlichen oder übermenschlichen oder mindestens spezifisch außeralltäglichen, nicht jedem andern zugänglichen Kräften oder Eigenschaften [begabt] oder als gottgesandt oder als vorbildlich und deshalb als „Führer“ gewertet wird. Wie die betreffende Qualität von irgendeinem ethischen, ästhetischen oder sonstigen Standpunkt aus „objektiv“ richtig zu bewerten sein würde, ist natürlich dabei begrifflich völlig gleichgültig: darauf allein, wie sie tatsächlich von den charismatisch Beherrschten, den „Anhängern“, bewertet wird, kommt es an. (WEBER 2009WEBER, Max. Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Soziologie. Studienausg. 5. rev. Aufl. Besorgt von Johannes Winckelmann. Tübingen: Mohr , 2009 [1972].: 140f.).

Die Voraussetzung für die bedingungslose Anhängerschaft eines „geistigen Repräsentanten“ Europas entwickelte Hofmannsthal ex negativo an seinem nächsten Beispiel George Bernard Shaw, den er zwar als „ein gesamteuropäisches Phänomen, und vielleicht die repräsentativste Figur des Augenblickes“ apostrophierte; doch diese Auszeichnung des Iren, dessen „witzige, ironische und in blitzartigen Sprüngen das Heterogenste zusammenbringende Geistessprache oft geradezu als der einzige Jargon“ - also nicht als ein individueller Stil - erscheine, „in dem sich intelligente Menschen über einen so schwindelnden Weltzustand verständigen können“ (HOFMANNSTHAL 1979HOFMANNSTHAL, Hugo von. Blick auf den geistigen Zustand Europas. In: HOFMANNSTHAL, Hugo von; SCHOELLER, Bernd (Hg.). Gesammelte Werke. [Bd. 9:] Reden und Aufsätze II: 1914-1924. in Beratung mit Rudolf Hirsch. Frankfurt a.M: Fischer , 1979, 478-481.: 478f.), schränkte er in der Folge auf bezeichnende Weise ein:

Aber diese geistreiche Mentalität vermag die tiefere Schicht der menschlichen Seelen, die nach neuen - es muß das Wort gesagt werden - religiösen Bindungen begehrt, nur in eine leichte unruhige Vibration, nicht aber in wahre Erschütterung, die einem gewaltigen Umschwung vorhergeht, zu versetzen, und so bleibt auch der Ire eine Erscheinung mehr als ein Führer. (HOFMANNSTHAL 1979HOFMANNSTHAL, Hugo von. Blick auf den geistigen Zustand Europas. In: HOFMANNSTHAL, Hugo von; SCHOELLER, Bernd (Hg.). Gesammelte Werke. [Bd. 9:] Reden und Aufsätze II: 1914-1924. in Beratung mit Rudolf Hirsch. Frankfurt a.M: Fischer , 1979, 478-481.: 479).

Indem Hofmannsthal, der Anfang der zwanziger Jahre ja selbst Komödien schrieb, eine „wahre Erschütterung, die einem gewaltigen Umschwung vorhergeht“, gegen „eine leichte unruhige Vibration“ stellte, ließ er letztere als bloßes Oberflächenphänomen und deshalb als für die europäische Kultur insgesamt im Grunde unerheblich erscheinen. Ein ‚geistiger Führer‘, dessen es so dringend bedürfe, müsse demgegenüber - so kann man aus dem Gesagten schließen - die allgemeine Sehnsucht nach „religiösen Bindungen“ erfüllen und sich dafür wohl einer Ästhetik der Überwältigung bedienen, nicht einer Poetik der argumentativen Überzeugung. In literarisch-gattungstheoretischer Hinsicht zuständig für den postulierten Affektbereich ist demnach ein ganz anderes Genre als die Komödie - ein Genre, dem man nicht nachsagen kann, besonders demokratieaffin zu sein: die klassische Tragödie.

Hofmannsthals Votum für Religion und Tradition und gegen Intellektualität und Moderne präsentiert sich als Remedium politisch, erweist sich in seiner Beweisführung indes als ästhetisch; in Gert Mattenklotts Worten: „Europa ist für Hofmannsthal [...] vor allem eine platonisierend wahrgenommene Kunstwelt. Diese Perspektive verschwindet auch später nicht, wenn sie von kulturpolitischen Wahrnehmungsweisen gekreuzt wird“ (MATTENKLOTT 1993MATTENKLOTT, Gert. Hofmannsthals Votum für Europa. Austriaca, 18, H. 37, 183-192, 1993.: 186). Hofmannsthals diagnostischer Anspruch ist gegenwartsbezogen, sein methodisches Verfahren dagegen traditionsfixiert, indem er in geistesgeschichtlicher Manier auf zwei längst verstorbene charismatische Autoren rekurrierte, die er als repräsentativ für die ‚geistige‘ Situation im Nachkriegseuropa erachtete, nämlich auf Dostojewski und Goethe:

[V]ielleicht ist dies das Greifbarste am europäischen Geistesleben des Augenblickes: das Ringen dieser beiden Geister um die Seele der Denkenden und Suchenden - vielleicht ist dieser Wirbel die eigentliche Mitte des sturmbewegten flutenden Aspektes, den das geistige Europa heute bietet. Über diese beiden Männer wäre es möglich, fast an jeder Stelle Europas, von einer Oxforder Studentenwohnung bis ins Sprechzimmer eines Moskauer Sowjetfunktionärs, ein Gespräch höherer Ordnung hervorzurufen, bei dem die tieferen Seelenkräfte der Unterredner, nicht bloß ihre ästhetischen Interessen ins Spiel kämen. Statt einer ruhigen monumentalen Erscheinung, zu der alle aufblicken, steht dieses Ringen zweier universeller Geister in der Mitte des allgemeinen Eruptionsfeldes. (HOFMANNSTHAL 1979HOFMANNSTHAL, Hugo von. Blick auf den geistigen Zustand Europas. In: HOFMANNSTHAL, Hugo von; SCHOELLER, Bernd (Hg.). Gesammelte Werke. [Bd. 9:] Reden und Aufsätze II: 1914-1924. in Beratung mit Rudolf Hirsch. Frankfurt a.M: Fischer , 1979, 478-481.: 480).

Die „Verschiedenheit ihres Verhältnisses zum menschlichen Leiden“ konkretisiere sich im Gegensatz von Goethes Maxime einer „Abwehr des Leidens“ und Dostojewskis „Lebensinhalt“, der darin bestehe, „das Leiden herbeizurufen und sich dem Leiden preiszugeben“, was man als generellen Befund auch auf die allgemeine Situation der verschiedenen Länder in der Zwischenkriegszeit beziehen kann (HOFMANNSTHAL 1979HOFMANNSTHAL, Hugo von. Blick auf den geistigen Zustand Europas. In: HOFMANNSTHAL, Hugo von; SCHOELLER, Bernd (Hg.). Gesammelte Werke. [Bd. 9:] Reden und Aufsätze II: 1914-1924. in Beratung mit Rudolf Hirsch. Frankfurt a.M: Fischer , 1979, 478-481.: 481). Aus heutiger Sicht wird es jedoch nicht genügen, Hofmannsthals Gegenüberstellung der „beiden geistigen Gewalten“ (HOFMANNSTHAL 1979HOFMANNSTHAL, Hugo von. Blick auf den geistigen Zustand Europas. In: HOFMANNSTHAL, Hugo von; SCHOELLER, Bernd (Hg.). Gesammelte Werke. [Bd. 9:] Reden und Aufsätze II: 1914-1924. in Beratung mit Rudolf Hirsch. Frankfurt a.M: Fischer , 1979, 478-481.: 481). bloß nachzubuchstabieren (BERNSTEIN 1992BERNSTEIN, Inna. Die Europa-Konzeption Hugo von Hofmannsthals. In: STRELKA, Joseph (Hg.). Wir sind aus solchem Zeug wie das zu träumen… Kritische Beiträge zu Hofmannsthals Werk. Bern u.a: Lang, 1992, 363-376.: 371-373, SCHÜPPEN 2011SCHÜPPEN, Franz. Zur Entwicklung und Bedeutung des Begriffs „Europa“ bei Hugo von Hofmannsthal. Neohelicon, 38, H. 1, 19-40, 2011.: 35f.). Entscheidend für den gegenwärtigen Kontext ist vielmehr der Umstand, dass Hofmannsthal in seiner Reflexion über Europa eine Haltung einnahm und zugleich einforderte, die er zur selben Zeit im Editorial seiner Zeitschrift Neue deutsche Beiträge als „die einer ‚bescheidenen Ehrerbietigkeit‘ gegen die europäische geistige Welt“ kennzeichnete und dabei „Gegenwart und Vergangenheit in eins“ fasste, ohne sich dabei allzu weit von dieser in jene zu begeben (HOFMANNSTHAL 1979HOFMANNSTHAL, Hugo von. „Neue deutsche Beiträge“. Ankündigung. In: HOFMANNSTHAL, Hugo von; SCHOELLER, Bernd (Hg.). Gesammelte Werke. [Bd. 9:] Reden und Aufsätze II: 1914-1924. in Beratung mit Rudolf Hirsch. Frankfurt a.M: Fischer , 1979, 197-199.: 198). Aus Traditionsbezogenheit bestand er „auf dem Vorrang der Kultur als einigendem Faktor“, wie Wolfram Mauser es ganz ohne Vorbehalt formuliert hat (MAUSER 1994MAUSER, Wolfram. „Die geistige Grundfarbe des Planeten“. Hugo von Hofmannsthals „Idee Europa“. Hofmannsthal-Jahrbuch, Band 2, 201-222, 1994.: 220); dabei geht Mauser genauso wenig auf den Zusammenhang des keineswegs liberalen oder gar demokratischen, vielmehr elitär- konservativen Europa-Diskurses der Zwischenkriegszeit ein, an dem Hofmannsthal partizipierte (vgl. MAUSER 1994MAUSER, Wolfram. „Die geistige Grundfarbe des Planeten“. Hugo von Hofmannsthals „Idee Europa“. Hofmannsthal-Jahrbuch, Band 2, 201-222, 1994.: 214), wie es Inna Bernstein in ihrer Rekonstruktion der Europa-Konzeption(en) Hofmannsthals getan hat (vgl. BERNSTEIN 1992BERNSTEIN, Inna. Die Europa-Konzeption Hugo von Hofmannsthals. In: STRELKA, Joseph (Hg.). Wir sind aus solchem Zeug wie das zu träumen… Kritische Beiträge zu Hofmannsthals Werk. Bern u.a: Lang, 1992, 363-376.: 365, 374-376). Dass dessen politisches Denken aber kaum aus der Ablehnung eines „patriarchalisch- totalitär organisierte[n] Europa“ (MAUSER 1994MAUSER, Wolfram. „Die geistige Grundfarbe des Planeten“. Hugo von Hofmannsthals „Idee Europa“. Hofmannsthal-Jahrbuch, Band 2, 201-222, 1994.: 208) und auch nicht aus einer so egalitären wie zukunftsweisenden Liebe für „ein Europa der Regionen“ im heutigen Verständnis zu erklären ist, „deren Reichtum in ihrem Kolorit, ihrem Charme, ihrem historischen Eigenwert und ihrem Selbstbewußtsein liegt“ (MAUSER 1994MAUSER, Wolfram. „Die geistige Grundfarbe des Planeten“. Hugo von Hofmannsthals „Idee Europa“. Hofmannsthal-Jahrbuch, Band 2, 201-222, 1994.: 214), hat Tillmann Heise mittlerweile überzeugend herausgearbeitet (vgl. HEISE 2019HEISE, Tillmann. „Schöpferische Restauration“ und Habsburg reloaded. Hugo von Hofmannsthals Europaideen der 1920er Jahre, Rohans Kulturbund und die Europäische Revue. In: BEßLICH, Barbara; FOSSALUZZA, Cristina; unter Mitarbeit v. HEISE, Tillmann; WALCHER, Bernhard (Hg.). Kulturkritik der Wiener Moderne (1890-1938). Heidelberg: Winter, 2019 (= Beihefte zum Euphorion110), 87-104.: 89). Ebensowenig ist Hofmannsthals „nicht un-, sondern antipolitische Form des europäischen Gedankens“ mit der „Idee der klassisch-humanistischen Toleranzkultur“ (MATTENKLOTT 1993MATTENKLOTT, Gert. Hofmannsthals Votum für Europa. Austriaca, 18, H. 37, 183-192, 1993.: 188) einfach zu assoziieren.

Dass hier ganz andere Motive eine Rolle spielten, hätte allein schon seine Absage an die Paneuropa-Bewegung nahelegen können, die Richard (Graf) Coudenhove-Kalergi 1923 in Wien initiierte und die von zahlreichen anderen - gerade auch österreichischen Autoren - unterstützt wurde. Hofmannsthals Gegnerschaft lässt sich weder damit hinreichend begründen, dass der Paneuropa-Gedanke, zumindest „aus der Sicht der Mittelmächte, in unverkennbarer Verbindung zum Versailler Vertrag“ gestanden sei, „der ja nicht auf einen Ausgleich in Europa zielte, sondern weithin dem Willen der Sieger entsprach“ (MAUSER 1994MAUSER, Wolfram. „Die geistige Grundfarbe des Planeten“. Hugo von Hofmannsthals „Idee Europa“. Hofmannsthal-Jahrbuch, Band 2, 201-222, 1994.: 208). Noch kann sie mit Coudenhove-Kalergis betont ‚antibolschewistischer‘ Gesinnung motiviert werden, die keineswegs einer von Hofmannsthal abgelehnten „Ausgrenzung des Ostens, des slawischen Elements“ (MAUSER 1994MAUSER, Wolfram. „Die geistige Grundfarbe des Planeten“. Hugo von Hofmannsthals „Idee Europa“. Hofmannsthal-Jahrbuch, Band 2, 201-222, 1994.: 208) generell gleichkam und gegen die er per se wenig einzuwenden gehabt hätte. An Mausers Erklärung für die auffallende Ablehnung der Paneuropa-Union durch Hofmannsthal ist etwa die Formulierung entlarvend, der Dichter habe sie „aus der Sicht der Mittelmächte“ wahrgenommen - eine Perspektive, die wohl kaum mit einer modernen und demokratischen Europa-Vision gleichgesetzt werden sollte.

Bestätigt wird dies durch das weitere kulturpolitische Engagement Hofmannsthals, der am 25. September 1926 im Namen Rohans und seiner Europäischen Revue in der Neuen Freien Presse gegen einen „pazifistischen Internationalismus“ zu Felde zog, „welcher auf der Betäubung oder Verwischung der nationalen Gefühle“ ruhe und „dessen Äußerungen in den Jahren nach dem Krieg so viel Verwirrung angerichtet […] haben“ (vgl. HOFMANNSTHAL 1980HOFMANNSTHAL, Hugo von. „Europäische Revue“. Eine Monatsschrift. Herausgegeben von Karl Anton Rohan. In: HOFMANNSTHAL, Hugo von; SCHOELLER, Bernd; BEYER-AHLERT, Ingeborg (Hg.). Gesammelte Werke. [Bd. 10:] Reden und Aufsätze III: 1925-1929. Buch der Freunde. Aufzeichnungen 1889-1929. in Beratung mit Rudolf Hirsch. Frankfurt a.M: Fischer, 1980, 78-83.: 80). Wie Heise vor Augen geführt hat, sprach der Schriftsteller hier selbst als Vertreter von Rohans elitär-konservativem Kulturbund und keineswegs aus emanzipatorisch-demokratischer Überzeugung:

Wenn Hofmannsthal sich im Kulturbund engagierte und öffentlich für Verein und Zeitschrift in die Bresche sprang, tat er das weniger aus Sympathie für Rohan persönlich denn aus Zustimmung zu dessen Programm. Er teilte zentrale kulturbündische Europaideen wie das geistige Totalitätsversprechen eines erneuerten Katholizismus, die Führungskompetenz geistesaristokratischer Eliten oder die Wahrung national-kultureller Autonomie (HEISE 2019HEISE, Tillmann. „Schöpferische Restauration“ und Habsburg reloaded. Hugo von Hofmannsthals Europaideen der 1920er Jahre, Rohans Kulturbund und die Europäische Revue. In: BEßLICH, Barbara; FOSSALUZZA, Cristina; unter Mitarbeit v. HEISE, Tillmann; WALCHER, Bernhard (Hg.). Kulturkritik der Wiener Moderne (1890-1938). Heidelberg: Winter, 2019 (= Beihefte zum Euphorion110), 87-104.: 98).

Nur in diesem Zusammenhang werden Hofmannsthals Invektiven gegen Internationalismus und Kosmopolitismus nachvollziehbar, für die ihm zufolge auch „die pan-europäische Agitation“ stand, worüber er sich in seinem Ankündigungsbrief an den einflussreichen Herausgeber der Neuen Freien Presse abfällig äußerte (HOFMANNSTHAL 1926HOFMANNSTHAL an Ernst Benedikt, 18.9.1926. In: FDH, Bestand der Volkswagen-Stiftung, Varia 1833; zit. nach Heise 2019, 98. zit. nach HEISE 2019HEISE, Tillmann. „Schöpferische Restauration“ und Habsburg reloaded. Hugo von Hofmannsthals Europaideen der 1920er Jahre, Rohans Kulturbund und die Europäische Revue. In: BEßLICH, Barbara; FOSSALUZZA, Cristina; unter Mitarbeit v. HEISE, Tillmann; WALCHER, Bernhard (Hg.). Kulturkritik der Wiener Moderne (1890-1938). Heidelberg: Winter, 2019 (= Beihefte zum Euphorion110), 87-104.: 98, vgl. HOFMANNSTHAL 1980HOFMANNSTHAL, Hugo von. „Europäische Revue“. Eine Monatsschrift. Herausgegeben von Karl Anton Rohan. In: HOFMANNSTHAL, Hugo von; SCHOELLER, Bernd; BEYER-AHLERT, Ingeborg (Hg.). Gesammelte Werke. [Bd. 10:] Reden und Aufsätze III: 1925-1929. Buch der Freunde. Aufzeichnungen 1889-1929. in Beratung mit Rudolf Hirsch. Frankfurt a.M: Fischer, 1980, 78-83.: 635). Bezeichnend ist dies für den gegenwärtigen Kontext insofern, als Hofmannsthals deutliches Votum für Rohan und gegen Coudenhove-Kalergi es erlaubt, seine Europa-Essayistik, die dem konservativ- revolutionären Diskurs nahesteht, deutlich von jener der anderen beiden hier behandelten Autoren abzugrenzen. Die Grundlage seiner Argumentation ist freilich keine genuin politische, wie deutlich geworden sein sollte, sondern eine dezidiert charismatisch- ästhetische, aus der auch seine ideologischen Stellungnahmen zu verstehen sind.

2

Politischer und aktueller argumentierte Stefan Zweig, dessen forma mentis von Anfang an der von Hofmannsthal wenig geschätzte Kosmopolitismus war, „was sich in seiner ausgeprägten Reiselust, seinem starken Interesse für andere Kulturen und seiner intensiven Suche nach internationalen Begegnungen und Freundschaften äußert“, wie Arturo Larcati betont hat (LARCATI 2020LARCATI, Arturo. Stefan Zweigs Aufsätze und Reden für Europa. Eine kurze Bestandsaufnahme. Literatur und Kritik, 541/542, 19-25, 2020.: 19). Insofern ist Zweigs zwischenzeitliche Begeisterung für Coudenhove-Kalergis pazifistischen Internationalismus sowie für dessen Paneuropa-Aktivitäten nur konsequent (vgl. RESCH 2017RESCH, Stephan. Stefan Zweig und der Europa-Gedanke. Würzburg: Königshausen & Neumann, 2017.: 193-203). Während Hofmannsthal in den zwanziger Jahren für ein geistesaristokratisches Europa der Nationalstaaten eintrat, engagierte Zweig sich in den frühen und mittleren dreißiger Jahren im eigentlichen Wortsinn für die politische Einigung Europas, wie der programmatische Titel einer - allerdings nicht gehaltenen - Pariser Rede signalisiert. Klemens Renoldner hat diesen bis dahin unbekannten Text 2013 aus Zweigs amerikanischem Nachlass herausgegeben, entstanden ist er vermutlich im Jahr 1934. In einer historischen Phase, in der die Nationalsozialisten bereits ihre Macht konsolidierten und zu diesem Zweck mit dem Rundfunk und den Wochenschauen die modernsten medialen Errungenschaften einsetzten, reflektierte Zweig darüber, wie man den „europäische[n] Gedanken“ trotz der „faktische[n] Ueberlegenheit des Gegengedankens, des Nationalismus innerhalb unserer Zeit“ befördern könne (ZWEIG 2013ZWEIG, Stefan. Einigung Europas. Eine Rede: Aus dem Nachlass hg. v. Klemens Renoldner. Salzburg: Tartin Editionen, 2013, 6.: 6). Das Problem liege allererst im Bereich des Emotionalen:

Der europäische Gedanke ist kein primäres Gefühl, so wie das vaterländische Gefühl, wie jenes der Volkszugehörigkeit, er ist nicht urtümlich aus dem Instinkt geboren, sondern aus der Erkenntnis, nicht das Produkt einer spontanen Leidenschaft[,] sondern die langsam aufgeblühte Frucht eines überlegenen Denkens. Ihm fehlt zunächst vollkommen jener leidenschaftliche Instinkt, der dem Vaterlandsgefühl so eignet[,] und der sacro- egoismo [sic] des Nationalismus wird immer dem Durchschnittsmenschen fassbarer bleiben als der sacro-altruismo des europäischen Gefühls, weil es immer leichter ist[,] das Eigene anzuerkennen[,] als mit Ehrfurcht und Hingabe das Nachbarliche zu verstehen. (ZWEIG 2013ZWEIG, Stefan. Einigung Europas. Eine Rede: Aus dem Nachlass hg. v. Klemens Renoldner. Salzburg: Tartin Editionen, 2013, 6.: 6f.).

Um die hier eingeforderte Erweckung von Leidenschaft für den vergleichsweise abstrakten ‚europäischen Gedanken‘ geht es im Folgenden. Es ist für die Beweisführung der Rede bezeichnend, dass Zweig zwar verschiedene Mittel diskutierte, Europaliebe zu befördern, die zugrundeliegende „Idee“ (ZWEIG 2013ZWEIG, Stefan. Einigung Europas. Eine Rede: Aus dem Nachlass hg. v. Klemens Renoldner. Salzburg: Tartin Editionen, 2013, 6.: 9f.) selbst aber offenbar nicht für legitimationsbedürftig hielt - was vielleicht auf das anvisierte Zielpublikum zurückgeführt werden kann. Stattdessen plädierte er für einen gezielten Einsatz „der neuen technischen und visuellen Formen der Agitation“ (ZWEIG 2013ZWEIG, Stefan. Einigung Europas. Eine Rede: Aus dem Nachlass hg. v. Klemens Renoldner. Salzburg: Tartin Editionen, 2013, 6.: 8) und argumentierte in dieser Hinsicht auf der Höhe der zeitgenössischen Propagandatheorie und Massenpsychologie, indem er etwa voraussetzte, „dass die Masse ihre Gemeinsamkeit am glückhaftesten empfindet[,] wo sie sich als Masse sichtbar und anschaulich spürt. In allen diesen Massenwirkungen waltet eine hypnotische Kraft, jener Rausch der Exaltation entsteht, der notwendig ist für den wahrhaften Glauben“ (ZWEIG 2013ZWEIG, Stefan. Einigung Europas. Eine Rede: Aus dem Nachlass hg. v. Klemens Renoldner. Salzburg: Tartin Editionen, 2013, 6.: 10). Was die konkrete Bewerbung und Durchsetzung des ‚Europagedankens‘ betrifft, sind Zweigs Vorschläge alles andere als idealistisch:

Soll also unser Gedanke wirkliche Wirkung haben, so müssen wir ihn aus der esotherischen [sic] Sphäre der geistigen Diskussion herausführen und alle unsere Kräfte daran wenden, unsere Idee auch für die weiten Kreise sichtbar und einsichtig zu machen. Zu diesem Zwecke ist das Wort, seien wir uns dessen bewusst, nicht ausreichend, sondern wir müssen alle agitatorischen Kräfte der Zeit dazuschalten und unsere Bemühungen dahin wenden, auch den Massen unsere Ideen optisch zu machen. (ZWEIG 2013ZWEIG, Stefan. Einigung Europas. Eine Rede: Aus dem Nachlass hg. v. Klemens Renoldner. Salzburg: Tartin Editionen, 2013, 6.: 9).

Ansonsten seien sämtliche Anstrengungen vergeblich, wie Zweig einer vom ‚europäischen Gedanken‘ offenbar bereits überzeugten Zuhörerschaft nahezubringen versuchte, die er in der ersten Person Plural ansprach und somit gewissermaßen vereinnahmte:

Gelingt es uns nicht, [...] von unten her in den Bluttiefen der Völker eine solche Leidenschaft für unsere Idee zu erwecken, so ist jede Formulierung vergeblich, denn niemals in der Geschichte ist bloss vom Geistigen her, aus der bloßen Ueberlegung Wandel geschaffen worden. Wir müssen also vor allem unserer Idee Sichtbarkeit und Leidenschaftlichkeit verleihen, sie aus dem Zustand der Ideologie in jenen der Organisation und Agitation überführen und ihr statt der bloss logischen einen demonstrativen Charakter aufprägen. (ZWEIG 2013ZWEIG, Stefan. Einigung Europas. Eine Rede: Aus dem Nachlass hg. v. Klemens Renoldner. Salzburg: Tartin Editionen, 2013, 6.: 10f.).

Während Zweig bezüglich der einzusetzenden Mittel erstaunlich pragmatisch argumentierte und im weiteren Verlauf seines Textes das erst viel später realisierte, zukunftsweisende Konzept einer jährlich wechselnden europäischen Kongress- und ‚Kulturhauptstadt‘ vorwegnahm (vgl. ZWEIG 2013ZWEIG, Stefan. Einigung Europas. Eine Rede: Aus dem Nachlass hg. v. Klemens Renoldner. Salzburg: Tartin Editionen, 2013, 6.: 16), hielt er sich in der Begründung des Zwecks der Anstrengung auffallend zurück.

Kaum konkreter ist in dieser Hinsicht Zweigs zwei Jahre zuvor auf einer Europatagung in Rom gehaltene Rede Die moralische Entgiftung Europas (1932), die am 20. November 1932 als Der geistige Aufbau Europas auszugsweise in der Neuen Freien Presse erschien. Mit Blick auf die beiden „Gifte“, „von denen Europa befreit werden sollte“, nämlich den Nationalismus und den „Hass der Völker gegeneinander“ (LARCATI 2020LARCATI, Arturo. Stefan Zweigs Aufsätze und Reden für Europa. Eine kurze Bestandsaufnahme. Literatur und Kritik, 541/542, 19-25, 2020.: 22), beklagte Zweig gleich eingangs, der ‚geistige Organismus‘ des Kontinents sei „im gegenwärtigen Augenblicke einer schweren seelischen Verstörung anheimgefallen“ (ZWEIG 1990ZWEIG, Stefan. Die moralische Entgiftung Europas. Ein Vortrag für die Europatagung der Accademia di Roma, 1932. In: ZWEIG, Stefan; BECK, Knut (Hg.). Zeiten und Schicksale: Aufsätze und Vorträge aus den Jahren 1902-1942. Frankfurt a.M.: S. Fischer, 1990, 40- 56.: 40). Als Ursache für diese kollektive Neurose des „politischen Fanatismus“ und der „Hasskultur“ (LARCATI 2020LARCATI, Arturo. Stefan Zweigs Aufsätze und Reden für Europa. Eine kurze Bestandsaufnahme. Literatur und Kritik, 541/542, 19-25, 2020.: 22) identifizierte er den Weltkrieg und die dazugehörige Kriegspropaganda:

So wurde unablässig in allen Ländern der Haß gegen den Gegner immer neu genährt und diszipliniert, Millionen eigentlich indifferenter Naturen zu einem höheren Gefühlsverbrauch an Haß genötigt, als ihnen organisch und natürlich war. Mit dem Friedensschluß wurde dann diese Pflicht zum Haß mit einmal abgestellt und für unnötig erklärt. Aber ein Organismus, einmal an ein Rauschgift gewöhnt, kann es nicht plötzlich entbehren. (ZWEIG 1990ZWEIG, Stefan. Die moralische Entgiftung Europas. Ein Vortrag für die Europatagung der Accademia di Roma, 1932. In: ZWEIG, Stefan; BECK, Knut (Hg.). Zeiten und Schicksale: Aufsätze und Vorträge aus den Jahren 1902-1942. Frankfurt a.M.: S. Fischer, 1990, 40- 56.: 41).

Aus diesem Grund müsse „eine zähe, vorbedachte, systematische Arbeit geleistet werden, um die Seele der neuen, der nächsten Generation reiner, fester, heller und klarer zu kristallisieren“, als es die der eigenen gewesen sei, „welcher der Krieg mit seinem furchtbaren Hammer die ursprüngliche Form zerschlagen hat“ (ZWEIG 1990ZWEIG, Stefan. Die moralische Entgiftung Europas. Ein Vortrag für die Europatagung der Accademia di Roma, 1932. In: ZWEIG, Stefan; BECK, Knut (Hg.). Zeiten und Schicksale: Aufsätze und Vorträge aus den Jahren 1902-1942. Frankfurt a.M.: S. Fischer, 1990, 40- 56.: 43). Doch nicht eine Zusammenfügung des durch den Krieg Zersplitterten sei nun an der Tagesordnung, sondern eine „neue Erziehung“ der „neue[n] Jugend Europas“, die „von einer veränderten Auffassung der Geschichte ausgehen“ müsse, „und zwar von dem Grundgedanken, die Gemeinsamkeit zwischen den Völkern Europas stärker zu betonen als ihren Widerstreit“ (ZWEIG 1990ZWEIG, Stefan. Die moralische Entgiftung Europas. Ein Vortrag für die Europatagung der Accademia di Roma, 1932. In: ZWEIG, Stefan; BECK, Knut (Hg.). Zeiten und Schicksale: Aufsätze und Vorträge aus den Jahren 1902-1942. Frankfurt a.M.: S. Fischer, 1990, 40- 56.: 43). Wenn Zweig „eine Umschaltung des Lehrplanes in allen Staaten und Ländern von der politischen, der militärischen Geschichte zur Kulturgeschichte“ forderte, dann befand er sich genauso bei der pädagogischen Avantgarde seiner Zeit wie mit der Idee eines überstaatlich geförderten Schüler- und Studentenaustausches, die er in der Folge entwickelte (vgl. ZWEIG 1990ZWEIG, Stefan. Die moralische Entgiftung Europas. Ein Vortrag für die Europatagung der Accademia di Roma, 1932. In: ZWEIG, Stefan; BECK, Knut (Hg.). Zeiten und Schicksale: Aufsätze und Vorträge aus den Jahren 1902-1942. Frankfurt a.M.: S. Fischer, 1990, 40- 56.: 49-52).

Überraschend idealistisch und zugleich recht naiv mutet hingegen das von ihm postulierte Remedium an, nämlich die aus der gemeinsamen kulturellen Vergangenheit Europas abgeleitete Zuversicht, mittels Kunst, Literatur und Bildung ganz allgemein würden sich die Vorzüge der jeweils anderen Nationen erschließen, ließen sich Brücken zwischen ihnen schlagen und Vorurteile nachhaltig überwinden (vgl. LARCATI 2020LARCATI, Arturo. Stefan Zweigs Aufsätze und Reden für Europa. Eine kurze Bestandsaufnahme. Literatur und Kritik, 541/542, 19-25, 2020.: 23). Entsprechendes gilt für seine optimistische Vorstellung der europäischen Kulturgeschichte als „Aufstieg ohne Ende, eine in immer höhere Sphären aufklingende Harmonie“ (ZWEIG 1990ZWEIG, Stefan. Die moralische Entgiftung Europas. Ein Vortrag für die Europatagung der Accademia di Roma, 1932. In: ZWEIG, Stefan; BECK, Knut (Hg.). Zeiten und Schicksale: Aufsätze und Vorträge aus den Jahren 1902-1942. Frankfurt a.M.: S. Fischer, 1990, 40- 56.: 47). Wenn Zweig fraglos annahm, dass die Kulturgeschichte ein Bild der Völker „als Brüder“ vermittle, dass durch sie begreiflich werde, „wie ein Land das andere befruchtet, wie Erfindung mit Erfindung sich ergänzt hat, wie von einem Volke zum anderen gleichsam Ströme des schöpferischen Willens hinübergehen und jede einzelne Leistung, im Gegensatze zu den kriegerischen, das gemeinsame Wohl steigert“ (ZWEIG 1990ZWEIG, Stefan. Die moralische Entgiftung Europas. Ein Vortrag für die Europatagung der Accademia di Roma, 1932. In: ZWEIG, Stefan; BECK, Knut (Hg.). Zeiten und Schicksale: Aufsätze und Vorträge aus den Jahren 1902-1942. Frankfurt a.M.: S. Fischer, 1990, 40- 56.: 46), dann vertraute er einem recht eindimensionalen Fortschrittsgedanken. Mehr noch: Er verschloss die Augen vor jeder andersartigen Form von Kulturgeschichte, die damals ja allenthalben betrieben wurde - man denke nur an die seinerzeit ausgesprochen erfolgreiche und etwa von Hofmannsthal außerordentlich geschätzte völkische Literaturgeschichtsschreibung eines Josef Nadler.

Ebenso eindimensional und unausgegoren, ja sogar höchst bedenklich wirkt Zweigs pauschale Versicherung, dass „durch gemeinsame Leistung in Europa alle politischen, alle wirtschaftlichen, alle sozialen Schwierigkeiten schließlich“ genauso zu „bemeistern“ wären, wie ein geeintes Europa seine sich „seit zweitausend Jahren“ über die gesamte restliche Welt erstreckende „Vorherrschaft behalten“ könne (ZWEIG 1990ZWEIG, Stefan. Die moralische Entgiftung Europas. Ein Vortrag für die Europatagung der Accademia di Roma, 1932. In: ZWEIG, Stefan; BECK, Knut (Hg.). Zeiten und Schicksale: Aufsätze und Vorträge aus den Jahren 1902-1942. Frankfurt a.M.: S. Fischer, 1990, 40- 56.: 48). Auch „die Ehre ganzer Nationen“ möchte Zweig durch eine internationale Instanz schützen lassen (ZWEIG 1990ZWEIG, Stefan. Die moralische Entgiftung Europas. Ein Vortrag für die Europatagung der Accademia di Roma, 1932. In: ZWEIG, Stefan; BECK, Knut (Hg.). Zeiten und Schicksale: Aufsätze und Vorträge aus den Jahren 1902-1942. Frankfurt a.M.: S. Fischer, 1990, 40- 56.: 53f.), ja sogar eine „Ausschaltung der Lüge“ strebt er an (ZWEIG 1990ZWEIG, Stefan. Die moralische Entgiftung Europas. Ein Vortrag für die Europatagung der Accademia di Roma, 1932. In: ZWEIG, Stefan; BECK, Knut (Hg.). Zeiten und Schicksale: Aufsätze und Vorträge aus den Jahren 1902-1942. Frankfurt a.M.: S. Fischer, 1990, 40- 56.: 55). In solchen enthusiastischen Gedankengängen, deren politische Umsetzung vor dem Umschlag ins Gegenteil des Intendierten kaum gefeit ist, zeigt sich der ansonsten avancierte Europadenker Zweig vor allem als euphorischer ‚Gesinnungsethiker‘ - entsprechend der von Max Weber etablierten Typologie, wonach das

ethisch orientierte Handeln unter zwei voneinander grundverschiedenen, unaustragbar gegensätzlichen Maximen stehen kann: es kann „gesinnungsethisch“ oder „verantwortungsethisch“ orientiert sein. [...] [E]s ist ein abgrundtiefer Gegensatz, ob man unter der gesinnungsethischen Maxime handelt - religiös geredet: „Der Christ tut recht und stellt den Erfolg Gott anheim“ -, oder unter der verantwortungsethischen: daß man für die (voraussehbaren) Folgen seines Handelns aufzukommen hat. (WEBER 1988WEBER, Max, WINCKELMANN, Johannes (Hg.). Politik als Beruf. In: WEBER, Max. Gesammelte Politische Schriften. 5. Aufl. Tübingen: Mohr, 1988, 505-560.: 551ff.).

Indem Zweig darauf abhebt, „daß Bewunderung die innere Kraft nicht abnützt, sondern steigert, und dem allein, der Enthusiasmus immer wieder in sich anzufachen weiß, eine neue geistige Jugend immer wieder geschenkt ist“, votiert er für ein „unsichtbare[s] Ideal“, für das man seine „ganze Kraft bereithalten“ und dem man seine „ganze Leidenschaft widmen“ müsse, „damit die nächste Generation in allen Nationen die Sphäre eines von allem Haß und Mißtrauen entgifteten Europas als zweite Heimat neben und über der eignen Heimat erlebe“ (ZWEIG 1990ZWEIG, Stefan. Die moralische Entgiftung Europas. Ein Vortrag für die Europatagung der Accademia di Roma, 1932. In: ZWEIG, Stefan; BECK, Knut (Hg.). Zeiten und Schicksale: Aufsätze und Vorträge aus den Jahren 1902-1942. Frankfurt a.M.: S. Fischer, 1990, 40- 56.: 56). Hier wie auch in der „trotz prinzipieller Zustimmung“ letztlich doch allmählichen „Distanzierung von Coudenhoves Pan-Europa-Union, die sich in den […] Jahren seit ihrer Entstehung von einer abstrakten Idee zu einer politischen Realität entwickelt hatte“ und die Zweig deshalb bald als zu ‚realpolitisch‘ erschien (RESCH 2017RESCH, Stephan. Stefan Zweig und der Europa-Gedanke. Würzburg: Königshausen & Neumann, 2017.: 202f.), erweist sich die gesinnungsethische Grundierung des Zweig’schen Räsonnements über Europa; dies gilt auch für seine zeitgleich entstandene und am 5. Mai 1932 in Florenz vorgetragene Rede Der europäische Gedanke in seiner historischen Entwicklung, in der er die Geschichte einer angeblichen ‚Europa-Idee‘ in den höchsten Tönen abfeierte (vgl. LARCATI 2020LARCATI, Arturo. Stefan Zweigs Aufsätze und Reden für Europa. Eine kurze Bestandsaufnahme. Literatur und Kritik, 541/542, 19-25, 2020.: 21f.).

3

Demgegenüber erweist sich Robert Musil als skeptisch-kritischer Anthropologe und Verantwortungsethiker im besten Weber’schen Wortsinn. In seinem Essay Das hilflose Europa oder Reise vom Hundertsten ins Tausendste, der 1922 in dem von Julius Meier- Graefe herausgegebenen künstlerischen Jahrbuch Ganymed erschien und „eine Art historische Psychoanalyse seiner Zeit“ (vgl. ROTH 1994ROTH, Marie-Louise. Das hilflose Europa oder Reise von Hundertsten ins Tausendste. Versuch einer Interpretation. In: MUSIL, Robert. Ein Mitteleuropäer: Referate, die im Rahmen der internationalen Konferenz zu diesem Thema in den Tagen 30.9-2.10.1993 in Brünn vorgetragen wurden. Red. Jiří Munzar. Brno: Institut für Germanistik und Nordistik, 1994 (= Brünner Beiträge zur Germanistik und Nordistik, Sonderheft), 11-23.: 15) betrieb, stellte er eine wenig erhebende „Diagnose der Nach- bzw. Zwischenkriegszeit“ (NÜBEL 2016NÜBEL, Birgit. Essays. In: NÜBEL, Birgit; Wolf, NORBERT Christian (Hg.). Robert-Musil- Handbuch. Berlin: de Gruyter , 2016, 341-381.: 364). Nach einer ausgreifenden Kritik des zeitgenössischen europäischen Geistes zeichnete Musil darin das Bild des nach Kriegsende völlig orientierungslosen Kontinents als „babylonisches Narrenhaus; aus tausend Fenstern schreien tausend verschiedene Stimmen, Gedanken, Musiken gleichzeitig auf den Wanderer ein, und es ist klar, daß das Individuum dabei der Tummelplatz anarchischer Motive wird, und die Moral mit dem Geist sich zersetzt“ (MUSIL 1978MUSIL, Robert. Das hilflose Europa oder Reise vom Hundertsten ins Tausendste. In: MUSIL, Robert; Frisé, Adolf (Hg.). Gesammelte Werke. Bd. 2: Prosa und Stücke. Kleine Prosa, Aphorismen. Autobiographisches. Essays und Reden. Kritik. 2 Bde. Reinbek b. Hamburg: Rowohlt, 1978, 1075-1094.: 1088). Auch für Musil war der Weltkrieg, der „ausbrach wie eine Krankheit an diesem Gesellschaftskörper“ (MUSIL 1978MUSIL, Robert. Das hilflose Europa oder Reise vom Hundertsten ins Tausendste. In: MUSIL, Robert; Frisé, Adolf (Hg.). Gesammelte Werke. Bd. 2: Prosa und Stücke. Kleine Prosa, Aphorismen. Autobiographisches. Essays und Reden. Kritik. 2 Bde. Reinbek b. Hamburg: Rowohlt, 1978, 1075-1094.: 1088), die Urszene aller darauf folgenden Verwerfungen. Der Krieg sei freilich erst ermöglicht worden durch ein „völlige[s] Gewährenlassen gegenüber den an der Staatsmaschine stehenden Gruppen von Spezialisten, so daß man wie im Schlafwagen fuhr und erst durch den Zusammenstoß erwachte“ (MUSIL 1978MUSIL, Robert. Das hilflose Europa oder Reise vom Hundertsten ins Tausendste. In: MUSIL, Robert; Frisé, Adolf (Hg.). Gesammelte Werke. Bd. 2: Prosa und Stücke. Kleine Prosa, Aphorismen. Autobiographisches. Essays und Reden. Kritik. 2 Bde. Reinbek b. Hamburg: Rowohlt, 1978, 1075-1094.: 1089). Das durch die gesellschaftliche Ausdifferenzierung der Moderne unumgängliche Spezialistentum birgt demnach auch gewaltige Gefahren, wenn man es nicht politisch kontrolliert. In der „Art, wie die Welt auf den Krieg zutrieb“, liege allerdings „vor allem ein Mangel an geistiger Organisation“, also eine durch institutionelle Unterlassung begünstigte Schwäche des kritischen Analysevermögens:

[D]as Nichternstnehmen der Anzeichen und hintreibenden Kräfte, ebenso wie auch der gegenwirkenden Kräfte ging aus einer Situation hervor, wo ideologische Fragen in ihrer Unordnung und Windigkeit für ‚schöngeistig‘ galten, während die realpolitischen Mächte wenigstens eine gewisse bürgerliche Rechtsfähigkeit vor ihnen voraushatten (MUSIL 1978MUSIL, Robert. Die Nation als Ideal und als Wirklichkeit. In: MUSIL, Robert; Frisé, Adolf (Hg.). Gesammelte Werke. Bd. 2. 2 Bde. Reinbek b. Hamburg: Rowohlt , 1978, 1059-1075.: 1089).

Um die Wiederkehr einer solchen fatalen Konstellation zu verhindern, bedarf es Musil zufolge eben ‚geistiger Organisation‘, die es den Menschen erlaube, das „Entfalten der Probleme in Paare von Gegensätzen“, nämlich als simple „Entweder-Oder- Fragestellungen“ zu überwinden und die ideologischen „Gegensätze in Reihen von Übergängen“ aufzulösen (MUSIL 1978MUSIL, Robert. Das hilflose Europa oder Reise vom Hundertsten ins Tausendste. In: MUSIL, Robert; Frisé, Adolf (Hg.). Gesammelte Werke. Bd. 2: Prosa und Stücke. Kleine Prosa, Aphorismen. Autobiographisches. Essays und Reden. Kritik. 2 Bde. Reinbek b. Hamburg: Rowohlt, 1978, 1075-1094.: 1088). Darüber hinaus sei auch jenes „explosiv- seelische Moment“ gesellschaftlich zu kanalisieren, das zu einer bestimmten Art von Kriegen gehöre: „das offenbar menschliche Bedürfnis, von Zeit zu Zeit das Dasein zu zerreißen und in die Luft zu schleudern, sehend, wo es bleibe“ (MUSIL 1978MUSIL, Robert. Das hilflose Europa oder Reise vom Hundertsten ins Tausendste. In: MUSIL, Robert; Frisé, Adolf (Hg.). Gesammelte Werke. Bd. 2: Prosa und Stücke. Kleine Prosa, Aphorismen. Autobiographisches. Essays und Reden. Kritik. 2 Bde. Reinbek b. Hamburg: Rowohlt, 1978, 1075-1094.: 1090). Musil diagnostizierte anthropologisch ein unklares „Bedürfnis nach ‚metaphysischem Krach‘“, das „sich in Friedenszeiten als unbefriedigter Rest“ anhäufe: Er vermochte „darin in Fällen, wo weit und breit keine Unterdrückung, keine wirtschaftliche Verzweiflung, sondern rings nur Gedeihen vorhanden war, nichts zu sehn als eine Revolution der Seele gegen die Ordnung; in manchen Zeiten führt sie zu religiösen Erhebungen, in andren zu kriegerischen“ (MUSIL 1978MUSIL, Robert. Das hilflose Europa oder Reise vom Hundertsten ins Tausendste. In: MUSIL, Robert; Frisé, Adolf (Hg.). Gesammelte Werke. Bd. 2: Prosa und Stücke. Kleine Prosa, Aphorismen. Autobiographisches. Essays und Reden. Kritik. 2 Bde. Reinbek b. Hamburg: Rowohlt, 1978, 1075-1094.: 1090). Dabei habe es sich keineswegs „um den Zusammenbruch einer bestimmten Ideologie und Mentalität“ gehandelt, also „um den Inhalt einer Ideologie“, „sondern um das periodische Zusammenbrechen aller Ideologien. Sie befinden sich stets in einem Mißverhältnis zum Leben, und dieses befreit sich in wiederkehrenden Krisen von ihnen wie wachsende Weichtiere von ihren zu eng gewordenen Panzern“ (MUSIL 1978MUSIL, Robert. Das hilflose Europa oder Reise vom Hundertsten ins Tausendste. In: MUSIL, Robert; Frisé, Adolf (Hg.). Gesammelte Werke. Bd. 2: Prosa und Stücke. Kleine Prosa, Aphorismen. Autobiographisches. Essays und Reden. Kritik. 2 Bde. Reinbek b. Hamburg: Rowohlt, 1978, 1075-1094.: 1090). Diese sämtlichen Ideologien und Idealismen innewohnende Problematik, die der auch lebensphilosophisch informierte Musil diagnostizierte, bedinge schließlich die schiere Unmöglichkeit,

daß man mit einer Wiedergutmachung, einer restitutio in integrum, mit der Forderung von mehr Verantwortung, Güte, Christentum, Menschlichkeit, kurz mit irgend einem Mehr von dem, was vorher zu wenig war, die Situation bessern könne; denn es fehlte nicht an der Idealität, sondern schon an den Vorbedingungen für sie. Dies ist nach meinem Glauben die Erkenntnis, welche sich unsere Zeit einbrennen müßte! Die Lösung liegt weder im Warten auf eine neue Ideologie, noch im Kampf der einander heute bestreitenden, sondern in der Schaffung gesellschaftlicher Bedingungen, unter denen ideologische Bemühungen überhaupt Stabilität und Tiefgang haben. Es fehlt uns an der Funktion, nicht an Inhalten! (MUSIL 1978MUSIL, Robert. Das hilflose Europa oder Reise vom Hundertsten ins Tausendste. In: MUSIL, Robert; Frisé, Adolf (Hg.). Gesammelte Werke. Bd. 2: Prosa und Stücke. Kleine Prosa, Aphorismen. Autobiographisches. Essays und Reden. Kritik. 2 Bde. Reinbek b. Hamburg: Rowohlt, 1978, 1075-1094.: 1091).

Nicht ideell argumentierte Musil mithin, sondern institutionell. In seinem Essay Die Nation als Ideal und als Wirklichkeit, der im Dezember 1921 in der Neuen Rundschau erschienen war, hatte er sich schon zuvor klar gegen die „Sackgasse des Imperial- Nationalismus“ (MUSIL 1978MUSIL, Robert. Die Nation als Ideal und als Wirklichkeit. In: MUSIL, Robert; Frisé, Adolf (Hg.). Gesammelte Werke. Bd. 2. 2 Bde. Reinbek b. Hamburg: Rowohlt , 1978, 1059-1075.: 1075) ausgesprochen und diese Warnung mit einer Wendung gegen Nation und Staat als dessen Verursacher und geistige Bezugspunkte verknüpft:

Einer natürlichen Gliederung der menschlichen Gesellschaft steht […] nichts ärger im Weg als die Überhebung der beiden Ideale Nation und Staat über den Menschen. Es bleibt nichts übrig, als an der Verstärkung des an ihnen sich vorbei Entwickelnden zu arbeiten und den Gedanken an ihre Überholtheit zu wecken und wach zu erhalten (MUSIL 1978MUSIL, Robert. Die Nation als Ideal und als Wirklichkeit. In: MUSIL, Robert; Frisé, Adolf (Hg.). Gesammelte Werke. Bd. 2. 2 Bde. Reinbek b. Hamburg: Rowohlt , 1978, 1059-1075.: 1074).

Den intellektuellen Beobachtern wies Musil die Aufgabe zu, mit ihren spezifischen Waffen - den Worten - die Überwindung der Nation und des Staates zu befördern. Es sind wohl insbesondere seine persönlichen Erfahrungen aus dem Scheitern der 1918 aufgelösten, multinationalen und multikulturellen Habsburgermonarchie, die hier in seine Überlegungen einflossen und ihn zu folgender Prognose brachten:

Das Volk, welches am frühesten beginnt, aus der Sackgasse des Imperial-Nationalismus herauszufinden zu einer neuen möglichen Weltordnung und allen seinen Maßnahmen diesen Atem der Zukunft zu leihen vermag, wird bald die Führung der Welt haben und seine berechtigten Wünsche durchsetzen können (MUSIL 1978MUSIL, Robert. Die Nation als Ideal und als Wirklichkeit. In: MUSIL, Robert; Frisé, Adolf (Hg.). Gesammelte Werke. Bd. 2. 2 Bde. Reinbek b. Hamburg: Rowohlt , 1978, 1059-1075.: 1075).

Diese ein wenig missverständliche Formulierung, die ohne Not den problematischen Begriff der „Führung“ ins Spiel bringt, steht weniger für ein kulturelles Dominanzstreben der deutschsprachigen Länder, sondern sollte den von Musil propagierten neuen Internationalismus offenbar dadurch schmackhaft machen, dass mit dessen Realisierung auch handfeste ökonomische und politische Vorteile in Aussicht gestellt werden. In einem Brief an Arne Laurin vom 23. April 1921 hat Musil dies mit Blick auf die Friedensverträge von Versailles und Saint-Germain auch explizit gemacht:

Uns Deutschen ist ein unerträgliches Unrecht zugefügt worden. Es ist unvermeidlich, daß wir nach einer Neugestaltung Europas streben. Es ist unvermeidlich, daß wir eine Revision der Frieden fordern. Aber sie soll keine restitutio in integrum sein, sondern sie muß aus der Machtpolitik und Revanchekette hinausführen. Statt der Konstitution Europas in rivalisierenden Bestialstaaten muß eine Form der Vereinigung der in sich geeinten Völker untereinander gefunden werden, überstaatlich und möglichst unstaatlich. (MUSIL 1981MUSIL, Robert; FRISE, Adolf (Hg.). Briefe. 2 Bde. Reinbek b. Hamburg: Rowohlt , 1981, Bd. 1, 226-229.: 228).

Dass es Musil keineswegs um einen nationalen Führungsanspruch zu tun war, zeigt auch seine Parteinahme für die Paneuropa-Bewegung, die - im auffallenden Unterschied zu Zweig - an deren realpolitischen Erscheinungsformen keinen Anstoß nahm; so kolportierte es zumindest deren Begründer Coudenhove-Kalergi selbst, der über Musil rückblickend berichtete, dieser sei „von Anfang an ein überzeugter Anhänger der pan-europäischen Idee“ gewesen, „als die meisten Menschen sie noch für Utopie hielten“ (zit. nach CORINO 1988CORINO, Karl. Robert Musil. Leben und Werk in Bildern und Texten. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1988.: 275, vgl. MIDGLEY 1994MIDGLEY, David R. „Das hilflose Europa“: Eine Aufforderung, die politischen Essays von Robert Musil neu zu lesen. The German Quarterly, v. 67, H. 1, 16-26, 1994.: 21, ROTH 1994ROTH, Marie-Louise. Das hilflose Europa oder Reise von Hundertsten ins Tausendste. Versuch einer Interpretation. In: MUSIL, Robert. Ein Mitteleuropäer: Referate, die im Rahmen der internationalen Konferenz zu diesem Thema in den Tagen 30.9-2.10.1993 in Brünn vorgetragen wurden. Red. Jiří Munzar. Brno: Institut für Germanistik und Nordistik, 1994 (= Brünner Beiträge zur Germanistik und Nordistik, Sonderheft), 11-23.: 16). Musils Vorstellung von Utopie stützte sich jedenfalls weniger auf die diskursive Vermittlung von Überzeugungen als auf die materiell spürbare Kanalisierung von Interessenlagen.

Es ist für seinen höchst eigenwilligen Ansatz bezeichnend, dass er sich weigerte, das von Hofmannsthal beklagte Chaos der Moderne nicht auch als Chance zu verstehen, wie er ein Jahr später in seinem großen Essayfragment Der deutsche Mensch als Symptom formulierte: „Ich habe wiederholt den Versuch gemacht, zu einer positiven Bewertung dieses chaotischen Zustands zu raten. […] Eine solche Zeit kann nicht schlecht oder schwach sein. Üblich ist aber, in ihr nur eine Verfallserscheinung zu sehn“ (MUSIL, 1978MUSIL, Robert. Der deutsche Mensch als Symptom. In: MUSIL, Robert; Frisé, Adolf (Hg.). Gesammelte Werke. 2 Bde. Reinbek b. Hamburg: Rowohlt , 1978, 1353-1400.: 1363). Musil war sich indes bewusst: „Niemals wieder wird eine einheitliche Ideologie, eine ‚Kultur‘ in unsrer weißen Gesellschaft von selbst kommen; mag sie in Frühzeiten dagewesen sein (obgleich man sich das wahrscheinlich zu schön vorstellt)“ (MUSIL 1978MUSIL, Robert. Das hilflose Europa oder Reise vom Hundertsten ins Tausendste. In: MUSIL, Robert; Frisé, Adolf (Hg.). Gesammelte Werke. Bd. 2: Prosa und Stücke. Kleine Prosa, Aphorismen. Autobiographisches. Essays und Reden. Kritik. 2 Bde. Reinbek b. Hamburg: Rowohlt, 1978, 1075-1094.: 1091). Die epistemologische Fundamentalkritik Musils an den damals geläufigen Formen von kulturkritischem Utopismus erstreckte sich insbesondere auf das hartnäckige „Vorurteil“, „daß an aller Mißentwicklung der Zivilisation und vor allem an der seelischen Zersetzung der Verstand schuld sei, dem sie fröne“ (MUSIL 1978MUSIL, Robert. Das hilflose Europa oder Reise vom Hundertsten ins Tausendste. In: MUSIL, Robert; Frisé, Adolf (Hg.). Gesammelte Werke. Bd. 2: Prosa und Stücke. Kleine Prosa, Aphorismen. Autobiographisches. Essays und Reden. Kritik. 2 Bde. Reinbek b. Hamburg: Rowohlt, 1978, 1075-1094.: 1092). Damit entzog er der fundamentalästhetischen Argumentation Hofmannsthals wie auch der gesinnungsethischen Beweisführung Stefan Zweigs hinsichtlich der Lage Europas den Boden und verwarf indirekt deren unterschiedliche Lösungsvorschläge als zu kurz gegriffen. Im Nachlass zu seinem Epochenroman Der Mann ohne Eigenschaften heißt es dementsprechend über den Weltkrieg und seine Nachwehen:

[D]ie europäische Moral brach zusammen. Wenn heute die alten Scherben wieder zusammen gekittet/geleimt wurden, so bedeutet das nichts weniger als daß diese Moral/der alte Topf wieder ganz u.[nd] heil sei. Er ist es niemals gewesen. Europa ist nicht über seine unmoralischen Bürger in den Krieg gestürzt, sondern über seine moralischen! Ein Gefäß voller fehlerhafter Spannungen ist bei einem Stoß in tausende Stücke gesprungen. (MUSIL 2009MUSIL, Robert; FANTA, Walter; AMANN, Klaus; CORINO, Karl (Hg.). Klagenfurter Ausgabe: Kommentierte Edition sämtlicher Werke, Briefe und nachgelassener Schriften. Mit Transkriptionen und Faksimiles aller Handschriften. Klagenfurt: Drava, 2009, M VII/9/116.: M VII/9/116).

Diese provokative Einschätzung aus dem 1928/1929 entworfenen Kapitelprojekt „Warum die Menschen nicht gut, schön und wahrhaftig sind, sondern es lieber sein wollen“ deutet an, dass ein Versuch der Überwindung der bestehenden nationalen und ideologischen Gegensätze Musil zufolge nur dann erfolgsversprechend sein kann, wenn er von intrinsischen Wesensbestimmungen des Menschen genauso Abstand nimmt wie von Appellen an die Moral, denn: „Der Mensch ist nicht gut, er ist immer gut und bös gewesen“ (MUSIL 2009MUSIL, Robert; FANTA, Walter; AMANN, Klaus; CORINO, Karl (Hg.). Klagenfurter Ausgabe: Kommentierte Edition sämtlicher Werke, Briefe und nachgelassener Schriften. Mit Transkriptionen und Faksimiles aller Handschriften. Klagenfurt: Drava, 2009, M VII/9/116.: M VII/9/116). Entscheidend sei nicht die richtige Gesinnung, sondern eine kluge gesellschaftliche Struktur, die es verhindere, dass die Anhänger konkurrierender Gesinnungen aufeinander losgehen - was in der Weimarer Republik und auch in der österreichischen Ersten Republik zur traurigen Tagesordnung gewaltsamer Zusammenstöße gehörte. Es ging Musil also nicht wie den anderen betrachteten Autoren um eine eigene, ‚bessere‘ Ideologie, sondern um eine kluge Kanalisierung der Wirkungen von Ideologien überhaupt im Sinne der Verantwortungsethik. Mit den Worten Max Webers:

Wenn die Folgen einer aus reiner Gesinnung fließenden Handlung üble sind, so gilt ihm [dem Gesinnungsethiker, N.C.W.] nicht der Handelnde, sondern die Welt dafür verantwortlich, die Dummheit der anderen Menschen oder - der Wille des Gottes, der sie so schuf. Der Verantwortungsethiker dagegen rechnet mit eben jenen durchschnittlichen Defekten der Menschen, - er hat [...] gar kein Recht, ihre Güte und Vollkommenheit vorauszusetzen, er fühlt sich nicht in der Lage, die Folgen eigenen Tuns, soweit er sie voraussehen konnte, auf andere abzuwälzen. (WEBER 1988WEBER, Max, WINCKELMANN, Johannes (Hg.). Politik als Beruf. In: WEBER, Max. Gesammelte Politische Schriften. 5. Aufl. Tübingen: Mohr, 1988, 505-560.: 552f.).

Während Musil in seiner kritischen Europa-Reflexion „am Abbau idealistischer Denkweisen“ arbeitete, wie es David R. Midgley formuliert hat (MIDGLEY 1994MIDGLEY, David R. „Das hilflose Europa“: Eine Aufforderung, die politischen Essays von Robert Musil neu zu lesen. The German Quarterly, v. 67, H. 1, 16-26, 1994.: 22), während er sich also auf die unvollkommene Realität und die von ihr immer wieder enttäuschte Erfahrung berief und solcherart zu bemerkenswerten Einsichten gelangte, kam bei ihm die emotionale Seite des Problems tendenziell zu kurz. Mit Blick auf den Kontinent war er sich bewusst: „Wir haben nicht zuviel Verstand und zuwenig Seele, sondern wir haben zuwenig Verstand in den Fragen der Seele“ (MUSIL 1978MUSIL, Robert. Das hilflose Europa oder Reise vom Hundertsten ins Tausendste. In: MUSIL, Robert; Frisé, Adolf (Hg.). Gesammelte Werke. Bd. 2: Prosa und Stücke. Kleine Prosa, Aphorismen. Autobiographisches. Essays und Reden. Kritik. 2 Bde. Reinbek b. Hamburg: Rowohlt, 1978, 1075-1094.: 1092). Im Gegensatz zu Hofmannsthal und Zweig vermochte Musil mit seiner skeptischen Herangehensweise zwar sicherlich überzeugend die Aporien ästhetischer und gesinnungsethischer Europa-Konzeptionen aufzudecken, nicht jedoch eine Idee von Europa zu entwerfen, die imstande gewesen wäre, bei seinem Publikum eine integrative affektive Bindung an diesen Kontinent zu bewirken. Wie in Europa jene zentrifugalen Strömungen zeigen, die noch in unserer eigenen Gegenwart zu dysfunktionalen Entwicklungen wie dem Brexit führten, krankt der Europa-Gedanke nach wie vor nicht zuletzt an diesem Problem - im Unterschied zum Nationalismus der Populisten und zu dessen billiger Scheinevidenz. Die Stärke von Zweigs damals noch ziemlich utopisch anmutenden, gleichwohl recht konkreten Vorschlägen bestand und besteht hingegen gerade in ihrem Vermögen, eine solche Bindung zumindest langfristig zu befördern. Hofmannsthal schließlich exponierte eine konservative Variante des Europa-Gedankens, die bei aller Zeitgebundenheit auch noch heute als Reflexionsangebot für jene Menschen gelten kann, die aus nationaler und kultureller Traditionsgebundenheit vor internationalistischer Euphorie zurückschrecken, die man aber gleichwohl von den Vorzügen übernationaler Gesinnung und Politik überzeugen sollte, damit sie nicht den nationalistischen Demagogen in die Hände fallen. Es spricht durchaus für die Qualität literarischer Reflexion, dass fast hundertjährige Essays noch immer in der Lage sind, komplexe Gedanken über die Probleme Europas - damals und heute - anzustoßen.

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Publication Dates

  • Publication in this collection
    13 Aug 2021
  • Date of issue
    Sep-Dec 2021

History

  • Received
    23 Dec 2020
  • Accepted
    15 Jan 2021
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